Nach TV-Rekordvertrag in England: Bundesliga denkt über neue Anstoßzeiten nach
Die Premier League erhält künftig fast sieben Milliarden Euro für Fußball-Fernsehrechte. In England wird nach dem Mega-Deal über niedrige Eintrittspreise diskutiert, die Bundesliga denkt über neue Anstoßzeiten nach.
Der Abstand zwischen Bundesliga und Premier League beim Fernsehgeld ist auf Lichtjahre angewachsen, die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat als Reaktion auf den 6,9 Milliarden-Euro-Deal eine ehrliche Diskussion über die TV-Situation in Deutschland angestoßen. Angesichts des finanziellen Verdrängungswettbewerbs der europäischen Ligen will die DFL zumindest den zweiten Platz festigen. Damit die Kluft zu England nicht noch größer wird, könnte der neue TV-Vertrag von 2017 an ein Rekordvolumen und umstrittene Änderungen beinhalten.
„Von daher benötigen wir eine ehrliche Diskussion in der Liga: Sind wir mit Blick auf den neuen TV-Vertrag bereit, notfalls auch unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, um weiter die besten Spieler der Welt in der Bundesliga zu halten?“, kommentierte DFL-Chef Christian Seifert in der „Bild“ die neue Situation nach dem Mega-Deal in England. Damit dürfte er neue Anstoßzeiten und andere Sendezeiten in der Bundesliga meinen. In der Premier League sind die Spieltage schon seit langem wegen der Sender-Interessen auf unterschiedliche Tage und Anstoßzeiten verteilt, längst nicht alle Partien werden live gezeigt.
Die Dimensionen des neuen Dreijahres-Vertrages in England, die mit den Einnahmen aus Auslandsrechten sogar rund 9,5 Milliarden betragen, überraschten die Verantwortlichen in der Frankfurter DFL-Zentrale nicht wirklich. „Diese Summe ist allein auf die Konkurrenz-Situation auf dem englischen Medienmarkt zurückzuführen“, verwies Seifert auf den ungewöhnlichen Bieter-Wettkampf der britischen TV-Giganten Sky und BT. Fünf der insgesamt sieben TV-Pakete gingen für 4,2 Milliarden Pfund an Sky. Der Sender kann dafür 126 Spiele pro Saison zeigen. BT zahlt für die anderen beiden Pakete mit 42 Partien 960 Millionen Pfund.
In Deutschland läuft der bestehende Vierjahresvertrag mit einem Gesamtvolumen von 2,51 Milliarden Euro mit Ende der Saison 2016/17 aus. Das sind durchschnittlich 628 Millionen Euro pro Spielzeit, wobei die Beträge gestaffelt sind. Hinzu kommen die Einnahmen aus der Auslandsvermarkung. Sie sollen von derzeit 71 Millionen Euro bereits im nächsten Jahr auf deutlich über 100 Millionen ansteigen. Die Vereine hoffen beim neuen TV-Vertrag, den die DFL im nächsten Jahr abschließen will, zumindest auf eine Milliarde Euro pro Saison.
Darüber können die 20 Clubs der Premier League nach dem neuerlichen Quantensprung bei den ohnehin schon überdimensionierten TV-Einnahmen nur lächeln. Allerdings löste der Rekord-Deal auch kritische Reaktionen aus. „Die Liga schwimmt im Geld. Senkt die Eintrittspreise und macht es möglich, dass die Fans die Spiele besuchen können“, schrieb Ex-Nationalspieler und BBC-Kommentator Gary Lineker.
Ähnlich wie der ehemalige Kapitän des Nationalteams argumentierte Ian Wright: „Ich sage, lasst die Fans für einen Zehner rein. Sie sind die einzigen Menschen, die niemals davon profitieren“, erklärte der Ex-Profi. Der frühere Tottenham-Besitzer Alan Sugar befürchtet sogar negative Auswirkungen für die Nationalmannschaft. „Einerseits ist das Geld positiv für die Clubs, andererseits ist es sehr negativ für die internationale Zukunft von Englands Nationalteam", sagte Sugar.
Trost für die anderen europäischen Teams bietet auch die Bilanz der englischen Vereine in der Champions League. Längst nicht jedes Jahr gewinnt ein Finanzkrösus aus der Premier League den wichtigsten Vereinswettbewerb. In der nächsten Woche beginnen die K.o.-Spiele mit vier Teams aus dem Weltmeisterland Deutschland. England ist nur noch mit drei Mannschaften vertreten. (dpa)