NBA All-Star-Game: Das Verlangen nach dem Leistungsminimum
Beim All-Star-Game treffen sich die besten Spieler der besten Basketballliga der Welt. Was sie auf dem Parkett anbieten, ist oftmals eine Farce. Ein Kommentar.
In der nordamerikanischen Basketballliga NBA ist immer wieder von einer "Legacy" eines Spielers die Rede, also von dem "sportlichen Erbe". Wer hat wie viele Titel gewonnen? Wer wurde wie oft zum wertvollsten Spieler der Liga ausgezeichnet. Und: Wie viele All-Star-Nominierungen sammelte ein Spieler während seiner Karriere. Ebenjene Nominierungen sind immer noch verdammt viel wert in der NBA. Sie können Spielern, die in der öffentlichen Wahrnehmung schon als sehr gut gelten, den Stempel des Stars verpassen. Dirk Nowitzki ist in diesem Jahr zum bereits 14. Mal ein All-Star, das zeugt von Konstanz auf höchstem Niveau – auch wenn die Nominierung des Deutschen in diesem Jahr symbolischen Charakter hat. Die NBA will Nowitzki vor seinem sich anbahnenden Karriereende noch einmal auf großer Bühne würdigen.
Die All-Stars treffen sich jedes Jahr im Februar zum All-Star-Game, in der Nacht von Sonntag auf Montag findet es in diesem Jahr in Charlotte statt. Bis zum letzten Jahr spielten dabei immer die besten Spieler aus dem Osten gegen jene aus dem Westen. Seit 2018 wählen zwei NBA-Spieler aber aus dem Pool der All-Stars ihr Team zusammen. Die NBA will damit auch auf eine ernüchternde Entwicklung reagieren. Denn: Bei keinem NBA-Spiel steht so viel sportliche Qualität auf dem Parkett wie beim All-Star-Game. Aber das Niveau, das in diesem Spiel regelmäßig geboten wird, ist selbst von einem Vorbereitungsspiel meilenweit entfernt. Während die Stars um Michael Jordan in den Achtziger- und Neunzigerjahren noch einen gewissen Stolz dafür empfanden, das Spiel zu gewinnen, verkam es in den letzten Jahren zu einem Schaulaufen ohne jeglichen Einsatz, ohne Intensität – und ohne sportlichen Wert.
Die Fans riefen "We want Defense!"
2017 wurde bei dem Spiel in New Orleans ein neuer Punkterekord aufgestellt. 192 zu 182 gewann das Team der Western Conference. So viel Punkte fallen mitunter in zwei normalen NBA-Spielen zusammengenommen. "We want Defense!", riefen die Fans ab dem dritten Viertel. Anthony Davis, der für die in New Orleans beheimateten Pelicans spielt, durfte dabei machen, was er wollte, um den Titel des wertvollsten Spielers der Partie in "seiner" Stadt einzuheimsen. 52 Punkte erzielte er ohne jegliche Gegenwehr. Die Spieler gaben später sogar zu, ihn bewusst machen gelassen zu haben.
Natürlich: Im Endeffekt hat die Partie keinen sportlichen Wert für den Rest der NBA-Saison, die Spieler wollen sich deshalb auch nicht verletzen. Ein Minimalaufwand in Sachen Verteidigung und Intensität muss man aber trotzdem erwarten dürfen, zumal die Fans viel Geld für die Tickets ausgeben. Einige Spieler, darunter auch Superstar Giannis Antetokounmpo, haben sich immerhin schon für mehr Einsatz und Ernsthaftigkeit ausgesprochen. Im vergangenen Jahr war beim All-Star-Game in Los Angeles auch schon eine Verbesserung zu erkennen, insgesamt fielen 76 Punkte weniger. Diese Entwicklung muss in Charlotte fortgesetzt werden. Sonst verkommt die Partie der besten Spieler der NBA nur weiter zu einem schlechten Treppenwitz, der irgendwann auch für die "Legacy" an Relevanz verlieren würde.
Louis Richter