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Boot mit Nostalgie-Wert: Der Dampfer, der Hertha den Vereinsnamen und die Vereinsfarben gab.
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125. Vereinsgeburtstag: Das Gründungsschiff von Hertha BSC kommt nach Berlin

Das Schiff, das Hertha BSC den Namen gab, nimmt am Montag zum Vereinsjubiläum auf dem Landweg endlich Kurs auf Berlin. Die Geschichte einer Odyssee.

Gegen Donnerstagmittag traf ein Schreiben ein, das ganz Hertha bewegt. Also nicht nur den Fußballklub, der am kommenden Dienstag seinen 125. Geburtstag begehen und mit einem Festakt im Roten Rathaus und einer Sonderausstellung im Stadt-Museum im Ephraim-Palais geehrt wird. Sondern die echte Hertha, das Dampfschiff, das 1886 in Stettin vom Stapel gelassen wurde und Berlins größtem Verein als Namens- und Farbgeber diente. Jetzt darf der Dampfer endlich nach Berlin kommen. „Ja, die Genehmigung vom Straßenverkehrsamt ist da – ich bin erleichtert“, sagt Ingmar Pering dem Tagesspiegel. Kommenden Montag werden zwei Kräne den einhundert Tonnen schweren Koloss auf einen Tieflader heben, in den frühen Abendstunden startet dann die große Heimholung auf dem Landweg. In den frühen Morgenstunden des Vereinsgeburtstages soll die Hertha die westliche Stadtgrenze bei Wustermark erreichen.

Eineinhalb Jahre dauert dieses im internationalen Fußball einzigartige Projekt nun schon. „Die Story ist einmalig“, sagt Pering, „der Aufwand aber auch.“ Der 51-Jährige Anwalt hat zusammen mit seinem Präsidiums-Mitglied Christian Wolter das Projekt zum Leben erweckt. Beide machten letztlich wahr, wovon Herthas vormaliger Präsident und jetziger Aufsichtsratsvorsitzender Bernd Schiphorst jahrelang erzählt und viele Mitglieder geträumt haben – das Gründungsschiff zu erwerben und es nach Berlin zurückzuholen. Für sie, die traditionsverliebten Anhänger, besitzt das Schiff eine mythische Bedeutung.

Ein Partybus wird die Prozedur begleiten

Am Montag wird ein Partybus, bei Bedarf auch zwei, von Spandau nach Wusterhausen fahren. Es gibt viele Interessierte, die Zeuge werden wollen, wenn die Hertha sich in Bewegung setzt. Für Pering und Wolter wird das ein emotionaler Höhepunkt sein.

Hinter den Beiden liegen Wochen und Monate mühevoller Detailarbeit. Rund 500 Arbeitsstunden hat das Projekt bisher verschlungen. Allein der Erwerb des Schiffs war längst nicht so einfach, wie man es annehmen könnte. Auf das Schiff aufmerksam ist Pering vor 25 Jahren geworden. Das war anlässlich der 100- Jahr-Feier des Vereins 1992. Eine Delegation von Hertha-Fans machte sich damals, kurz nach der Wende, in vier Bussen auf den Weg in das etwa 70 Kliometer von Berlin entfernte Wusterhausen an der Dosse. Sie gondelten mit dem „Seebär“, wie die Hertha zu dieser Zeit hieß, über die Kyritzer Seenplatte.

Die Hertha, von Anbeginn als Fahrgastschiff konzipiert, schipperte zu allererst über das Haff bei Stettin, später über die Spree, die Havel und den Wannsee, zu DDR-Zeiten auch über den Müggelsee. Zwischen 1947 und 1969 trug sie den Namen „Seid Bereit“, bis sie die „Weiße Flotte“ außer Dienst stellte, unter deren Banner der Kahn seit dem Zweiten Weltkrieg fuhr. Peter Dentler, Jahrgang 1937 und Reeder aus Wusterhausen, erwarb sie 1969 und machte die Hertha unter dem Namen „Seebär“ wieder flott. Von der spektakulären Vorgeschichte seines Dampfers wusste Dentler damals nichts. Der Schiffshistoriker Kurt Groggert aus Berlin wurde erst 1976 auf das Schiff aufmerksam und identifizierte es zweifelsfrei als die Hertha.

2002 wurde das Schiff rückbenannt in Hertha. 2014 verkaufte Dentler den Kahn an die Prignitzer Leasing AG mit Geschäftsführer Thomas Flemming. Alledings konnte die Hertha nicht rentabel betreiben werden. Schließlich kamen Pering und Wolter auf den Plan. „Viele warten seit 20 Jahren und länger, spätestens seit der der Namens-Rückbenennung darauf, dass Schiff nach Hause zu holen“, sagt Pering. Der Klub hatte damals kein Geld für Tradition und dieses Vorhaben vielleicht auch nicht mit der nötigen Konsequenz verfolgt. Anders bei Wolter und Pering: „Wir sagten uns, wir holen das Ding jetzt, damit etwas passiert.“

Im Mai 2016 konnte auf der Mitgliederversammlung des Vereins verkündet werden, dass das Schiff erworben ist und es anlässlich der 125- Jahr-Feier des Vereins in Berlin vor Anker gehen wird. Zu diesem Zeitpunkt besaßen Pering und Wolter, die eine Betreibergesellschaft gegründet hatten, eine wirksame Kaufvereinbarung zum 1. Januar 2017. Zum Jahresanfang ging die Hertha als Eigentum in die 1892 Schiffsbetriebs GmbH & Co. KGaA über. Um das Projekt finanzieren zu können, wurden Schiffs- Aktien zum Stückpreis 399 Euro aufgelegt. Knapp mehr als 1000 sind verkauft worden, sogar welche nach Arizona, Rio und England. „Vom Aktienkapital sind Kaufpreis und Transport nach Berlin beglichen“, sagt Pering.

