1. FC Union Berlin: Bei Sebastian Polter ist die Leichtigkeit zurück
Mit drei Treffern gegen den 1. FC Kaiserslautern hat Sebastian Polter seine Torflaute und die Negativserie des 1. FC Union beendet – und das alles mit seinem schwächeren linken Fuß.
Sebastian Polter dachte kurz nach, schaute etwas ungläubig, war sich aber sicher. „Ich habe in meiner Karriere noch nie ein Tor außerhalb des Strafraums geschossen“, sagte der Stürmer des 1. FC Union. „Jetzt mache ich gleich zwei – und das auch noch mit links.“ Polter war der Mann des Abends beim befreienden 5:0 (4:0)-Sieg der Berliner am Montag gegen den 1. FC Kaiserslautern und stand symbolisch für seine Mannschaft. Wochenlang hatte er gehadert. Mit unglücklichen Schiedsrichterentscheidungen gegen ihn, mit dem fehlenden Glück im Abschluss, mit den schlechten Ergebnissen.
Und dann das: drei Tore in einem Spiel, der erste Sieg seit Anfang August. Polter und seinen Kollegen schien eine tonnenschwere Last von den Schultern zu fallen. Nach fünf Spielen ohne Erfolg und der Kritik nach dem schwachen Auftritt in Sandhausen spielten sich die Unioner gegen den hilf- und konzeptlosen Tabellenletzten in einen Rausch. Höher haben die Berliner in der Zweiten Liga noch nie gewonnen.
Schon in den Anfangsminuten setzten sie den Gegner stark unter Druck. „Wir wollten mutig spielen, nach vorne verteidigen und Emotionen zeigen“, sagte Polter. Diese aggressive Gangart wurde bereits früh belohnt. Nach einem Ballgewinn von Kristian Pedersen nahm Polter den Ball an und schoss diesen aus mehr als 20 Metern aus der Drehung in den rechten Winkel. „Dass er so ein Ding mit links macht, hat mich überrascht und ist eine neue Qualität bei ihm“, sagte Trainer Jens Keller.
Wie sehr Polter die schwierige Phase belastet hatte, zeigte sich beim Torjubel. Er schrie seine Freude heraus und schlug sich mit der Hand mehrfach gegen die Brust. Nach vier Spielen ohne eigenen Treffer war es eine Erlösung für den wuchtigen Angreifer. „Wir wussten immer, wie wichtig Polti für die Mannschaft ist, auch wenn er nicht getroffen hat“, sagte Kollege Fabian Schönheim. „Jetzt hat er sich endlich belohnt für die ganze Arbeit.“ Viel geändert habe er in der vergangenen Woche nicht, versicherte Polter. „Ich habe mit Böni immer wieder Torschüsse geübt“, sagte der 26 Jahre alte Wilhelmshavener zu den letzten Einheiten mit Co-Trainer Sebastian Bönig. Zuletzt habe er im Abschluss etwas zu viel nachgedacht, mit dem frühen Tor kehrte die verlorene Leichtigkeit jedoch zurück.
Bei Union klappte alles – bei Kaiserslautern nichts
Schon nach 25 Minuten erzielte Polter nach einem starken Steilpass von Steven Skrzybski sein zweites Tor und erhöhte auf 3:0. Dass er kurz darauf mit einem von ihm selbst herausgeholten Elfmeter scheiterte, nahm ihm niemand übel. „Das war absolut richtig, dass er den geschossen hat“, sagte Keller. „Er hatte schon zweimal getroffen und strotzte vor Selbstbewusstsein.“ Vielleicht sollte er beim nächsten Mal aber lieber mit links schießen, scherzte Unions Trainer.
Ob Keller, die Spieler oder die Fans – nach Wochen der Unzufriedenheit kehrte bei den Berlinern die gute Laune zurück. Dass der Gegner aus Kaiserslautern nicht einmal ansatzweise Zweitliganiveau besaß und Union „die Tore auf dem Silbertablett servierte“, wie FCK-Interimstrainer Manfred Paula sagte, störte erst einmal niemanden. Zu groß war die Erleichterung über ein Spiel, in dem endlich mal alles klappte, was sich die Köpenicker vornahmen. Wäre der leicht abgefälschte Volley von Skrzybski vor einer Woche noch auf die Tribüne geflogen, landete er nun genau im Winkel. Auch die Vorarbeit zum 5:0 in der Schlussphase zeugte vom wieder gewonnenen Selbstvertrauen. Marcel Hartel stoppte einen hohen Ball mit dem Hinterteil für Polter, der – natürlich mit links – sein drittes Tor erzielte. „So ein Spiel, in dem wir alles richtig gemacht haben, war ganz wichtig“, sagte Polter, dem anzumerken war, wie sehr die letzten Wochen an ihm genagt hatten.
Immer wieder war über seine robuste Spielweise diskutiert worden. Polter gehört in der Zweiten Liga zu den Stürmern mit den meisten Zweikämpfen. Dabei teilt der 1,90 Meter große und etwa 90 Kilo schwere Polter, der sich in England einen noch körperbetonteren Fußball angeeignet hat, viel aus, muss aber auch viel einstecken. Nach dem Spiel gegen Bielefeld wurde er mit einer Rückenprellung sogar ins Krankenhaus eingeliefert. Keller hatte sich schon vor Wochen darüber beklagt, dass viele Fouls an Polter aufgrund seiner Robustheit nicht geahndet würden.
Auch der Stürmer selbst wirkte zuletzt zunehmend frustriert und ärgerte sich gegen Kaiserslautern schon nach 35 Sekunden über eine Situation, in der im Strafraum auf Foul gegen ihn entschieden wurde. Am Boden liegend schlug er mit beiden Fäusten auf den Rasen. Keine fünf Minuten später kamen seine Hände erneut zum Einsatz – dieses Mal aber aus Freude über sein erlösendes Tor.