Borussia Mönchengladbach: André Schubert: Kursbester für den Klassenschlechtesten
André Schubert soll bei Borussia Mönchengladbach den Übergang nach der Ära Favre moderieren. Vor seinem Bundesligadebüt gegen Augsburg gibt er sich aufgeräumt und klar strukturiert.
Mehmet Scholl hat das Publikum in seiner aktiven Zeit als Fußballer nicht nur mit seinen Fähigkeiten auf dem Platz unterhalten, ihm sind auch immer wieder mal abseits des Rasens ein paar rhetorische Hackentricks geglückt. Es ist auch noch nicht lange her, dass Scholl den deutschen Wortschatz um den Begriff „Kursbestergesicht“ bereichert hat. Kursbestergesichter sind für ihn die Streber im Trainerlehrgang, die zwar über wenig praktische Erfahrung als Fußballprofi, dafür aber über umso mehr theoretisches Wissen verfügen. Bei Mehmet Scholl verhält es sich genau umgekehrt, deshalb mag er die Kursbestergesichter offenbar nicht besonders. Ob man aus seiner Antipathie allerdings auch Rückschlüsse auf die fachlichen Qualitäten eines Trainers ziehen kann, ist eine andere Frage.
Bei Borussia Mönchengladbach haben sie jetzt auch ein Kursbestergesicht in leitender Position. Es gehört André Schubert, der bis Montag als Trainer der U 23 ein Leben fernab des öffentlichen Interesses geführt hat – bis ihm die Aufgabe übertragen wurde, als Nachfolger des zurückgetretenen Lucien Favre übergangsweise die Gladbacher Profis zu betreuen. Schubert hat den Trainerlehrgang 2004 als Kursbester abgeschlossen und anschließend unter anderem die Zweitligisten Paderborn und St. Pauli trainiert.
Am Dienstag hatte Schubert bei der üblichen Spieltagspressekonferenz seinen ersten Auftritt in neuer Funktion, und eins konnte man ihm dabei sicher nicht vorwerfen: dass er besonders streberhaft gewirkt hätte. Der 44-Jährige hat auch der Versuchung widerstanden, die neue Aufgabe zur großen persönlichen Chance umzudeuten, sich für eine dauerhafte Beschäftigung als Cheftrainer zu empfehlen. Es gibt in dieser Frage eine klare Absprache mit der Klubführung: Schubert ist und bleibt der Mann für den Übergang – bis Sportdirektor Max Eberl einen passenden Nachfolger für Favre gefunden hat. Das heißt allerdings nicht zwingend, dass André Schubert nur ein paar Tage als Ersthelfer einspringen muss. Sportdirektor Eberl geht von einer komplizierten Trainersuche aus; er wollte nicht einmal ausschließen, dass sich die Angelegenheit bis zur Winterpause hinziehen könnte.
Schubert konnte nur einmal mit dem Team trainieren
Schubert gab sich vor seinem Bundesligadebüt gegen den FC Augsburg (Mittwoch, 20 Uhr) aufgeräumt und klar strukturiert. So ähnlich erhoffen sie sich das in Mönchengladbach von ihrem Interimstrainer auch im Umgang mit der Mannschaft, von der Eberl tags zuvor gesagt hatte, dass sie nun einen neuen Reiz und ein neues Gefühl brauche. Es ist ja offenkundig, dass Borussias Fußballer als Tabellenletzter der Bundesliga und nach nunmehr sechs Pflichtspielniederlagen hintereinander zuletzt alles andere als ein gutes Gefühl hatten. Der Mannschaft fehlt es an Mumm. Das Selbstvertrauen ist komplett flöten gegangen, der Zug zum Tor weg, die Entschlossenheit im Zweikampf verschwunden.
Natürlich wolle er nicht alles auf links drehen, sagte Schubert; auch er sei ein Freund des Ballbesitzes. Aber aktiver wünscht er sich sein Team, nach vorne wie nach hinten. „Wir sind zu passiv im Defensivverhalten“, erklärte Schubert. „Wir können sicher mal defensiver spielen, aber wir dürfen nie passiv werden. Ein Zweikampf ist immer aktiv, ist immer aggressiv.“
Vor dem Heimspiel gegen den FC Augsburg, gegen den die Gladbacher zuletzt dreimal hintereinander verloren haben, blieb dem neuen Trainer allerdings nur eine einzige Trainingseinheit. Ausführliche Zweikampfschulung passte da nicht ins Programm. „Das muss im Kopf passieren“, sagte Schubert. Im Kopf muss bei Borussias Spielern vermutlich einiges passieren.