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Da war die Welt noch in Ordnung - halbwegs zumindest, wenn man in die Gesichter der BFC-Fans schaut.
© dapd

Der BFC-Fan und die Pokalrandale: Schlechter Witz, kollektives Versagen

Bis 17 Uhr 17 schien alles in Ordnung: Der Schriftsteller und BFC-Fan Andreas Gläser schildert für Tagesspiegel.de, wie er die Ausschreitungen beim Pokalspiel gegen Kaiserslautern erlebt hat.

Als nach dem Schlusspfiff der DFB-Pokalbegegnung die Spieler des BFC Dynamo vom Großteil ihrer Fans zum kollektiven Jubel an den Zaun gebeten wurden und die Veranstaltung schon fast als gelungen bewertet werden durfte, war jener eine sportliche Niederlage vorausgegangen, die sich im achtbaren Rahmen bewegte. Die fünftklassigen Berliner hatten gegen den Erstligisten 1. FC Kaiserslautern nur 0:3 verloren, das wird dem einen oder anderen Ligakonkurrenten der Pfälzer auch passieren.

Trotz des schlechten Wetters waren über 10.000 Zuschauer gekommen, es sah nach einer positiven Initialzündung für den BFC aus, im Hinblick auf die anlaufende Oberligasaison, zumindest wenn man sich von der Gegengerade aus, etwa im Mittelblock stehend, auf das Spiel konzentrierte. Was den vermeintlichen Auslöser des Skandals betrifft, dem Sturm einiger hundert Berliner auf den Gästeblock, so handelte es sich bestimmt nicht um das Winken der FCK-Fans mit Taschentüchern oder ähnlichem Eiapopeia, selbst wenn viele Berliner auf der Geraden "Auf die Fresse!" skandierten.

Die eigentlichen Fragen sind jetzt, wie es zum Spielende um die Sicherheit stand, vor allem um die Absperrungen auf dem oberen Umlauf, und auch dahinter, zwischen der Heimgerade und dem Pufferblock, und wie das verantwortliche Personal dort agierte, sprich Polizei und JWD Security. Trotz zahlenstarker Anwesenheit im Prenzlauer Berg, und im Stadion sowieso, konnte man nicht schnell genug im Pufferblock sein? Es ist ein schlechter Film, den man schon mehrfach gesehen hat. Nicht jede Woche, denn der graue Liga-Alltag zieht diese Leute nicht an.

Aber das etwa 200 Berliner, und meinetwegen auch einige Krawalltouristen aus Polen, auf einen familiären Gästeblock stürmen, schien eigentlich der Vergangenheit anzugehören. Und niemand wusste dem Einhalt zu gebieten? Schlechter Witz, kollektives Versagen. Vor dem nächsten größeren Spiel wird man den BFC mittels derber Auflagen wahrscheinlich vor sich selbst schützen, und nicht zuletzt die Gäste. Gegen Schalke oder Bochum unter Ausschluss der Öffentlichkeit, beim BFC hat man drum gebettelt. Andere Anhänger werden Sanktionen bejubeln, und noch schärfere fordern, aber das Gewaltpotenzial bleibt.

Am nächsten Sonntag soll es zum Oberligaauftaktspiel zwischen dem Lichterfelder FC und dem BFC Dynamo kommen, nach anfänglichen Überlegungen der Gastgeber, ob es aufgrund der letzten Ereignisse so sein solle. Immerhin ging schon einige Male alles gut zwischen den Ligakonkurrenten. Aber wie viele Leute werden sich mit der anhaltenden Katerstimmung dort einfinden?

Andreas Gläser, 1965 in Berlin-Prenzlauer Berg geboren, hat unter anderem das Buch "Der BFC war schuld am Mauerbau. Ein stolzer Sohn des Proletariats erzählt" geschrieben.

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