Hertha BSC trifft auf den VfL Wolfsburg: Bruno Labbadia und das freudige Wiedersehen
Bruno Labbadia gilt vielen als perfekter Feuerwehrmann auf der Trainerbank. Dabei hat er beim VfL Wolfsburg bewiesen, dass er ein Team auch entwickeln kann.
Es hätte so schön sein können am vergangenen Wochenende. Einfach mal entspannt Fußball gucken. Jener Mannschaft zuschauen, zu der er immer noch emotionales Verhältnis hat. Aber daraus wurde wieder nichts. Bruno Labbadia hat vorigen Sonntag zwar tatsächlich vor dem Fernseher gesessen, als der VfL Wolfsburg gegen Arminia Bielefeld gespielt hat, aber er hat dann doch recht schnell festgestellt, dass er auf das Spiel „eher professionell geschaut“ hat. Der VfL Wolfsburg, einer von Labbadias Ex-Vereinen, trifft an diesem Sonntag (18 Uhr, live bei Sky) im Berliner Olympiastadion auf Hertha BSC, seinen aktuellen Arbeitgeber.
Es ist das erste Wiedersehen seit der Trennung im Frühjahr 2019. Labbadia war damals mit der Nachricht an die Öffentlichkeit gegangen, dass er seinen auslaufenden Vertrag mit dem VfL nicht verlängern werde – und damit wohl denkbar knapp dem Verein zuvorgekommen, der wohl seinerseits irgendwann erklärt hätte, dass er den auslaufenden Vertrag mit dem Trainer nicht verlängern werde.
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Trotzdem haben beide Seiten die Angelegenheit gesittet zu Ende gebracht. Zum Abschluss der gemeinsamen Zeit feierte Wolfsburg durch ein 8:1 gegen den FC Augsburg den höchsten Sieg der Vereinsgeschichte und zog in die Europa League ein. Gerade mal ein Jahr, nachdem sich die Mannschaft mit Trainer Labbadia erst in der Relegation gegen Holstein Kiel den Verbleib in der Fußball-Bundesliga gesichert hatte. „Es war eine gute Zeit“, sagt Labbadia heute über sein Engagement in Wolfsburg.
Ein solches Urteil war zu Beginn der Zusammenarbeit nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Als Labbadia im Februar 2018 in Wolfsburg anfing, hatte er gegen massive Vorbehalte zu kämpfen. Bei seinem ersten Heimspiel sangen die eigenen Fans „Wir steigen ab, wir kommen nie wieder, wir haben Bruno Labbadia“. Fünfzehn Monate später feierten sie ihn wie einen Helden. „Wenn man durch so viele Tiefen geht, schweißt das natürlich zusammen“, sagt Labbadia. „Die Zeit war intensiv. Sie hat mir sehr viel gegeben.“
Das öffentliche Bild wandelt sich
Labbadia hat als Trainer einige Stationen hinter sich, aber man liegt vermutlich nicht ganz falsch, wenn man die Bedeutung seiner Zeit in Wolfsburg als besonders hoch einschätzt. Vor allem für sein Bild in der Öffentlichkeit. Labbadia kam als Retter und ging als Entwickler.
Wie viele Trainer hat auch Bruno Labbadia längst ein bestimmtes Image. Er gilt als jemand, der eine Mannschaft durch seine impulsive Art zu emotionalisieren versteht und dadurch rasche Erfolge erzielt. In den vergangenen Jahren hat ihm dieser Ruf vor allem Jobs bei Mannschaften eingebracht, die am Rande des Abgrunds standen und schnelle Hilfe brauchten. Labbadia hat den VfB Stuttgart gerettet. Labbadia hat den HSV gerettet. Und Labbadia hat den VfL Wolfsburg gerettet.
Doch ein solches Image ist nicht nur extrem langlebig, es ist immer auch ein bisschen holzschnittartig. Die wenigsten Trainer mögen es, wenn sie auf die Rolle als Retter reduziert werden, obwohl das ein durchaus lukratives Geschäftsmodell sein kann. Auch Bruno Labbadia fühlt sich und seine Arbeit als Trainer unzureichend abgebildet, selbst wenn er sagt, dass sein Image etwas sei, „was mich weniger interessiert“.
Auch in Stuttgart hat er das Team vorangebracht
Labbadia verweist gerne auf seine Zeit beim VfB Stuttgart. Nach dem erfolgreichen Abstiegskampf hat er die Mannschaft nicht nur 2013 ins DFB-Pokalfinale geführt, sondern sich auch zweimal für den Europapokal qualifiziert, und das unter extrem schwierigen finanziellen Bedingungen. „Aber das ist nicht so wahrgenommen worden“, sagt er.
Im Gegenteil. Noch Anfang des Jahres, als Hertha nach der Demission von Jürgen Klinsmann ohne Trainer dastand, ist Manager Michael Preetz in einer Pressekonferenz gefragt worden, ob er denn in der Trainerfrage groß denken werde, also keinen der üblichen Verdächtigen wie Bruno Labbadia verpflichten wolle. Als Labbadia zwei Monate später bei den Berlinern anfing, war deren Situation tatsächlich prekär, aber bei Hertha ging es eher darum, einen Trainer zu haben, der mittelfristig eine neue Mannschaft aufbaut.
Labbadia wiederum hat immer wieder darauf verwiesen, dass der Umbruch Zeit benötige. Auch deshalb darf er bei Hertha im Moment trotz vier Niederlagen hintereinander immer noch in Ruhe seinen Job machen. Ein bisschen hat Bruno Labbadia das wohl auch dem VfL Wolfsburg zu verdanken.