Performance Manager, Sportdirektor, Kurzzeit-Trainer: Arne Friedrich hört zum Saisonende bei Hertha BSC auf
Nach zweieinhalb Jahren wird Schluss bei Hertha BSC sein. Arne Friedrich verlängert seinen Vertrag als Sportdirektor beim Fußball-Bundesligisten nicht.
Und dann war er plötzlich auch Trainer. Im Frühjahr 2021, die sportliche Situation im Abstiegskampf war bei Hertha BSC noch angespannter als in dieser Saison. Nachdem Pal Dardai positiv auf das Coronavirus getestet worden war, übernahm Arne Friedrich dessen Posten. „Ich hatte kein Spiel, aber habe zumindest mal ein Training geleitet. Da bin ich sehr stolz drauf“, sagte Friedrich in einer Medienrunde am Dienstag rückblickend mit einem Lachen.
Kurz zuvor hatte Hertha BSC mitgeteilt, dass Friedrich seinen auslaufenden Vertrag als Sportdirektor nicht verlängern und den Verein am Saisonende verlassen werde. Bereits Ende Februar wird Benjamin Weber aufhören, der 18 Jahre im Verein war. Der Leiter von Herthas Fußball-Akademie geht nach Vereinsangaben „auf eigenen Wunsch“.
Das gelte auch für Friedrich, wie Sportgeschäftsführer Fredi Bobic betonte. „Das ist bedauerlich, müssen wir aber akzeptieren.“ Ob die Stelle neu besetzt wird oder es zu einer Aufgabenverteilung kommt, ist offen. Verwerfungen habe es „überhaupt nicht gegeben, das kann ich gleich ausschließen“, sagte Friedrich: „Ich habe eine unglaublich tolle Zeit gehabt.“
Das von ihm angesprochene sehr kurze Trainer-Kapitel – bevor Herthas Mannschaft zwei Wochen komplett in Quarantäne musste – fiel in eine Zeit, als er für fast alles zuständig war. Angestrebt hatte Friedrich all das nicht, als er Ende 2019 zurückkam. Von 2002 bis 2010 hatte er für Hertha gespielt, war Kapitän der Mannschaft.
Bei Trainer Jürgen Klinsmann wurde Friedrich Performance Manager. Klinsmann war schnell wieder weg, Friedrich wurde später Sportdirektor. Ende Januar 2021, nach der Trennung von Manager Michael Preetz, hatte er auf einmal die komplette sportliche Verantwortung. In einem Verein, der viel Geld von Investors Lars Windhorst erhalten hatte, verbunden mit großen Erwartungen an bessere sportliche Zeiten. Doch auf dem Rasen passte wenig zusammen.
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Neben Preetz hatte auch Trainer Bruno Labbadia gehen müssen, Pal Dardai übernahm. Dieser schaffte die Wende auf dem Rasen, Friedrich moderierte die Krisensaison souverän nach außen. Er, der als Spieler in Interviews meist ziemlich wenig gesagt hatte, schaffte es, Hertha einen frischen, offeneren Anstrich zu verpassen.
Die amerikanische Art habe ihm sehr geholfen, hat der frühere Nationalspieler mal gesagt. Er hatte in den USA unter anderem seine Karriere beendet. „Arne arbeitet intensiv an den richtigen Sachen, ist kommunikationsfähig, nach innen, nach außen. Ich arbeite sehr gern mit ihm zusammen“, sagte Carsten Schmidt, seinerzeit Vorsitzender der Geschäftsführung, im vorigen Jahr.
Am Ende der Saison 2020/21 stand der Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga. Klingt recht dürftig gemessen an Herthas Ambitionen, war aber unter den gegebenen Umständen ein großer Erfolg. „Zwischendurch war auch Zeit, sich zu freuen, wir haben den Abstieg verhindert in einer nicht ganz einfachen Situation“, sagte Friedrich am Dienstag.
Nicht ganz einfache Situationen zogen sich in verschieden starken Ausprägungen durch seine gesamte Zeit bei Hertha. Dazu passt Friedrichs folgender Satz: „Ich habe viele Trainer kennengelernt und viele Spieler.“ Es herrschte ein Kommen und Gehen, Ruhe und Kontinuität kam aber nicht rein.
Im Sommer trat Arne Friedrich einen Schritt zurück
Seit dem Sommer trägt Bobic die Verantwortung, brachte viele neue Mitarbeiter mit. Friedrich rückte einen Schritt zurück. Er war weiterhin oft bei den Trainingseinheiten am Platz, eng an der Mannschaft dran, stand außerdem stets im Austausch mit Bobic. Dessen Engagement bei Hertha „war für mich einer der Gründe, hierzubleiben“, sagte Friedrich im letzten Jahr.
Dass er nach außen weniger in Erscheinung trat, sei kein Problem, versicherte Friedrich. Präsident Werner Gegenbauer hatte zu dieser Thematik im Herbst in einem Interview mit dem Podcast Hertha Base gesagt: „Wenn du nicht Chef werden willst, musst du damit leben, dass du einen anderen kriegst. Die beiden kommen gut aus, aber natürlich kommt er nicht mehr so viel vor.“
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Schon nach der vorigen Saison hatte Friedrich länger überlegt, ob er bei Hertha bleiben soll. Es sei nie seine Lebensplanung gewesen, in den Profifußball zurückzukehren. Auf die Frage, ob er das Gefühl hatte, noch nicht mit dem fertig zu sein, was er angefangen habe, antwortete der 42-Jährige zu Saisonbeginn in einem Tagesspiegel-Interview: „Es war auch so, dass ich meinen Job noch nicht als erledigt angesehen habe, weil in diesem Sommer ein ganz großer Umbruch stattgefunden hat. Mit vielen neuen Mitarbeitern, denen ich den Einstand erleichtern wollte.“
Nun hat er sich entschieden, aufzuhören. „Ich habe vom ersten Tag an versucht, meinen Beitrag zu leisten, dass Hertha BSC sich stabilisiert. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, das muss man ganz klar sagen. Ich habe das Gefühl, dass hier einiges passiert, auch wenn man es jetzt noch nicht sieht. Ich bin fest davon überzeugt, dass man die Früchte in den nächsten Jahren sieht.“ Er wolle bis zum letzten Tag „Vollgas geben. Wir haben noch einige Aufgaben vor der Brust.“ Die Situation ist mal wieder nicht einfach – und damit nicht neu für Friedrich. Seine Position ist allerdings eine andere, deutlich weniger exponierte, als vor einem Jahr.
Wie es bei ihm selbst weitergeht, darüber wolle er ab Sommer nachdenken: „Ich werde daran jetzt noch nicht einen Gedanken verschwenden. Es gibt einige Projekte, an denen ich gearbeitet habe, bevor ich hier unterschrieben habe. Da werde ich die Arbeit sicher wieder aufnehmen.“ Unter anderem hat er eine eigene Stiftung, in der er sich für Kinder und Jugendliche engagiert. Und: „Es ist kein Geheimnis, dass die USA für ihn eine wichtige Rolle spielen und wir arbeiten gemeinsam daran, zu schauen, wie er dort für uns zukünftig eine Hilfe sein kann“, sagte Bobic.