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Thomas Schaaf, 53, stand rund 35 Jahre in Diensten von Werder Bremen. Als Trainer wurde er 2004 Meister und holte dreimal den nationalen Pokal. Seit dieser Saison ist er Trainer bei Eintracht Frankfurt.
© Imago

Thomas Schaaf über sein Ende bei Werder Bremen: "Da ist nichts hängengeblieben"

Für Thomas Schaaf geht es am Sonntag erstmals gegen seinen früheren Klub Werder Bremen. Im Interview spricht der Trainer von Eintracht Frankfurt über seine Zeit in Bremen, die neue Aufgabe in Frankfurt und ein nicht ganz ernst gemeintes Angebot seiner Frau.

Thomas Schaaf, wie viele Karten haben Sie für das Spiel am Sonntag für Freunde und Verwandte besorgen müssen?

Das hielt sich in Grenzen. Sonntag, 17.30 Uhr, ist für die Bremer nicht unbedingt so freundlich, um hier anzureisen und vielleicht noch den Abend zu verbringen. Der eine oder andere Freund kommt. Aber es ist überschaubar.

Sie werden das wahrscheinlich gerade rund um die Uhr gefragt. Aber es ist schon ein besonderes Spiel für Sie, oder?

Es ist insofern besonders, weil ich zum ersten Mal mit meiner neuen Mannschaft gegen den Verein spiele, für den ich sehr lange gearbeitet habe. Und weil ich natürlich auf sehr viele bekannte Gesichter treffe. Aber ansonsten ist es ein normales Spiel, auf das ich mich genauso intensiv vorbereite wie auf jede andere Partie auch.

Wie groß war denn die Umstellung, als Sie hier im Sommer bei der Eintracht angefangen haben, zum ersten Mal außerhalb Bremens?

Also, für mich war es keine Umstellung, weil man ja seine Art und Weise hat zu arbeiten. Wenn ich etwas mache, dann mache ich das immer mit 100 Prozent, mit bedingungsloser Identifikation. Wir haben hier ein wunderbares Miteinander und wenn wir dann auch noch Ergebnisse erzielen, die das zahlenmäßig dokumentieren - umso besser.

Haben Sie in dem Jahr Pause nach Bremen eigentlich auch mal überlegt, komplett aufzuhören oder als Nationalcoach zu arbeiten?

Da gab es Gedanken in alle Richtungen. Ich hatte in der Situation Angebote von überall. Angefangen von meiner Frau, die gesagt hat, du kannst auch hier bleiben ...

Wie wahrscheinlich war es, dass Sie dieses Angebot annehmen?

Ich glaube, dass Sie das nicht richtig ernst gemeint hat... Es gab Angebote als Nationaltrainer, aber auch Anfragen aus anderen Bereichen. Für mich war nach dem Abschluss in Bremen aber klar, dass ich erst einmal nichts mache.

Wäre es für Sie emotional gar nicht vorstellbar gewesen, nach so langer Zeit sofort bei einem anderen Verein zu unterschreiben?

Ob man eine Aufgabe nicht annimmt, weil man emotional noch zu nah an Bremen dran ist, den Gedanken hat es nicht gegeben. Ich bin ganz im Reinen damit, was Werder Bremen und meine Person angeht. Da ist nichts hängengeblieben. Aber es waren ja nicht nur die 14 Jahre als Trainer, sondern auch die lange Zeit als Aktiver. Das ist doch eine verdammt lange Zeit, die man durchgearbeitet hat und in der unheimlich viel Druck und vor allem eine hohe Geschwindigkeit drin waren. Daher habe ich mir einfach mal die Zeit genommen, das Tempo etwas zu drosseln und Zeit mit der Familie zu verbringen.

14 Jahre Werder. In Frankfurt würde man sagen, Sie sind der Charly Körbel von der Weser. Warum gibt es solche Vereinstreue heute nicht mehr? Bedauern Sie das ebenso wie Herr Körbel?

Denken Sie mal an Ihr Umfeld: Heute ist es nicht mehr normal, dass man in eine Firma geht und da für immer bleibt. So ist die Gesellschaft, und wir sind Teil der Gesellschaft. Vielleicht ein besonderer, aber wir sind ein Teil davon. Und was das Angebot angeht, das haben wir ja früher gar nicht gehabt. Charly nicht und ich auch nicht. Wir können uns über die freuen, die länger bei einem Verein sind - oder sich in ihrer Zeit hundertprozentig engagieren. Das ist für mich eigentlich viel, viel wichtiger.

In Bremen sitzt jetzt in Viktor Skripnik einer Ihrer früheren Spieler auf der Bank. Trauen Sie ihm zu, Werder auf Kurs zu bringen?

Ja, ich traue ihm das absolut zu, weil er ein guter Trainer ist, der sich schon als Spieler seine Gedanken gemacht hat. Er war immer neugierig und hat nachgefragt, das sind wichtige Elemente für einen Trainer. Deshalb glaube ich, dass er erfolgreich sein wird.

Wie viel Schaaf steckt in Skripnik?

Das weiß ich nicht. Es gibt einen Thomas Schaaf, und es gibt einen Viktor Skripnik. Und das ist auch gut so.

Der Start in Frankfurt war erfolgreich, dann kam ein kleines Tal und Kritik. Haben Sie am Anfang zu viel auf einmal ändern wollen?

Nein. Meine Aufgabe ist es, analytisch vorzugehen, sachlich zu bleiben und die Emotionen ein bisschen rauszunehmen. Für die Emotionen ist das Umfeld da. Das ist gut so, davon leben wir, es ist ganz wichtig, mit der Eintracht zu leben. Für mich war klar, dass es unterschiedliche Phasen geben wird in dieser Saison, wo mal etwas besser läuft, es aber auch mal schwieriger ist, wo man Geduld haben muss, nicht unruhig werden darf. Mit Emotionen ist das schwierig.

Zu einer Veränderung waren sie gezwungen, weil sich Kevin Trapp verletzt hat. Felix Wiedwald macht jetzt seine Sache richtig gut. Hatten Sie da von vornherein volles Vertrauen zu ihm?

Ja. Wir haben bewusst diesen Weg gewählt, weil wir das Vertrauen in unsere Torhüter hatten. Felix kenne ich ja schon ein bisschen länger und habe ihn schon in der Jugend bei Werder beobachtet. Es ist natürlich immer schön, wenn man dann sieht, dass er diese Qualität auch zeigen kann. Er ist ein guter Torwart, und er hat uns den Rückhalt gegeben, der für uns wichtig war.

Gibt er dem Team diesen Rückhalt auch nach der Winterpause, wenn Kevin Trapp wieder fit ist?

Das werden wir sehen. Die Gedanken brauche ich mir jetzt nicht zu machen. Ich gehe davon aus, dass Kevin dann wieder fit ist. Ist das der Fall, mache ich mir dann meine Gedanken. Ich habe eine gute Situation: Egal, wen ich ins Tor stelle, er wird gut sein. (dpa)

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