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Marius Müller-Westernhagen im Kultfilm "Theo gegen den Rest der Welt"
© imago

Die Eisbären stehen kurz vor der Meisterschaft: Das Schönste ist, dass es immer weiter geht

Die Eisbären können heute erstmals seit 2013 wieder Meister werden – und das auch, weil sie einfach nie aufgeben wollen.

Es ist ein Zitat aus einer anderen Welt, aus den frühen Achtzigerjahren, als die Sorgen der Welt noch ganz andere waren, kämpfte „Theo gegen den Rest der Welt“. Der junge Theo aka Marius Müller-Westernhagen sagt im damaligen Kultfilm: „Das Schönste am Leben ist, dass es immer weitergeht.“

Versuchen wir gar nicht erst, diesen Jubelsatz auf irgendeine tiefere Ebene in dieser an sich eher trüben Zeit zu spiegeln, sondern schweben wir schnell zu einer der schönsten Dinge im Leben, in die Unterhaltungsbranche Sport nämlich. Frei nach Theo-Marius lässt sich aus Sicht der Eisbären Berlin sagen: „Das Schönste am Eishockey ist, dass es immer weitergeht.“ Zumindest so lange, bis es nicht mehr weitergehen kann.

Die Berliner nämlich haben am Mittwoch schon wieder, zum dritten Mal bereits in den laufenden Play-offs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), ihr drohendes Saisonaus vermieden. Durch einen humorlos überzeugenden 4:1-Erfolg bei den Grizzlys Wolfsburg, die ihrerseits noch nie so nah am ersten Titelgewinn waren wie vor diesem Spiel. Nun also kommt es am Freitag in Berlin zum finalen Finale in der nach dem Minimodus „Best of three“ ausgetragenen Play-off-Serie.

Eisbären-Trainer Serge Aubin sagt: „Wir müssen so weitermachen wie am Mittwoch.“ Und das klingt für die spielerisch eher limitierten Wolfsburger schon wie eine ernstzunehmende Drohung. Den Gesetzen der Serie dieser Saison nach und ihre Vorstellung vom Mittwoch zum Maßstab genommen, steht dem achten Meistertitel der Berliner, dem ersten seit 2013, nur wenig im Wege in der Arena am Ostbahnhof (19.30 Uhr, live auf Magentasport). Die spielerische Macht der Berliner könnte in dieser Serie am Ende den Ausschlag geben.

Die Eisbären feiern den 4:1 Sieg im zweiten Spiel der Finalserie gegen Wolfsburg.
Die Eisbären feiern den 4:1 Sieg im zweiten Spiel der Finalserie gegen Wolfsburg.
© IMAGO / osnapix Ei

Den Eisbären scheint der verknappte Play-off-Modus zu liegen, sie haben bislang in jeder Runde die Lehren aus dem verlorenen ersten Spiel gezogen und jeweils ihr Spiel umgestellt und den Gegner überrascht: Am Mittwoch spielte auch die Kunst mit, aus der personellen Not einen Vorteil zu generieren. Dass Zach Boychuk, Torschütze bei 2:3 gegen Wolfsburg im ersten Finalspiel am Sonntag und einer der besten Stürmer der Berliner, am Mittwoch verletzungsbedingt nicht mehr eingreifen können würde, wussten sie natürlich schon am Dienstag.

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Allerdings drang davon nichts nach außen. Erst mit der Bekanntgabe der Aufstellung war auch den Wolfsburgern klar, dass Boychuk nicht spielen konnte – sicher wird es nicht in das vorbereitete Konzept von Grizzlys-Trainer Pat Cortina gepasst haben, dass die Berliner dann – abgesehen von ihrer ersten Formation – ihre Angriffsreihen durcheinanderwirbelten. Am Ende trafen auch Spieler wie Sebastian Streu für die Eisbären, die Wolfsburg weniger auf der Rechnung gehabt haben dürfte. „Unsere Stärke ist eben, dass wir vier sehr gute Reihen aufbieten können“, sagte Lukas Reichel, Schütze des vierten Berliner Tores kurz vor Schluss. Und Reichel sagte auch noch, dass er „den Titel nun unbedingt will.“

Der Meistertitel wäre auch ein Abschiedsgeschenk für den jungen Angreifer, der die DEL zur kommenden Saison in Richtung National Hockey League (NHL) verlassen und dort bei den Chicago Blackhawks sein Glück versuchen wird. Ohne riesige Abschiedsparty wahrscheinlich, denn im Fall der Fälle werden die Eisbären wenig veranstalten können. Nicht einmal die Fans dürfen sich ja (Ausgangssperre) in den späten Abendstunden des Freitags rund um die Arena am Ostbahnhof versammeln können, um ihre Lieblinge zu feiern.

In der neuen Saison könnte alles wieder anders aussehen

Die Saison der Deutschen Eishockey-Liga war eben am Ende doch mehr eine gespielte Durchhalteparole als alles andere – aber eine, die relativ gut funktioniert hat, ohne große Corona-Störmanöver und dann mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen. Denn die beiden Großen der Liga, die Adler Mannheim und RB München, sind in der Finalserie nicht dabei. Unter anderen Umständen wäre das wahrscheinlich nicht passiert. Um sich für die Zukunft zu wappnen, wird in Mannheim und München übrigens auch personell schon kräftig aufgerüstet dieser Tage.

Die Eisbären sollten sich daran nicht stören, in jedem Fall haben sie die große Lücke zu den beiden Meistern der vergangenen Jahre kleiner werden lassen. Und natürlich noch die große Chance, ab Freitag vor Mannheim als Rekordmeister der DEL dazustehen. Denn auch wenn es für viele Menschen nur ein Titel mit Sternchen sein mag, angesichts der Corona-Umstände, interessiert das in den Analen später niemanden mehr. Positiv betrachtet ist es später vielleicht sogar ein besonderer Titel, geholt in einer außergewöhnlichen Zeit. Für die Grizzlys Wolfsburg hingegen bietet sich am Freitag noch einmal eine wohl historische Chance, so nah dürften die Niedersachsen der Meisterschaft in naher Zukunft nicht mehr kommen.

Das Schöne ist, dass es nach dem letzten Finalspiel von Berlin erst im September weitergeht in der Deutschen Eishockey-Liga. Dann hoffentlich unter anderen Voraussetzungen. Mit Zuschauern und einem ordentlichen Spielplan und einem angemessenen Play-off-Modus – zumindest „Best of Five“ ist schon mal angedacht von der DEL.

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