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Die Zahlen auf der Anzeigentafel stimmten unzufrieden. Christian Diener schied über 100 Meter Rücken im Vorlauf aus, auf der doppelt so langen Distanz fehlte ein Wimpernschlag zum erhofften Finaleinzug.
©  dpa

Sport: Debütanten zahlen Lehrgeld

Bei der Schwimm-WM in Kasan lief es nicht rund für Christian Diener und Carl Louis Schwarz

Kasan - Christian Diener starrt reglos auf den Ergebnis-Bildschirm. Er kann den Blick nicht von den Zahlen abwenden, die er dort sieht. Der Potsdamer hatte bei der Schwimm-WM im russischen Kasan über 200 Meter Rücken sein erstes WM-Finale um fünf Hundertstel verpasst, eine Winzigkeit auf den vier Bahnen Rücken. Oder ein Wimpernschlag, wie es Diener nannte, nachdem er sich von den ernüchternden Zahlen lösen konnte.

„Das ist bitter. Es war eigentlich ein gutes Rennen, ich war überall ein bisschen schneller als heute Morgen“, bilanzierte der 22-Jährige. „Ich hatte mir ein bisschen mehr erhofft.“ Zumal sich der Vorlauf für Diener noch „ziemlich locker“ angefühlt habe. Eine gute Nachricht für ihn, sei es doch „ziemlich schwer“ gewesen, sich nach den enttäuschenden 100 Meter Rücken, die er als 24. beendete, wieder aufzurappeln.

„Da habe ich ganz schön durchgehangen, auch mental“, gab der ehrgeizige Athlet zu, schließlich habe er sich auch für die Lagen-Staffeln empfehlen wollen. Und so sei er zwar „sehr begeistert“ gewesen, dass die Mixed-Lagenstaffel überraschend Bronze aus dem Becken fischen konnte, gleichzeitig wäre er aber auch gerne der Rückenschwimmer statt nur der Anfeuerer gewesen.

Trainer Jörg Hoffmann erklärte das überraschende Vorlauf-Aus seines Schützlings auf die ihm eigene, markige Art: „Der ist Tage vorher schon so heiß gewesen, dass er einfach geplatzt ist. Der hat eine Frequenz an den Tag gelegt, die war viel höher als sonst, er hat gar kein Wasser mehr mitgenommen, er hat nur noch rot in den Augen gehabt und ist losgegangen.“

Genau das Gegenteil von dieser unökonomischen Art hatte Diener dann über 200 Meter abgeliefert. Da sollte er disziplinierter schwimmen, war dann aber bei den Frequenzen unter dem geblieben, was er im vergangenen Jahr bei seinem silbernen EM-Rennen gezeigt hatte. Die Kritik, die damals auf seinen Schützling eingeprasselt sei – „so kann man doch kein 200-Meter-Rennen schwimmen, so von vorne weg“ – habe Diener sich sehr zu Herzen genommen. „Und jetzt schwimmen die hier alle so“, monierte Hoffmann. „Die Hälfte von denen bricht zwar gerade noch hinten weg, aber nächstes Jahr kommen die alle durch.“

Nächstes Jahr, das ist Rio de Janeiro, das ist Olympia, das ist die ganz große Sportbühne unter den fünf Ringen, das ist es, was für einen Schwimmer zählt, und wofür auch Diener lieber bei einer vorolympischen WM Lehrgeld zahle, um dann im kommenden Jahr alles besser zu machen.

Auch der zweite Potsdamer im deutschen WM-Bunde konnte sich seinen Traum vom ersten WM-Finale nicht erfüllen. Carl Louis Schwarz hatte sich zwar über 50 Meter Rücken als Gesamt-Neunter für den abendlichen Halbfinalabschnitt empfohlen, doch danach war für den 19-Jährigen als Gesamt-Fünfzehnter Schluss. Dabei hatte Schwarz lange auf seinen ersten Start warten müssen, was ihm nicht immer leicht gefallen sei. „Es ist schon schwer, da die Form aufrechtzuerhalten“, sagte der gebürtige Schweriner. Doch er habe die Zeit auch genossen, die Stimmung im Team, die WM-Atmosphäre. „Das motiviert natürlich auch.“ Und doch sagt er: „Wenn man als achtschnellster Schwimmer anreist, will man auch mindestens als achtschnellster wieder heimfahren.“

Jörg Hoffmann ist zufrieden mit der Leistung seines zweiten WM-Debütanten, habe er auf der unberechenbaren Sprintstrecke im vergangenen Jahr doch einen großen Sprung gemacht. „Er wollte im Halbfinale etwas zu viel und hat hinten dann zu hart gezogen.“ Kalle, wie ihn die Teamkollegen nennen, habe eben noch nicht die nötige Abgeklärtheit für ein Sprintrennen „und da gehst du dann auch schnell mal über die Grenze“.

Hoffmanns Trainingsgruppe verabschiedet sich nun zunächst für drei Wochen in den Urlaub, bevor dann die Vorbereitung für die kommende Saison beginnt, die dann bestenfalls für mehr als nur zwei Potsdamer in Rio de Janeiro enden soll. Sabrina Knoll

Sabrina Knoll

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