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Nicht noch einmal. 2011 randalierten Fans vom BFC Dynamo beim DFB-Pokalspiel gegen Kaiserslautern. Gegen Stuttgart soll das unbedingt verhindert werden.
© dpa

DFB-Pokal: BFC Dynamo: Die Angst vor der Fratze

Der BFC Dynamo tritt erstmals nach den Ausschreitungen 2011 wieder im DFB-Pokal an. Zum Spiel gegen den VfB Stuttgart erwartet der DDR-Serienmeister 10.000 Zuschauer - und hofft auf einen ruhigen Nachmittag.

Fassungslos stand Rainer Lüdtke in den Katakomben im Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion. Tränen flossen über sein Gesicht, während links und rechts aufgebrachte Spieler an ihm vorbeiliefen. Draußen im Stadion wüteten die Randalierer. Hooligans tobten durch die Ränge, sie machten Jagd auf gegnerische Fans und schreckten dabei auch vor Frauen und Kindern nicht zurück. Da war sie wieder, die hässliche Fratze des BFC Dynamo, von der Lüdtke, der Fanbetreuer, geglaubt hatte, sie nie wieder sehen zu müssen. Er lag falsch.

Die Ausschreitungen beim DFB-Pokal-Spiel zwischen dem BFC Dynamo und dem 1. FC Kaiserslautern im Juli 2011 gehören zu den beschämendsten Ereignissen der vergangenen Jahre im Berliner Sport. Es gab mehrere Verletze, darunter 18 Polizisten, und viele Festnahmen. Der bisher letzte überregionale Auftritt des Berliner Oberligisten mit der ruhmreichen sportlichen Vergangenheit geriet zum Desaster. Und außerhalb von Hohenschönhausen rümpfte man die Nase. „Typisch BFC, nichts anderes war zu erwarten“, hieß es.

An diesem Sonntag spielt der BFC Dynamo wieder im DFB-Pokal – zum ersten Mal seit den Ausschreitungen. In der ersten Runde trifft der Berliner Pokalsieger auf den VfB Stuttgart (ab 16 Uhr im Liveticker). Austragungsort ist erneut das Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion in Prenzlauer Berg. Und natürlich schwingt auch dieses Mal die Frage mit: Kann das gutgehen? Oder passiert wieder etwas?

„Wir haben alles Menschenmögliche für ein Fußballfest getan und hoffen natürlich, dass sich so etwas wie vor zwei Jahren nie mehr wiederholt“, sagt Pressesprecher Martin Richter. Bei Dynamo habe man die Geschehnisse analysiert und Konsequenzen gezogen. „Wir haben uns seinerzeit von dem Ordnungsdienst getrennt, außerdem wurde für Sonntag ein Sicherheitskonzept in enger Zusammenarbeit mit der Polizei erstellt“, sagt Richter. Dieses beinhaltet, dass nun mehr Pufferzonen, sprich Tribünenabschnitte, die frei bleiben, eingerichtet wurden. So soll verhindert werden, dass sich die Fangruppen im Stadion zu nahe kommen. Es werden dieses Mal auch deutlich mehr Sicherheitsleute zum Einsatz kommen, versichert Richter.

Durch eine andere Preispolitik hat der BFC zudem versucht, Einfluss auf das Besucherklientel zu nehmen. Die Karten sind deutlich teurer als vor zwei Jahren. Ein Platz in der Kurve kostet dieses Mal 15, eine Karte für die Gegengerade 30 Euro. Trotzdem erwartet man mindestens 10.000 Zuschauer, Anfang der Woche waren bereits 7000 Karten verkauft. Der Klub hat nur Tickets an Vereinsmitglieder oder Leute aus Berlin ausgegeben. „Diese Großveranstaltung wollen wir so über die Bühne bringen, dass wir das Potential des Klubs richtig zeigen“, sagt Volkan Uluc. Und das ist laut dem Trainer deutlich höher anzusehen als es die gegenwärtige sportliche Situation in Liga fünf vermuten lässt.

Von höherklassigen Strukturen ist der Serienmeister der ehemaligen DDR aktuell aber weit entfernt. Mitarbeiter wie Martin Richter und Rainer Lüdtke sind ehrenamtlich beschäftigt. Der Fanbetreuer kümmert sich neben seinem eigentlichen Beruf noch um die Anhänger. Trotzdem sagt er: „Die Fanarbeit ist besser geworden, der Verein hat mich in den letzten zwei Jahren stärker unterstützt.“ Lüdtke nimmt sich selbst in die Pflicht, für die Eskalation vor zwei Jahren macht er unter anderem auch einen folgenschweren Irrtum verantwortlich. „Wir haben gedacht, dass wir mit der Fanbetreuung schon weiter wären.“

Als die Meute dann randalierte, sah Lüdtke sein Lebenswerk vor dem Aus. Seit 1974 geht der 52-Jährige zum BFC Dynamo, seit mehr als einem Jahrzehnt widmet er sich nun bereits der Fanbetreuung. Die Anhänger respektieren ihn, seine Vergangenheit ist bekannt. Lüdtke war ein Raubein. Harmlos ausgedrückt. Für Sonntag hat er nur einen Wunsch: „Mit einem guten Gefühl schlafen gehen zu können.“ Noch einmal Randale – und der BFC hätte sich endgültig ins Abseits manövriert.

Sebastian Stier

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