Alte Bekannte im Berliner Fußball (5): BFC Dynamo: Chaos auf den Rängen, Chaos im Klub
Nach der Wende fiel der BFC Dynamo in die sportliche Bedeutungslosigkeit. Zudem rückten seine problematischen Fans den Klub in ein schlechtes Licht.
Dieser Stürmer! Wie schnell der war! Und wie trickreich! Jörn Lenz staunte nicht schlecht. Gegner dieses Kalibers gehörten für ihn nicht zum Alltag. Wie auch? Lenz war gerade einmal 20 Jahre alt an diesem 17. Oktober 1989, als er mit dem BFC Dynamo im Europapokal der Pokalsieger beim AS Monaco antrat. Trotzdem gelang es ihm und seinen Mitspielern, den Mann zu stoppen. Das Spiel endete 0:0, zur Halbzeitpause wurde der Stürmer ausgewechselt. Lenz auch.
Eine letzte Gemeinsamkeit, danach trennten sich ihre Wege. Und Karrieren. Der Stürmer, mit Namen George Weah, wechselte später erst zu Paris St. Germain, dann zum AC Mailand. 1995 wurde er Weltfußballer. Lenz blieb bis auf wenige kurze Unterbrechungen dem BFC treu und erlebte die Härten des Fußballerdaseins. Im Europapokal spielte er nie wieder, der BFC nach dem Rückspiel auch nicht.
Mit dem Untergang der DDR versank auch ihr Rekordmeister in der Bedeutungslosigkeit. Formal waren Fußballer dort Amateure, als die Mauer fiel, nutzten viele Spieler die Möglichkeit, um als Profis im Westen anzuheuern. Besonders der BFC blutete aus und verlor seine besten Leute. Andreas Thom, Thomas Doll oder Frank Rohde wechselten in die Bundesliga. Andere folgten ihnen. Das Geld aus den Transfers verschwand oder wurde falsch investiert. Etwa in unnötige Versicherungen. „Es wäre sicher gut gewesen, wenn ein bis zwei Leute im Verein damals von der Denkweise her weiter gewesen wären“, sagt Lenz. Eine verklausulierte Umschreibung, um nicht zu sagen, was viele denken: Es fehlte damals einfach an Know-how.
In der DDR wurde der BFC durch die Politik protegiert. Die besten Spieler des Landes wurden nach Berlin delegiert, wie es damals hieß. Als Lieblingsklub von Stasi-Chef Erich Mielke erfreute man sich der Gunst aus höchsten Politkreisen. Das alles brach nach der Wende weg.
Personell und strukturell geschwächt, schaffte man nicht einmal die Qualifikation zur Zweiten Liga. Der BFC Dynamo, von 1979 bis 1988 zehnmal in Folge Meister, dümpelte unterhalb der allgemeinen Wahrnehmung im Amateurlager vor sich hin. Da half auch die Namensänderung von BFC Dynamo zu FC Berlin nicht. Alten Konkurrenten wie Lok Leipzig oder Dynamo Dresden ging es ähnlich schlecht, trotzdem war die Schadenfreude vieler Fans über den Fall des BFC besonders groß. Wegen seiner Nähe zur Politik wurde der Klub den Ruf als Schiedsrichtergünstling nicht los, auch wenn nie etwas nachgewiesen werden konnte.
Sportlich lief es nicht und auf den Rängen tobte der Mob. Immer wieder kam es zu Ausschreitungen, während der Wendewirren übte der Klub eine starke Anziehungskraft auf die Hooliganszene aus.
Die Bilder der Pokal-Randale 2011:
Chaos auf den Rängen. Chaos im Klub. 2001, inzwischen wieder als BFC Dynamo, meldete der Verein Insolvenz an und spielte für einige Jahre in der Berliner Verbandsliga. Inzwischen ist man zurück in der Oberliga, das Image des Chaosklubs mit den problematischen Fans aber bleibt weiterhin bestehen. Im Juli 2011, beim DFB-Pokalspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, kam es zu schweren Ausschreitungen, Randalierer stürmten den Gästeblock und machten Jagd auf Fans aus Kaiserslautern. Und das ausgerechnet beim ersten großen Spiel seit einer gefühlten Ewigkeit.
Große Spiele wird es in naher Zukunft im Hohenschönhausener Sportforum nicht geben. Der BFC hat sich für den DFB-Pokal nicht qualifiziert, in der Oberliga heißen die Gegner Union Fürstenwalde und Malchower SV. Leute vom Kaliber eines George Weah spielen dort nicht.
Mit Hertha BSC und dem 1. FC Union sind derzeit zwei Berliner Vereine im großen Fußball vertreten – allerdings nur in der Zweiten Liga. Das war nicht immer so, Tradition ist bei vielen Vereinen der Stadt reichlich vorhanden. Wir blicken in einer Serie auf Berliner Klubs mit ruhmreicher Vergangenheit und beschreiben ihre Gegenwart. Hier finden Sie alle Folgen der Serie!
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