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„Wenn wir neue Spieler dazuholen, dann müssen sie uns weiterbringen“, sagt Herthas neuer Sportdirektor Arne Friedrich.
© Soeren Stache/dpa

Erst Performance Manager, nun Sportdirektor: Was Arne Friedrich mit Hertha BSC vorhat

Herthas Ex-Kapitän blickt auf eine reichhaltige Erfahrung als Profi zurück. Das dürfte ihm als Sportdirektor bei seinen ehrgeizigen Zielen mit dem Klub helfen.

Frankreich wäre jetzt schön, nur für ein paar Tage. Ein bisschen übers Meer schauen. Abstand gewinnen, mal durchpusten, frische Gedanken finden. Und dann mit Volldampf in die neue Aufgabe stürzen. Sagt Arne Friedrich, und tut es auch.

Ein bisschen hatte es sich in den vergangenen Tagen angekündigt. Wann und wo immer Hertha BSC in den weitgehend menschenleeren Stadien auftrat, war Arne Friedrich mit dabei. Der 41-Jährige war im vorigen November auf Bitten Jürgen Klinsmanns zu Hertha zurückgekehrt und firmierte seitdem unter der etwas übersteuerten Funktionsbezeichnung „Performance Manager“. Nun ist Arne Friedrich zum Sportdirektor befördert worden.

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Genau das aber wollte er eigentlich nie, als eine „feste Institution“ für einen Verein arbeiten. „Jetzt jedenfalls nicht“, sagte Friedrich. Das ist jetzt eineinhalb Jahre her. Dann kam ihm im vorigen November der Anruf von Jürgen Klinsmann dazwischen, der Friedrich seine Freiheit und seine Unabhängigkeit kostete. Der frühere Bundestrainer Klinsmann, der im vorigen Herbst bei Hertha als Trainer eingesprungen war, wollte den früheren Nationalspieler mit Hertha-Vergangenheit gern mit an Bord haben.

Friedrich war dafür zuständig, Potenziale der Spieler und der Gruppe zu erkennen und zu entwickeln. Das umfasste sämtliche Bereiche, angefangen beim athletischen über den fußballerischen und medizinischen bis hin zum persönlichen.

Vor allem unter dem am Ostermontag als Trainer installierten Bruno Labbadia habe Friedrich richtig Gefallen an seinen Aufgaben gefunden, die nun erweitert werden. „Es war nicht geplant, in den aktiven Fußball zurückzukehren“, erzählt Friedrich in einer Videorunde am Montag. Er sei da reingerutscht, „es soll jetzt so sein, die Zeit ist reif.“

Nach seinem Abschied aus Berlin im Jahr 2010 sei der Kontakt zum Verein nie abgerissen. Wann immer er in der Stadt war, habe er Hertha besucht. Mit der Klubführung habe man immer wieder überlegt, wie er sich bei Hertha einbringen könne. Bis Klinsmann rief.

Friedrich besitzt einen Erfahrungsschatz aus 13 Profijahren

Friedrich verfügt über einen Erfahrungsschatz aus 13 Profijahren. Zwei Jahre spielte er als Profi für Arminia Bielefeld (eine Zweitliga-Saison mit Labbadia), acht Jahre für Hertha, wo er von 2004 an bis zu seinem Weggang 2010 Kapitän war. 82 Länderspiele hat er als Verteidiger für Deutschland bestritten, eins mehr als Bernd Schneider, Wolfgang Overath oder Karlheinz Förster. Schließlich war Friedrich über den VfL Wolfsburg in der Major League Soccer bei Chicago Fire gelandet, wo er seine aktive Karriere ausklingen ließ.

Anschließend machte Friedrich den Fußball-Trainerschein, erst die B- dann die A-Lizenz. Zwischen 2014 und 2016 arbeitete er als Co-Trainer der deutschen U-18-Auswahl, und immer wieder kommentierte er als Experte für das chinesische Fernsehen die deutschen Spiele bei der WM 2014 und WM 2018. „Ich habe wahnsinnig positive Erfahrungen als Sportler gemacht, aber auch schwierige Momente durchlebt, Rückschläge, Brüche“, hat Friedrich einmal erzählt.

Heute sagt er, dass ihm der Abstand zum aktiven Fußball weitergebracht habe. Gerade in den USA, wo er noch heute seinen Zweitwohnsitz hat, habe er seinen Horizont erweitert, zahlreiche Projekte angeschoben und Stiftungen beaufsichtigt. „Jetzt habe ich eine Position, in der ich anpacken kann. Ich habe richtig Lust drauf“, sagt Friedrich.

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Vor allem die Wochen mit Bruno Labbadia und dessen Trainerteam haben ihn zu diesem Schritt veranlasst. Wie „erfolgsbesessen“ dieser sei, habe er schon damals in Bielefeld erlebt, als Labbadia seine letzte aktive Saison spielte. Jetzt, in Berlin, habe er ihn als Trainer erlebt, wie leidenschaftlich er arbeite, „von sehr früh bis spät abends – Bruno ist ein Arbeitstier“.

Gemeinsam werde man nun die Grundlagen für die neue Spielzeit legen. Es wird eine werden, die immer noch nicht frei sein wird von den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie. „Der Transfermarkt wird kompliziert werden“, sagt Friedrich. „Niemand weiß, wie die Preise sein werden. Niemand weiß, wer Spieler abgeben will. Die Transferperiode wird länger dauern.“ Es gebe viele Herausforderungen, die bewältigt werden müssten. „Wenn wir neue Spieler dazuholen, dann müssen sie uns weiterbringen“, sagt Friedrich. „Wir suchen Qualität“, jeder Kauf müsse gut überlegt sein.

„Wir wollen nach oben zurück“, sagt Friedrich

„Wir wollen nach oben zurück“, sagt er. Eine solche Saison, wie die abgelaufene, in der Hertha lange gegen den Abstieg spielte und auch sonst allerlei Turbulenzen zu überstehen hatte, „werden wir auf keinen Fall noch mal erleben“. Wo Hertha landen werde, könne er nicht sagen, „aber eins kann ich versprechen, dass wir hart arbeiten werden, um qualitativ guten Fußball zu zeigen“.

Das alles werde er in enger Abstimmung mit Michael Preetz, dem Geschäftsführer Sport, tun. Die Rollenverteilung sei klar geregelt, Preetz sei sein direkter Vorgesetzter. „Es war Michaels Wunsch eine weitere Ebene einzuziehen, die ihn unterstützt. Für mich hat das Größe, für mich ist das keine Entmachtung von Michael Preetz“, sagt Friedrich. Natürlich sei man nicht immer einer Meinung, aber genau das sei gewollt und förderlich. „Es gibt einiges zu tun, und daran werden wir uns messen lassen.“

Jetzt aber wird er erstmal in den Urlaub fahren. Für neun Tage. Nach Frankreich ans Meer. Mit dem Auto.

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