Doch als eigentliche Herausforderung erwies sich der Rücktransport und die dafür benötigten Genehmigungen. Am Ende hing alles an einer Brückenüberfahrt. Nun ist es soweit. Vor einigen Tagen wurde die Hertha in Wusterhausen aus dem Klempowsee gezogen und war in ganzer Pracht zu bestaunen: 23 Meter lang, 4,80 Meter breit, etwas mehr als fünf Meter hoch und an die 100 Tonnen schwer. Der Rumpf des robusten Dampfers stammt noch vom Original aus dem Baujahr 1886. Leider wurde ihm sein gewaltiger Schornstein genommen. Auf dem stand der Schiffsname „Hertha“, auf weißem Grund mit blauen Streifen. Das waren die Farben der damaligen „Spree-Havel-Dampfschifffahrts-Gesellschaft Stern“.

60 Seiten Tipps für 70 Kilometer durch Brandenburg

Der Streckenführungsplan für den knapp 70 Kilometer langen Landweg umfasst 60 Seiten. Der Transport verläuft durchs Havelland bis nach Wustermark, wo die Hertha idealerweise im Havelport zu Wasser gelassen wird. Der Schwerlasttransport ist insgesamt 107 Tonnen schwer, 31,65 Meter lang und 5,55 Meter hoch. Gerade die Höhe stellt das größte Probleme dar, auch wenn der Tieflader auf 5,45 Meter absenkbar ist. Der Aufwand, der dafür betrieben wird, ist gewaltig. Gut zwei Dutzend Verkehrsschilder müssen „mobil gemacht“ und vorübergehend umgelegt oder gedreht werden, wie es heißt. Viele Ampeln müssen abgebaut und ein paar Verkehrsinseln umgebaut werden. Auf der Strecke müssen zudem immer wieder Astwerk und Telefonleitungen angehoben werden, wenn die Hertha die lang gestreckten Dörfer des Havellandes passiert.

Kurz vor Friesack wird dann noch eine 13,5 Meter lange Brücke mit einer Schwerlastbrücke überbaut und zusätzlich abgestützt. „Das war der letzte Knackpunkt, daran hing die Gesamtgenehmigung“, sagt Pering. Letztlich waren vier Ingenieurbüros damit beschäftigt, wie und in welchem Maße die Brücke für die Fracht zu stützen und zu verstärken ist. Durchführen wird den Transport die SLT Mobile Straßen GmbH. Das Unternehmen mit Hauptsitz Nienhagen bei Rostock ist spezialisiert für solche Projekte, so hat es auch schon einen Airbus auf dem Landweg transportiert.

Die Behörden machten es nicht leicht

Das Ziel ist so nah. Pering verdrängt die Mühen der Ebene, wenn er sich mit Ämtern und Behörden Brandenburgs und Berlins herumschlug. Etwa die der Naturschutzbehörde des Landkreises Ostprignitz-Ruppin. Das Projekt drohte zu scheitern. Mal seien Brut- oder Schlüpftzeiten einheimischer Vogelarten im Weg gewesen, mal hätten ein paar Äste einer Allee nicht entfernt werden können, erzählt Pering. Er sei ja ein Verfechter des Naturschutzes und freue sich, dass in Brandenburg wieder Wölfe und Wisente angesiedelt wurden, „aber ein paar abgeschnittene Baumäste auf wenigen Metern hätten eine Allee nicht ruiniert“.

Zwischendrin wurde sogar an einem Plan B gestrickt; für den Fall, dass die Hauptstrecke abgelehnt geblieben wäre. Der Ausweichplan sah vor, die Hertha an die Elbe zu schaffen, sie dort in einen Lastenkahn zu heben und dann über den Wasserweg nach Berlin zu transportieren.

Bis Ende des Jahres wird die Hertha im Tegeler See vor Anker gehen, sie hat einen Liegeplatz an der Tegeler Hafenbrücke, auch Sechserbrücke genannt. Bereits jetzt hätten sich Hertha-Mitglieder bei Pering gemeldet, die ein Kapitänspatent besitzen und sich ehrenamtlich zur Verfügung stellen, die Hertha in naher Zukunft zu steuern. Vorausgesetzt, das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin erteilt noch eine Genehmigung zum Befahren der Berliner Gewässer. Der zuständige Mitarbeiter hat nur einen Bürotag in der Woche, er ist per Mail nicht erreichbar und zurzeit im Urlaub.

Der lange Weg zurück. Das ist der Streckenverlauf des Transports. Unzählige Schilder und Ampeln müssen mobil gemacht und Äste angehoben werden.
Der lange Weg zurück. Das ist der Streckenverlauf des Transports. Unzählige Schilder und Ampeln müssen mobil gemacht und Äste angehoben werden.
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