Speerwurf-Enttäuschung für Deutschland: Ohne Weltmeisterin zum Debakel
Gleich vier Hoffnungsträgerinnen gab es bei den deutschen Speerwerferinnen - eine musste zu Hause bleiben, die anderen drei enttäuschten auf ganzer Linie. Auch Kugelstoßer David Storl blieb hinter den Erwartungen.
Am Donnerstagabend durfte sich nur eine deutsche Speerwerferin als Siegerin fühlen: Katharina Molitor. Und die war gar nicht in Rio. Die drei Kolleginnen, die im Olympiastadion antraten, erwischten einen fürchterlichen Abend. Christina Obergföll, die in London noch Silber gewonnen hatte, kam mit 62,92 Metern als beste Deutsche auf Rang acht. Die Deutsche Meisterin Christin Hussong (57,70 Meter) und die Vize-Europameisterin Linda Stahl (59,71 Meter) erreichten noch nicht einmal das Finale der besten acht Werferinnen.
Dem kollektiven Scheitern vorausgegangen war ein erbitterter Streit um die drei Startplätze. Molitor, die Weltmeisterin von 2015, wollte den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) sogar mit einer einstweiligen Verfügung dazu bewegen, sie für Rio zu nominieren. Doch der DOSB blieb hart und nahm Stahl, Hussong und Obergföll mit zu Olympia. Idriss Gonschinska, der Chefbundestrainer Leichtathletik, hatte von einem „Luxusproblem“ gesprochen, von den vier starken Speerwerferinnen nur drei für die Spiele nominieren zu können. Im olympischen Wettkampf war dann nicht viel Luxus zu sehen, dafür gab es aber jede Menge Probleme.
War der Streit um die Nominierungen Schuld am schlechten Abschneiden?
„Der Kampf um die Nominierung hat uns alle viel Körner und Energie gekostet“, sagte Stahl später, und Obergföll konnte sich einen Seitenhieb auf Molitors Methoden nicht ersparen: „Das war nicht schön, nicht leistungsfördernd und teilweise nicht fair.“ Hussong sagte gar nichts, sie saß nach dem Debakel weinend im Innenraum des Stadions. Fast zehn Meter war sie unter ihrer Bestleistung von 66,41 Metern geblieben, die zum Olympiasieg gereicht hätte. Den holte sich die Kroatin Sara Kolak mit 66,18 Metern.
David Storl nur Siebter im Kugelstoßen
Auch David Storl erlebte im Kugelstoßen der Männer eine Enttäuschung. Der zweimalige Weltmeister und aktuelle Europameister wurde mit 20,64 Meter nur Siebter. Storl hatte 2012 in London Olympia-Silber geholt. In diesem Jahr warfen den Deutschen mehrere Verletzungsprobleme zurück. In Rio war schnell klar, dass er noch immer nicht zu alter Stärke zurück gefunden hatte. „Heute war es einfach schlecht“, sagte der 26-Jährige. „Ich habe versucht, mit Biegen und Brechen um Platz drei mitzukämpfen, aber es war einfach nicht möglich.“
Gold ging an den zuvor nahezu unbekannten US-Amerikaner Ryan Crouser, der mit 22,52 Meter einen neuen olympischen Rekord aufstellte. „22,52 Meter – das ist ein Wort“, sagte Storl. „Hat lange keiner mehr gestoßen.“ Silber gewann Weltmeister Joe Kovacs aus den USA vor dem Neuseeländer Tomas Walsh.
Schon in der Qualifikation hatte Storl große Probleme gehabt, überhaupt den Endkampf zu erreichen. „Wir haben viel gearbeitet in den letzten Wochen, aber hier hat es überhaupt nicht gefruchtet“, sagte Storl. „Ich konnte überhaupt nichts anfangen mit meiner Bewegung und hätte auch aus dem Stand stoßen können.“ Vor einer Woche hatte schon die Mitfavoritin Christina Schwanitz im Kugelstoßen der Frauen als Sechste die Medaillenhoffnungen nicht erfüllt. Am Sonnabend werden nun die Männer versuchen, zumindest die Ehre der deutschen Speerwerfer zu retten.