VfL Potsdam vor dem Heimspiel gegen die Mecklenburger Stiere Schwerin: Wenn die Adler erst einmal in den Brunnen gefallen sind
Der Saisonstart des Handball-Drittligisten VfL Potsdam verlief alles andere als gut. Nun empfängt das Team die Mecklenburger Stiere Schwerin und kämpft dabei gegen eine Negativspirale an.
Beim VfL Potsdam sind sie mit ihren Männern öffentlich durchaus hart ins Gericht gegangen. Nach der heftigen 24:36-Auswärtsniederlage vergangenen Sonntag beim Dessau-Rosslauer HV, der höchsten Liga-Schlappe des VfL seit rund sechseinhalb Jahren, hieß es im offiziellen Spielbericht des Brandenburger Handball-Drittligisten: „In dieser Höhe zu verlieren, ist eine Einstellungs- und/oder Qualitätsfrage.“ So möchte Potsdams Trainer Daniel Deutsch die Pleite selbst nicht begründen. Sein Team sei zwar nicht so hochkarätig besetzt wie der Zweitliga-Absteiger aus Sachsen-Anhalt, habe aber viel Potenzial. „Und wir haben auch eine ordentliche Mentalität“, sagt er. „Aber das Selbstvertrauen ist uns verloren gegangen – in Dessau wurde das deutlich.“
Mit dem angekratzten Bewusstsein fürs eigene Können empfangen die Adler am Sonntag einen selbst ernannten Aufstiegskandidaten, die Mecklenburger Stiere Schwerin (Beginn: 16 Uhr/MBS-Arena). „Das ist natürlich alles andere als einfach. Doch genau jetzt können wir zeigen, wozu wir fähig sind. Ich fordere eine Trotzreaktion“, betont Deutsch. Wenngleich ihm klar ist, dass das nach den Rückschlägen in der Saisonstartphase leicht gesagt ist. „Wie heißt es: Wenn das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen ist,...“, sinniert Deutsch über die schrittweisen Dämpfer, die seiner Mannschaft zugesetzt haben.
Schon am ersten Spieltag war ein Heimsieg gegen Top-Team Hildesheim greifbar, am Ende mussten sich die Gastgeber mit einem Remis abfinden. Danach unterlag der VfL beim Aufsteiger Hamburg-Barmbek. „Da bin ich laut geworden, wollte einen Weckruf setzen“, berichtet Deutsch und glaubte angesichts des hart erkämpften Erfolgs daheim gegen den HSV Hannover, „dass es geklappt hat, dass wir jetzt auf den richtigen Weg eingebogen sind“. Falsch gedacht. Vielmehr kam es zu einer Kehrtwende ins Negative, denn bei Schlusslicht HSG Ostsee unterlagen die Potsdamer trotz Vier-Tore-Führung in der zweiten Halbzeit noch mit 26:31. „Das hat meinen Spielern einen richtigen Knacks versetzt – dann ist das in Dessau wieder richtig hochgekommen, als der Druck auf uns stieg“, erläutert Deutsch.
Basis-Handball, um wieder Sicherheit zu finden
Auffällig: Fast immer lag der VfL zur Halbzeitpause in Führung oder in Schlagdistanz, brach dann ein. Ein Konditionsdefizit sei kein Grund, so Deutsch. „Die Jungs sind absolut fit, das beweisen sie im täglichen Training.“ Stattdessen bemängelt er, dass das Team mit zunehmender Spieldauer fahrig wird, vermehrt falsche Entscheidungen trifft, keine Kontrolle mehr hat. „Es geht uns der Fokus verloren“, meint Deutsch. Ein Kopfproblem, das sich schon durch die vergangenen Jahre ziehe. Gerade, wenn man sich in einer Negativspirale befindet, wird es umso schwerer, sich davon zu befreien. Erinnerungen werden wach an Deutschs Debütsaison als Trainer vor zwei Jahren. Damals blieb die talentierte Potsdamer Truppe zu Saisonbeginn sieben Partien lang sieglos, mit jeder Niederlage schrumpfte das Selbstvertrauen Richtung Nullpunkt. „Von diesem extremen Zustand sind wir jetzt noch weit entfernt“, sagt der Coach. Aber dass den Adlern zuletzt so sehr die Flügel lahmten, wenn sie Gegenwind bekamen, stimme ihn schon nachdenklich: „Es ist immer noch eine junge Mannschaft. Allerdings haben wir sie inzwischen über einige Zeit zusammengehalten – da hätte ich gehofft, dass wir mehr Stabilität haben, gefestigter in kritischen Momenten sind.“
Wie kommt nun das Kind wieder raus aus dem Brunnen? Wie vor zwei Jahren, als beeindruckend die Erfolgsspur gefunden wurde, sagt Deutsch: „Jeder muss positiv bleiben, sich über Erfolgserlebnisse im Training Sicherheit verschaffen und dann vor allem in den Spielen auf die einfachen Aktionen setzen.“ Basis-Handball sei angesagt, keine komplizierten Experimente, bei denen die Gefahr des Scheiterns zu groß ist. „Es ist wie beim Kochen“, zeigt sich der Trainer philosophisch: „Die einfachsten Sachen gut gemacht, schmecken am besten.“ Nun erwartet er für Sonntag auch den entsprechenden Erfolgshunger gegen die Stiere.
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