Vor dem Wechsel vom 1.FC Union nach Frankfurt: Christopher Lenz setzt die Latte für seine Abschiedstournee hoch an
Bei Union hat sich Lenz eine gewisse Popularität erarbeitet. Nun will er sich vor seinem Wechsel nach Frankfurt mit der Europapokal-Qualifikation verewigen.
Vor einigen Wochen stand Christopher Lenz mit seinen Teamkollegen auf der Waldseite und blickte durch den Dunst der Pyrotechnik auf die draußen versammelten Anhänger hinunter. Der 1.FC Union hatte gerade mit einem 2:1 gegen Stuttgart den Klassenerhalt auch rechnerisch geschafft – und im Rauch und Rausch des Sieges durften die Spieler ausnahmsweise mit ihren Fans feiern. Als sie nach einigen Minuten die leere Tribüne wieder heruntergingen, war Lenz einer der letzten, der sich verabschiedete.
„Ich wollte den Moment einfach genießen“, sagte der Linksverteidiger am Dienstag. „Die Fans waren lange nicht da und wir durften kurz mal hoch, also bin ich so lange geblieben, wie ich durfte. Ich weiß nicht, ob es das letzte Mal ist, dass ich das als Spieler des 1. FC Union erlebe.“
Unmöglich ist das nicht. Denn für Lenz, der im Sommer zu Eintracht Frankfurt wechselt, schließt sich das Kapitel Union in wenigen Wochen. Sein letztes Heimspiel wird er am letzten Spieltag gegen Rasenballsport Leipzig bestreiten. Und zwar vor leeren Rängen.
Das sei „emotional sogar besser für mich“, sagte der 26-Jährige, denn ohne die Fans werde der Abschied wohl etwas leiser und leichter sein als sonst. Traurig wird der gebürtige Berliner aber trotzdem sein. „Natürlich ist da auch ein bisschen Wehmut dabei. Ich habe hier die schönste Zeit meiner Karriere gehabt“, sagte Lenz, der in seinen drei Jahren bei Union den Aufstieg erlebt und sich vom Bankdrücker zum Bundesliga-Stammspieler entwickelt hat.
Dass er wegen der Quarantäne-Maßnahmen der DFL seine letzten Wochen in Berlin auch noch hauptsächlich im Hotel verbringen muss, nerve ihn auch. „Ich kann die Maßnahme verstehen, aber Fan davon bin ich nicht“, sagte er.
Wichtige Rolle bei der Integration anderer Spieler
Ein bisschen mehr Prunk zum Abschied hätte sich Lenz schließlich auch verdient. In seiner Zeit bei Union hat er sich im Verein eine gewisse Popularität erarbeitet. Die Fans schätzen ihn für seine Unermüdlichkeit auf der linken Flanke, die Medien für seine unbekümmerte Eloquenz und Freundlichkeit. Auch in der Kabine hat er zuletzt eine wichtige Rolle bei der Integration von neuen Spielern wie Keita Endo gespielt. Eigentlich war er in seiner Heimatstadt auf gutem Weg, ein Führungsspieler zu werden.
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Über eine Verlängerung habe er auch nachgedacht, sagte Lenz, aber er wollte es sich nicht „bequem“ machen. „Grundsätzlich bin ich der Typ, der immer nach mehr streben will. Ich will niemals im Nachhinein bereuen, etwas nicht getan zu haben.“ Bei Frankfurt hat er in der kommenden Saison auch die Chance, international zu spielen und sich damit „einen Kindheitstraum zu erfüllen“.
„Wir als Mannschaft würden uns hier im Verein fast unsterblich machen“
Dabei hätte er das womöglich auch bei Union schaffen können. Drei Wochen vor dem Saisonende hat Union noch die Möglichkeit, auf Platz sechs oder sieben zu klettern. Dafür müssen die Berliner aber am Samstag (15.30 Uhr, Sky) beim VfL Wolfsburg und an den letzten beiden Spieltagen gegen Bayer Leverkusen und Leipzig punkten. „Einfache Gegner“, sagte Lenz am Dienstag und lachte.
Weder er noch Union haben sich in den letzten Jahren von ihrer Außenseiterrolle kleinmachen lassen – und Lenz setzt die Latte für seine Abschiedstournee hoch an. „Nicht nur ich persönlich, sondern wir als Mannschaft würden uns hier im Verein fast unsterblich machen“, sagte er über eine mögliche Europapokal-Qualifikation. „Das haben wir teilweise schon mit dem Aufstieg geschafft. Wenn wir es jetzt schaffen würden, im zweiten Jahr mit einem Verein wie Union so ein Ziel zu erreichen, wäre das unglaublich. Das ist schon mein Ansporn.“