Zweiter Sieg nach Kovac: Bayern fertigt Dortmund ab - Flick bleibt vorerst Trainer
Es läuft wieder beim FC Bayern. Robert Lewandowski trifft auch beim 4:0 gegen den BVB - und Kovac-Nachfolger Flick darf weitermachen.
Robert Lewandowski ist den Applaus der Fans gewohnt. Vor allem jubelt die Kurve, wenn der Stürmer des FC Bayern München ein Tor erzielt. Beim Spiel gegen Borussia Dortmund gab es für ihn aber Szenenapplaus, weil er mit dem Ball so wunderschön umgehen kann wie ein Cellist mit seinem Instrument. Nach einer knappen halben Stunde hatte der Stürmer der Bayern einen hohen Ball so filigran mit einer Kombination aus Oberschenkel, Schienbein und Spann angenommen, dass sich allein für dieses Kunstwerk der Stadionbesuch schon gelohnt hatte.
Es war nicht der einzige Moment an diesem Samstagabend, in dem Lewandowski das Publikum begeisterte. Der 31 Jahre alte Stürmer war gegen Dortmund mit zwei Toren einer der Hauptgründe für den 4:0 (1:0)-Sieg der Bayern. Vor 75000 Zuschauern in der ausverkauften Münchner Arena, darunter auch Bundestrainer Joachim Löw, traf außerdem Serge Gnabry. Mats Hummels erzielte ein Eigentor. „Es war unser Ziel, ein Zeichen zu setzen“, sagte Münchens Leon Goretzka nach dem Spiel.
Für beide Mannschaften hatte das Spiel im Vorfeld eine große Bedeutung. Natürlich, es war Bayern München gegen Borussia Dortmund. Aber es war für beide Teams auch die Chance, den Abstand auf Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach zu verringern. Die Trainer wollten nicht zu viel riskieren, beide verzichteten auf Umstellungen. Flick vertraute in seinem zweiten Spiel als Cheftrainer auf dieselbe Startelf wie beim 2:0 gegen Olympiakos Piräus. Leon Goretzka und Joshua Kimmich spielten zusammen im zentralen Mittelfeld, Thiago und Philippe Coutinho saßen vorerst erneut auf der Bank. Auch Dortmunds Trainer Lucien Favre änderte die Startelf im Vergleich zum Sieg gegen Inter Mailand nicht.
Sowohl die Münchner als auch die Dortmunder begannen aggressiv, beide Mannschaften störten den Gegner früh. So entwickelte sich schnell ein intensives Spiel. Dortmund übernahm dann mehr und mehr die Kontrolle. Die Bayern zogen sich etwas zurück, um in den passenden Situationen wie ein hungriges Wolfsrudel in Richtung Ball auszuscheren. „Wir waren alle gierig“, sagte Thomas Müller.
Lewandowski baut seinen Rekord aus
Das zahlte sich nach einer guten Viertelstunde aus. Jadon Sancho verlor den Ball am eigenen Strafraum gegen drei besonders gierige Münchner. Über ein paar Umwege landete der Ball bei Benjamin Pavard, dessen Flanke nutzte Lewandowski am Fünfmeterraum per Kopfball zur Führung. Es war das 15. Saisontor für Lewandowski im elften Spiel. Der Stürmer baute so seinen fantastischen Rekord aus, bisher in allen Ligaspielen getroffen zu haben.
Nach dem Führungstreffer wurden die Bayern stärker. Gefährlich wurde es vor allem, wenn Bayerns Linksverteidiger Alphonso Davies mit aufrückte und Sancho zum Verteidigen zwang. Für den jungen Dortmunder wirkte der Rasen wie nasser Beton, er schlich missmutig und behäbig über das Feld. Womöglich kam sein Einsatz nach der Zerrung im Oberschenkel zu früh. Das sah auch Lucien Favre so. Dortmunds Trainer reagierte noch in der ersten Halbzeit und brachte Raphael Guerreiro für Sancho.
Am Spiel änderte sich dadurch nichts, Bayern trat offensiv immer selbstbewusster und hatte hinten mit Javi Martínez einen Innenverteidiger, der zwar nicht besonders edel, aber sicher die wenigen Angriffe der Dortmunder klären konnte. „Wir hatten unglaubliche Ballverluste“, sagte Favre nach dem Spiel.
Direkt nach der Pause legten die Bayern nach. Müller sprintete auf der linken Seite in Richtung Strafraum, passte quer zu Gnabry und konnte sich freistehend die Ecke des Dortmunder Tores aussuchen. Weil der Videoassistent noch eine Abseitsposition überprüfte, mussten sich die Bayern ein wenig mit dem Jubeln gedulden. Doch dann kam die Nachricht aus Köln und Lewandowski durfte Gnabry beim gemeinsamen Feiern in die Luft heben.
Flick macht weiter
Bayern dominierte das Spiel nun und hatte Chancen im Minutentakt. Gnabry, Lewandowski, Kingsley Coman und Müller verpassten es aber vorerst, die Führung auszubauen. Deshalb glaubte Favre kurzzeitig noch an eine Wendung und brachte mit Marco Reus und Paco Alcácer zwei neue Offensivspieler. Alcácer vergab kurz darauf die beste Dortmunder Chance. Bayern-Coach Hansi Flick wechselte ebenfalls, Thiago und Philippe Coutinho ersetzten Goretzka und Gnabry.
Dann sorgte Lewandowski – wer sonst – dafür, dass die Dortmunder ihre kleine Hoffnung aufgeben mussten. Der Stürmer traf nach einem herrlichen Doppelpass mit Müller zum 3:0. Dortmund leistete kaum noch Gegenwehr. Hummels fälschte eine Hereingabe vom eingewechselten Ivan Perisic sogar zum 4:0 ins eigene Tor ab. „Wenn du hier 4:0 gewinnst, bei der Kulisse – viel Schöneres gibt es nicht“, sagte ein gut gelaunter Müller.
Nach dem Schlusspfiff gab es von den Bayern-Fans Standing Ovations. Das war auch Karl-Heinz Rummenigge aufgefallen. Der Vorstandsvorsitzende nannte auch die Fans als einen Grund, dass er bei Hansi Flick als Trainer ein gutes Gefühl hat. Er kündigte an, dass man „bis auf Weiteres“ mit dem Nachfolger von Niko Kovac weitermachen werde: „Hansi hat vor dem Spiel gesagt, die zwei Spiele sind jetzt erstmal die Ziellinie. Die Ziellinie hat er heute bravourös überschritten.“
Laurenz Schreiner