Große Verpflichtung: Dainis Kristopans ist schon dort, wo die Füchse hinwollen
Der 2,15 große Lette soll den Füchsen Berlin bei der Qualifikation für die Champions League helfen. Beim 27:27 gegen Tatabanya musste er noch zuschauen.
Die Tür zum Pressekonferenz-Raum in der Max-Schmeling-Halle ist so konzipiert, dass normalerweise selbst der größte Sportler durchpasst – ob er nun Basketballer, Volleyballer oder Handballer ist. Jedenfalls in der Theorie. In der Praxis sieht das mitunter anders aus, wie am Donnerstagabend, vor dem ersten Gruppenspiel der Füchse Berlin im EHF-Cup gegen Tatabanya (27:27), zu beobachten war.
Dainis Kristopans, am Mittwoch völlig überraschend als finaler Neuzugang der Wintertransferperiode verpflichtet, hatte jedenfalls seine Mühe, den vorgegebenen Rahmen nicht zu sprengen. Als er um kurz vor sechs durch die Tür schritt, gefolgt von Manager Bob Hanning und Sportvorstand Stefan Kretzschmar, musste sich der Lette mit den außergewöhnlichen Körpermaßen – 135 Kilogramm verteilt auf 2,15 Meter – einmal kräftig ducken. Beim offiziellen Fototermin samt neuem Trikot musste vor allem Hanning grinsen. Er wusste genau, dass er gerade ein witziges Bild abgegeben hatte.
Kristopans ist nicht nur unter physischen Aspekten eine wahrhaft große Verpflichtung, sondern auch unter sportlichen. „Für meine Begriffe haben wir einen der weltweit besten Spieler auf seiner Position unter Vertrag genommen“, sagte Kretzschmar. „Dainis spielt in einer Liga, in der wir noch nicht sind, aber perspektivisch natürlich hinwollen.“ Zuletzt nämlich beim amtierenden Champions-League-Sieger Vardar Skopje.
Dass die Füchse Kristopans überhaupt überzeugen konnten, liegt auch an den chaotischen Verhältnissen beim nunmehr ehemaligen mazedonischen Spitzenklub, von dem die Füchse zu Saisonbeginn bereits Dejan Milosavljev abgeworben hatten. Der Torhüter ist zweifellos die große Entdeckung im Berliner Lager.
Genau wie in der Causa Milosavljev hat auch Kristopans zuletzt kein Geld von seinem ehemaligen Klub gesehen, weil sich der Mäzen des Vereins über Nacht zurückgezogen und plötzlich die Lust an seinem Spielzeug verloren hat. „Es ist eine Win-Win-Situation“, sagt Kristopans. „Ich kann mich bis Sommer in Form halten und den Füchsen mit ihren vielen Verletzten helfen.“ Im Sommer zieht Kristopans dann zu Paris St. Germain weiter, wo er bereits vor einigen Monaten ein Arbeitspapier bis 2023 unterzeichnet hat. Die Franzosen haben – genau wie ihre Fußball-Abteilung – seit Jahren den Anspruch, den wichtigsten Pokal des Vereinshandballs zu gewinnen. Bisher vergeblich.
Nach der Verpflichtung von Rechtsaußen Javier Munoz vom EHF-Cup-Mitstreiter Tatabanya ist Kristopans Kretzschmars zweiter Transfer der jüngeren Vergangenheit. „Durch die Hilfe unserer Sponsoren und Partner ist es für uns nicht einfach, aber möglich, jemanden wie Dainis zu holen“, sagt Kretzschmar. „Dauerhaft können wir das im Moment noch nicht.“ Kristopans wird übrigens ausschließlich in der Bundesliga spielberechtigt sein, nicht im Europapokal – weil er in dieser Saison bereits Einsätze für Skopje bestritten hat.
Trotzdem erhoffen sie sich bei den Füchsen schnelle Hilfe vom nunmehr größten Spieler der Handball-Bundesliga. „Angriff auf die Champions League“, hieß es in der Einladung zu Kristopans Vorstellung. Ist das jetzt also das erklärte Ziel für die nächsten Wochen und Monate? „Die Liga ist verdammt eng. Aber wenn mich nicht alles täuscht, sind wir im Moment Tabellendritter mit allen Optionen“, sagt Hanning, „deshalb wäre es ja seltsam, wenn wir jetzt Platz sieben als Saisonziel ausgeben.“ Bundesliga-Platz drei würde Stand heute zumindest zur Qualifikation für die Champions League berechtigen.