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Man kennt sich. Bruno Labbadia trifft mit Hertha BSC auf Bayer Leverkusen - den ersten Verein, den er in der Bundesliga trainiert hat.
© REUTERS

Hertha BSC empfängt Bayer Leverkusen: Bruno Labbadia trifft seine Vergangenheit

Im letzten Heimspiel der Saison trifft Hertha BSC mal wieder auf Bayer Leverkusen - zuletzt gab es in dieser Konstellation zwei heftige Klatschen.

Elf Jahre und einen Monat ist es her, dass Bruno Labbadia zuletzt bei einem Spiel von Bayer Leverkusen im Olympiastadion als Trainer an der Seitenlinie stand. Es war das Finale um den DFB-Pokal, in dem Labbadia mit Leverkusen auf Werder Bremen traf. Und es war für den damals noch jungen Trainer zum Abschluss seiner ersten Saison in der Fußball-Bundesliga gleich in doppelter Hinsicht ein Endspiel. Bayer verlor 0:1 – und Labbadia in der Folge seinen Job.

An diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) tritt Bayer Leverkusen erneut im Olympiastadion an. Auch Bruno Labbadia sitzt oder steht wieder an der Seitenlinie, diesmal als Trainer von Hertha BSC. Seit seiner Entlassung in Leverkusen hat er einige Vereine trainiert und viele Erfahrungen gesammelt, so dass er heute mit einer gewissen Altersmilde auf sein elf Jahre jüngeres Ego zurückblicken kann. Auf jenen Bruno Labbadia, der es im Mai 2009 für eine gute Idee gehalten hat, der „Süddeutschen Zeitung“ unmittelbar vor dem Finale und ohne Wissen seines Arbeitgebers ein Interview zu geben, in dem sein Unmut über den bei Bayer herrschenden Hang zur Bequemlichkeit überdeutlich zu vernehmen war.

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Wenn Labbadia heute zugibt, dass er rund um das Pokalfinale „den einen oder anderen Fehler“ gemacht habe, meint er ganz sicher dieses Interview. „Ich hätte damals gern schon das Wissen von heute gehabt“, sagt er. „Dann wär’ das echt spannend gewesen.“

In der Rückschau auf die Leverkusener Epoche empfindet er sich heute selbst als deutlich zu ungeduldig: „Ich wollte schon in dem Jahr Deutscher Meister werden.“ Seine Mannschaft, zwischenzeitlich Tabellenführer, hätte durchaus das Talent dazu gehabt, findet Labbadia, „aber noch nicht die Reife“. Im Grunde gilt das bis heute. Hertha BSC hat in den vergangenen Jahren schmerzhafte Erfahrungen mit dem großen Talent der Leverkusener gemacht; andererseits ist es den Berlinern auch ein ums andere Mal gelungen, die fehlende Reife der Mannschaft für den ganz großen Wurf offenzulegen.

„Eine der talentiertesten Mannschaften der Liga“

Während Hertha die Saison wieder einmal im Mittelfeld beenden wird, kämpft Bayer 04 als Vierter noch mit Borussia Mönchengladbach um den letzten Platz in der Champions League. Labbadia hält Bayer für „eine der talentiertesten Mannschaften der Liga, die herausragende Einzelspieler hat“, Leute wie Kai Havertz, Moussa Diaby, den Innenverteidiger Edmond Tapsoba oder den gerade 17 Jahre alten Florian Wirtz. Auch Herthas Manager Michael Preetz bescheinigt den Leverkusenern „eine außergewöhnliche Qualität“.

In jüngerer Vergangenheit haben die Berliner zwei heftige Heimniederlagen gegen Bayer kassiert, 2017 ein 2:6 und vor einem Jahr ein 1:5, jeweils am letzten Spieltag der Saison. Auch jetzt sind die Leverkusener wieder Herthas letzter Gegner im Olympiastadion. „Eine richtig gute, konzentrierte Leistung“ werde man benötigen, um ihnen standhalten zu können, sagt Manager Preetz. So wie im Hinspiel, als Hertha 1:0 gewann. Überhaupt hat die Bilanz beider Klubs die Kräfteverhältnisse zwischen dem Mittelklasseklub Hertha und dem Champions-League-Aspiranten zuletzt leicht verzerrt wiedergegeben. Von den jüngsten sechs Partien hat Bayer drei gewonnen – Hertha aber auch.

Hertha BSC profitiert von Labbadias Reife

Es sind genau diese verschiedenen Gesichter, die Bruno Labbadia schon vor elf Jahren in Leverkusen kennengelernt hat. Einer überragenden Hinrunde folgte damals eine enttäuschende Rückrunde; statt Meister wurde Leverkusen am Ende nur Neunter. Zumindest bei Labbadia aber hat diese Erfahrung einen persönlichen Reifeprozess ausgelöst, von dem jetzt vor allem Hertha BSC profitiert.

Es hat nicht viel gefehlt, und der Verein wäre Opfer seiner überzogenen Erwartungen geworden. Das Gerede von Titeln und der Champions League in der kurzen Ära Klinsmann hat Hertha nicht gutgetan. Im Unterschied zu Labbadias gesundem Realismus. „Wir wissen, wo wir hinwollen“, sagt er. Labbadias Ehrgeiz ist nicht kleiner geworden, seine Geduld aber hat deutlich zugenommen: „Wir haben einen sehr langen Weg vor uns, und wir sind erst am Anfang.“

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