Hansi Flick und sein Abschied von den Bayern: Bevor der Zauber verfliegt
Hansi Flick möchte als Trainer des FC Bayern aufhören. Nach dem sich anbahnenden Kleinkrieg mit Sportchef Salihamidzic ist das verständlich. Ein Kommentar.
Völlig überraschend kommt die Entscheidung nicht. Dass die Zeit von Hansi Flick als Trainer des FC Bayern München in Kürze zu Ende gehen würde, das hatte sich schon über Wochen angedeutet. Und spätestens am Dienstag, nach dem Aus in der Champions League in Paris, war aus der Ahnung fast schon eine Gewissheit geworden.
In einem mehr als vierminütigen Monolog vor laufender Kamera gab Flick dem Publikum nach all den Täuschungsmanövern der jüngeren Vergangenheit einen erstaunlich offenen Einblick in sein Gefühlsleben. Da sprach jemand, der sich ernste Gedanken um seine berufliche Zukunft gemacht hatte.
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Seit dem frühen Samstagabend nun ist es offiziell: Hansi Flick möchte aufhören bei den Bayern. Er hat den Klub um die Auflösung seines Vertrages schon in diesem Sommer gebeten. Auch seine Mannschaft, mit der ihn ein besonders vertrauensvolles Verhältnis verbindet, hat er über seinen Wunsch informiert.
Über die genauen Gründe hat Flick noch nichts verlauten lassen. Muss er auch nicht. Dass sein Verhältnis zu Hasan Salihamidzic, dem Sportdirektor der Bayern, nicht ganz so vertrauensvoll ist wie das zu den Spielern, das ist hinlänglich bekannt. Hinzu kommt, dass Flick, der mit dem Klub im vergangenen Jahr alles, wirklich alles, gewonnen hat, künftig kaum noch etwas gewinnen kann. Schon am Ende dieser Saison wird anstelle des Sextuples allein die Meisterschaft stehen.
Der Zauber des Augenblicks
Ein einziger Titel, das heißt bei den Bayern in der Regel: Sorry, die Mindestanforderungen sind leider nicht erfüllt worden. Aber nach allem, was er als Trainer für den Verein geleistet hat, wäre das natürlich kein Grund gewesen, Flick gleich aus dem Amt zu ekeln. Trotzdem: Hansi Flick ist klug genug, um zu wissen: So schön, wie es war, wird es vermutlich nie mehr werden. Er ist klug genug, um zu wissen, dass er in der vergangenen Saison auch vom Zauber des Augenblicks profitiert hat – weil die Voraussetzungen für ihn kaum besser hätten sein können, als er im Herbst 2019 seinen bisherigen Chef Niko Kovac beerbt hat.
Die Mannschaft, immer noch die am besten besetzte des ganzen Landes, hatte damals noch etwas gut zu machen. Und sie wusste bei diesem Vorhaben einen Trainer an ihrer Seite, der sie in ihrem Inneren – anders als Niko Kovac – verstanden hat. Einen Trainer, der zudem den passenden Fußball für all die Hochbegabten gefunden hat und mit seiner menschlichen Art der perfekte Moderator in diesem Zirkus der Eitelkeiten war.
Es gibt eine hochwertige Jobalternative
Hansi Flick hat sich diesen Zauber durch einen absehbaren Kleinkrieg mit seinem Sportchef Salihamidzic nicht vermiesen lassen wollen. Dass sich noch dazu für den Sommer eine hochwertige Jobalternative aufgetan hat, das hat bei seiner Entscheidung ganz sicher auch eine Rolle gespielt. Flick ist der Wunschkandidat des Deutschen Fußball-Bunds für den Posten des scheidenden Bundestrainers Joachim Löw. Und das Amt des Bundestrainers ist für Flick nach seiner Zeit als Löws Assistent vermutlich auch so etwas wie der Traumjob.
Mit vielen der Spieler, die er in den knapp zwei Jahren in München noch mehr schätzen gelernt hat, würde Flick auch künftig wieder zusammenarbeiten. Ein bisschen Bayern-Trainer könnte er also auch bei der Nationalmannschaft noch bleiben. Und zwingend ruhiger muss es für ihn auch nicht werden.