PNN-Olympiaserie "Rio ruft" - die Potsdamer Teilnehmer: Zwischen Genuss, Ziel und Traum
Christian Diener ist zum ersten Mal bei Olympischen Spielen dabei. Der Rückenschwimmer des Potsdamer SV erhofft sich tolle Momente im Becken – und abseits davon. Auf dem Weg nach Rio hat der Vize-Europameister gegen viele Schmerzen angekämpft.
Sein letztes anstrengendes Wettkampfrennen vor den Olympischen Spielen 2016 liegt erst wenige Minuten zurück, da steht Christian Diener am Beckenrand und denkt bereits an die nächsten Strapazen. „Jetzt wird noch mal richtig rangeklotzt für Rio“, sagt der Schwimmer des Potsdamer SV. Ein Satz, mit dem er für Begeisterung beim neben ihm postierten Bundestrainer Henning Lambertz sorgt. Über dessen Gesicht legt sich ein breites Grinsen, seine Daumen reckt er nach oben, als wolle er damit ausdrücken: „So sieht es aus. Das ist die Einstellung, die wir auf dem Weg zum Erfolg brauchen.“
Wer Christian Diener kennt, weiß, dass die Aussage keine Phrase ist, um irgendwie Pluspunkte zu sammeln. Vielmehr spricht da tatsächlich seine Grundhaltung aus ihm. Der 23-Jährige ist jemand, der beileibe nicht nur auf sein Talent vertraut, sondern ungemein hart trainiert, sich tagtäglich in den Grenzbereich der körperlichen Belastbarkeit manövriert. „Es ist eine meiner Stärken, gegen die Übersäuerung der Muskulatur und den Schmerz anzukämpfen“, meint er.
"Die letzten 50 Meter sind einfach eine Tortur"
Gerade auf seiner Paradestrecke 200 Meter Rücken, über die er sich für Rio qualifiziert hat, bedarf es dieser Fähigkeit. Denn: Diese Distanz tut richtig weh. Der gebürtige Cottbuser, der im Jahr 2005 auf die Sportschule nach Potsdam kam, beschreibt es: „Die ersten 50 Meter fühlen sich an, als würde man fliegen. Bis 100 geht es auch noch. Dann muss man schon anfangen, zu beißen. Und die letzten 50 Meter sind einfach eine Tortur. Die Beine werden dick und die Arme schwer – da geht eigentlich nichts mehr.“
An diesen Punkt steuert Christian Diener auch immerzu im Training, um sich zu verbessern. Viele Serien absolviert er, bei denen als Teilstrecke 50 Meter angesetzt sind – Tempo und Intensität sind dort besonders hoch. „Das bringt mir deutlich mehr, als ganze 200er im Training zu schwimmen“, urteilt der Sportsoldat, der im Herbst an der Europäischen Sportakademie in Potsdam ein duales Studium aufnehmen möchte. Die positive Wirkung der anspruchsvollen Übungseinheiten unter Leitung von Coach Jörg Hoffmann waren in dieser Saison nicht zu übersehen. Diener hat mehrfach bewiesen, dass er die Geschwindigkeiten besser über die vier Bahnen hinweg halten kann. „Man erkennt das auch insgesamt an meinen Zeiten – die sind stabiler geworden.“ Fast bei all seinen Starts erreichte er ein gutes Niveau, indem er unter 1:59 oder gar 1:58 Minute blieb.
Diener möchte sich vom olympischen Geist tragen lassen
Und so erfüllte er auch die Olympianormen mit größter Souveränität. Dass der Fan des Fußballvereins Energie Cottbus in Rio an seinen ersten Sommerspielen teilnehmen wird, ist der nächste, fast schon logische Schritt einer sukzessiven Weiterentwicklung, die er in den vergangenen Jahren genommen hat. 2011 wurde Christian Diener Junioren-Weltmeister und dreifacher -Europameister. Danach folgten erste Erfahrungen bei Kurzbahn-Europameisterschaften der Erwachsenen, wo der Mann mit der starken Unterwasserphase nach Start und Wende auch seine ersten internationalen Medaillen sammelte. 2014 gelang ihm mit Silber bei der Langbahn-EM in Berlin der bislang größte Erfolg und vergangenes Jahr nahm der Bundeskaderathlet als Neuntplatzierter der Weltmeisterschaft Tuchfühlung zur absoluten Elite auf.
Mit der wird er sich nun auch im gigantischsten sportlichen Rahmen überhaupt auseinandersetzen. Bei Olympia. Ein Erlebnis, dass Diener „mit dem ganzen Drum und Dran einfach genießen“ möchte. Doch natürlich will er auch noch mehr. Ganz ohne konkrete Zielstellung reist der Potsdamer nicht zu seinem Debüt unter den fünf Ringen: „Ich bin der Meinung, jetzt kann wieder ein Sprung bei meiner Bestzeit kommen.“ Sein persönlicher Rekord auf der 200-Meter-Strecke – 1:57,16 Minute – stammt noch vom EM-Finale 2014. Wenn er kommenden Monat auf dem Rücken durch Rios Wasser zieht, soll möglichst ein neuer Top-Wert herausspringen. „Und wer weiß“, sagt Christian Diener und offenbart damit einen insgeheimen Traum, „vielleicht trägt mich der olympische Geist ja dann sogar bis ins Finale.“
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