Torhüter von Hertha BSC überzeugt: Alexander Schwolow ist jetzt endlich zu Hause
Alexander Schwolow erlebt eine komplizierte Premierensaison bei Hertha BSC. Seit seiner Rückkehr ins Tor aber ist er ein sicherer Rückhalt.
Am Mittwoch, einen Tag vor dem Spiel gegen den SC Freiburg, ist Pal Dardai von Alexander Schwolow zur turnusmäßigen Pressekonferenz begleitet worden. Das lag auf der Hand. Zum einen, weil Schwolow zwei Tage zuvor als Torhüter nicht unwesentlich dazu beigetragen hatte, dass sich Hertha BSC gegen Mainz 05 im Abstiegskampf einen wichtigen Punkt sichern konnte. Zum anderen, weil der SC Freiburg sein Ex-Klub ist.
Am Samstag, am Tag vor Herthas Spiel gegen Arminia Bielefeld (18 Uhr/Sky), hätte Schwolow seinen Trainer eigentlich gleich wieder zur Pressekonferenz begleiten können. Zum einen hat er gegen Freiburg nicht unwesentlich zum 3:0-Sieg des Berliner Fußball-Bundesligisten beigetragen. Zum anderen ist auch Arminia Bielefeld ein Ex-Klub Schwolows.
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Das ist möglicherweise nicht ganz so bekannt, vielleicht auch, weil Schwolow leihweise nur ein Jahr für die Arminen, damals noch in der Dritten Liga, gespielt hat. In Berlin könnte die allgemeine Ignoranz allerdings auch mit einem Phänomen namens Verdrängung zu tun haben. „Irgendwie haben die Leute das hier vergessen“, hat Schwolow selbst im vergangenen Sommer erzählt und gelacht. „Ich weiß auch nicht, warum.“
Im Oktober 2014 ist er seinem aktuellen Arbeitgeber zum ersten Mal begegnet. Hertha, frisch in die Bundesliga aufgestiegen, traf im DFB-Pokal auf Bielefeld – und schied am Ende aus, weil Arminias Torhüter im Elfmeterschießen die Schüsse von Julian Schieber und Sandro Wagner parieren konnte. Ja, Alexander Schwolow hat seiner Mannschaft Spiele gewonnen.
Diese Fähigkeit war in Berlin zwischenzeitlich ein wenig in Vergessenheit geraten. Der neue Torhüter, im Sommer für sieben Millionen Euro aus Freiburg zu Hertha gewechselt, hat es in den ersten Monaten in Berlin nicht schlecht gemacht, hat meist solide gehalten, aber eben auch selten überragend gut. „Er hatte mit Sicherheit die eine oder andere unglückliche Phase, aber das war nicht immer unbedingt seine Schuld", sagt Herthas Sportdirektor Arne Friedrich. „Er hatte nicht das Momentum auf seiner Seite. Aber irgendwann dreht sich das Momentum.“
Pal Dardai setzte Schwolow auf die Bank
So wie in den jüngsten beiden Spielen. In Mainz, bei Herthas Re-Start nach der Quarantäne, bewahrte Schwolow sein Team mit einer glänzenden Parade gegen Adam Szalai vor dem frühen Rückstand; gegen Freiburg verhinderte er kurz nach der Pause mit einem starken Reflex den Anschluss der Gäste. „Ich habe das Gefühl, er ist jetzt angekommen“, sagt Friedrich.
Schwolows erste Saison bei Hertha hat Tiefen und Höhen und ist zudem einigermaßen skurril verlaufen. Als Pal Dardai Ende Januar auf die Trainerbank zurückkehrte, war seine erste Amtshandlung, die bisherige Nummer eins durch den Routinier Rune Jarstein zu ersetzen. Dabei war die Torhüterposition ganz sicher nicht Herthas größtes Problem. Das 3:0 gegen Freiburg war immerhin Schwolows sechstes Zu-Null-Spiel in dieser Saison, bei gerade 22 Einsatzen. Prozentual ist sein Wert damit besser als der von Nationaltorhüter Manuel Neuer bei den Bayern.
„Ich bin sehr zufrieden mit ihm“, sagt Trainer Dardai. „Ich habe volles Vertrauen. Und er zahlt es zurück.“ Den Wechsel im Tor hatte der Ungar nicht mit sportlichen Verfehlungen begründet, sondern mit fehlendem Spielglück. Schwolow gehöre weiterhin die Zukunft, und auch wenn er im Moment nicht spiele, so bleibe er doch die Nummer eins. Und Dardai beließ es nicht bei warmen Worten, sondern konterte die Degradierung des Torhüters zugleich mit dessen Beförderung in den Mannschaftsrat.
„Er musste leiden“, sagt Dardai
Und trotzdem: „Ich habe zwei, drei Tage gebraucht, um das zu verdauen“, erzählt Schwolow. „Aber das sind Situationen, an denen du wachsen kannst.“ Wie der 28-Jährige mit seiner Zurückstufung umgegangen ist, das hat ihm bei Hertha zusätzliche Achtung eingebracht. „Er musste leiden“, sagt Dardai.
Aber Schwolow hat sein Leid und seinen Schmerz nicht nach außen getragen. Er widerstand der Versuchung, die eigenen Interessen über das Wohl der Mannschaft zu stellen. Dardai lobt daher nicht nur seine Fähigkeiten als Torhüter, sondern auch seine menschlichen Qualitäten: „Er ist ein intelligenter Sportler.“
Am Ostersonntag, im Derby beim 1. FC Union, hat Schwolow dann seine persönliche Auferstehung erlebt. Weil sich Rune Jarstein mit dem Coronavirus infiziert hatte, kehrte er ins Team zurück. Und daran wird sich bis zum Saisonende auch nichts mehr ändern. „Alex ist ein hervorragender Torhüter“, sagt Sportdirektor Friedrich. „Er arbeitet sehr akribisch und hat uns in den letzten Spielen auch die Punkte festgehalten.“ Viermal stand Alexander Schwolow jetzt wieder im Tor. Kein einziges dieser Spiele hat Hertha verloren.