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Kaum zu glauben. Die Washington Nationals stehen in der World Series.
© Reuters

BIG FOUR - Die US-Sport-Kolumne: Bryceless oder die wundersame Auferstehung der Washington Nationals

Die Washington Nationals haben die World Series im Baseball erreicht. Damit hatte kaum jemand gerechnet – am wenigsten wohl Bryce Harper.

Der Name Bryce Harper löst in diesen Tagen große Erheiterung in Washington aus. Vor ein paar Monaten war das noch ganz anders, denn Harper hatte die Nationals nach der vergangenen Saison verlassen, um sich den Philadelphia Phillies anzuschließen. In seinem ersten Spiel im neuen Trikot an alter Wirkungsstätte schlug einer der besten und bestbezahlten Offensivspieler der Major League Baseball (MLB) einen Homerun, und die Genugtuung darüber, es seinem alten Team gezeigt zu haben, war ihm deutlich anzumerken. Den Schläger warf er anschließend mit Verve von sich, nach dem Spiel feierte er vor den mitgereisten Fans der Phillies.

Ganz so gut ging es für Harper allerdings nicht weiter, mit Philadelphia verpasste er trotz eines guten Saisonstarts die Play-offs und wurde dort schnell vom Liebling zum Buhmann, der sich zwischendurch gar Pfiffe gefallen lassen musste.

Auch für Washington ging es nach der frühen Demütigung durch den einstigen Helden trist weiter. Von den ersten 50 Spielen konnten sie nur 19 gewinnen, die Saison schien früh gelaufen. Was folgte, darf durchaus als kleines Wunder bezeichnet werden. Das Team von Manager Dave Martinez legte in der Folge eine unglaubliche Aufholjagd hin, kam noch auf 93 Siege und qualifizierte sich für das Wild-Card-Game der National League.

Dort allerdings schien dann doch alles wie immer zu laufen – oder so, wie es Bryce Harper oft genug erleben musste: Im entscheidenden Moment drohten die Nationals zu versagen. Schnell lag Washington gegen Milwaukee 0:3 zurück, alles deutete auf ein neuerliches frühes Play-off-Aus hin.

Doch es sollte anders kommen. Das Spiel gegen gegen die Brewers wurde noch 4:3 gewonnen, anschließend schalteten die Nationals mit den Los Angeles Dodgers das Topteam der National League aus. Im alles entscheidenden fünften Duell lag Washington erneut 0:3 hinten, siegte schließlich in Extra-Innings noch 7:3.

Harper verpasste mit Philadelphia die Play-offs und wird jetzt von seinem alten Team verspottet

Erstmals nach dem Umzug von Montreal in die US-Hauptstadt (2005) hatte die Franchise damit eine Play-off-Serie für sich entscheiden können. Damit aber längst nicht genug, in der folgenden National League Championship Series (NLDS) gab es vier Siege in vier Spielen gegen die St. Louis Cardinals, und so feierte ganz Washington am späten Dienstagabend den Einzug in die World Series.

Bryce Harper musste sich das alles von zuhause aus ansehen. Dafür ist ein Satz von ihm aktuell in aller Munde, denn nach dem Wechsel von Washington nach Philadelphia leistete er sich einen aus heutiger Sicht prophetischen Versprecher: „Wir wollen den Titel zurück nach D.C. bringen“, sagte er damals in alter Verbundenheit zu der Franchise, die ihn einst als Nummer-Eins-Pick gedraftet hatte. Fast logisch, dass ihn dieser Satz inzwischen wieder eingeholt hat. So endete ein stimmungsvolles Video der Nationals vor dem vierten Spiel gegen die Cardinals mit exakt jenem Zitat von Harper, wenn auch nur in Schriftform.

Erstmals überhaupt konnten die Nationals in diesem Jahr eine Play-off-Serie gewinnen

Lustig machen sich auch viele Fans in Washington über ihren früheren Liebling. Sein Trikot tragen immer noch viele, einige haben es aber mit ein paar eigenen Elementen versehen. Unter dem Namen Harper und dessen Nummer 34 ist häufiger der aufgeklebte Zusatz „is watching from home“ zu lesen. Auch hübsch ist der Zusatz „Can’t come to the plate right now“. Dass Schadenfreude die schönste Freude ist, dürfte damit einmal mehr bewiesen sein.

Noch allerdings ist die Meisterschaft nicht gewonnen, die einzige, damals für die Washington Senators (das Vorläuferteam der Minnesota Twins), gab es 1924. Im Moment warten die Nats noch auf ihren Gegner, die Houston Astros und die New York Yankees spielen ihn in der American League Championship Series (ALCS) noch ein paar Tage lang aus.

So oder so wird Washington als Außenseiter in die World Series gehen, allerdings als einer, der an seine Chance glaubt. Die Stärke des Teams ist das Starting Pitching, traditionell die beste Waffe in den Play-offs der MLB. Max Scherzer und Stephen Strasburg, die beiden besten Werfer des Teams, sind so gut, dass auch schon mal ein oder zwei Runs reichen, um ein Spiel zu gewinnen. Bryce Harper braucht es dafür nicht – auch wenn er bei den Spielen der Washington Nationals immer noch irgendwie dabei ist.

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