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Schleudertraum. Nach einem WM-Titel und zwei olympischen Medaillen will sich Christina Obergföll jetzt auf ihr Familienleben konzentrieren.
©  AFP/Gregor Fischer

Istaf-Sieg zum Karriereabschluss: Christina Obergföll lässt den Speer noch einmal fliegen

Speerwerferin Christina Obergföll absolviert beim Istaf in Berlin ihren letzten Wettkampf – und beendet ihn standesgemäß siegreich.

Den letzten Wurf ihrer Karriere absolvierte Christina Obergföll mit Tränen in den Augen. Die 35-Jährige hatte am Samstagnachmittag auch allen Grund, gerührt zu sein. Nach mehr als einem Jahrzehnt in der Weltspitze verabschiedete sich Obergföll beim Berliner Istaf vom Speerwerfen. Schon vor dem Wettkampf hatte sie gemutmaßt, ihre gesamte sportliche Karriere werde wohl noch einmal an ihr vorbeiziehen. Es gab allerdings auch einen ganz aktuellen Anlass für die Freudentränen: Im fünften Versuch hatte Obergföll den Speer auf 64,28 Meter geschleudert, die Weite bedeutete den Sieg beim Istaf. Es war ihr dritter Triumph nach 2007 und 2010 beim traditionellen Stadionfest, das am Samstag zum 75. Mal ausgetragen wurde.

„Es war heute wirklich ein Happy End für mich“, sagte Obergföll. Ihre Karriere endete somit standesgemäß – mit einer Ehrenrunde samt schwarz-rot-goldener Flagge um den Schultern. Als Höhepunkt ihres abgeschlossenen Speerwerferinnen-Lebens bezeichnete sie den Triumph bei der WM 2013 – und den allgemeinen Genuss, wenn sie eine gute Leistung abgeliefert hatte: „Am meisten Spaß hat es gemacht, wenn der Speer weit geflogen ist.“

Für Obergföll war es ein versöhnlicher Abschluss einer unbefriedigenden letzten Saison. Bei den deutschen Meisterschaften in Kassel war sie nur Vierte geworden, dadurch musste sie um die Qualifikation für Olympia bangen. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) konnte nur drei von vier starken Speerwerferinnen nach Rio de Janeiro schicken, Obergföll und Weltmeisterin Katharina Molitor drohten beide mit rechtlichen Schritten, sollte der DLV sie nicht nominieren. Letztlich entschied sich der Verband für Obergföll, die deutschen Speerwerferinnen enttäuschten allerdings. Mit Platz acht landete Obergföll in Rio am Ende noch am weitesten vorn, zufrieden war sie mit diesem Ergebnis allerdings nicht. Nach olympischem Silber 2012 in London und Bronze 2008 in Peking hatte die Offenburgerin unbedingt noch einmal eine Medaille gewinnen wollen.

„Nach Rio war die Luft raus“, sagte Obergföll. Seit Olympia hatte sie auch mit Fersenproblemen zu kämpfen, die sich beim Einwerfen am Samstag noch einmal verschlimmerten. „Mein Physiotherapeut hat mir sogar geraten, gar nicht anzutreten“, sagte Obergföll. „Er hat gesagt, ich würde einen Achillessehnenriss riskieren.“ Nach einer längeren Untersuchung und einer vorsichtigen Aufwärmphase entschied sie sich dann aber doch, den Wettkampf zu bestreiten.

Ab sofort will sich Obergföll um ihren zweijährigen Sohn und ihre Karriere als Angestellte einer Krankenkasse kümmern. Zudem wird sie ihr Familienleben für eine Doku-Serie des Fernsehsenders Vox über prominente Mütter filmen lassen. Ob sie nach diesem Sieg nicht doch noch ein wenig weitermachen wolle, wurde sie gefragt. „Der Wurf hat sich leicht angefühlt, für einen kurzem Moment habe ich sogar darüber nachgedacht, doch nicht aufzuhören“, sagte sie. „Aber meine Eltern und mein Mann würden mich umbringen.“

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