Saisonvorbereitung des VfL Potsdam: Wahnsinnige Leistungsdichte
Handball-Drittligist VfL Potsdam startet ohne großen Personalumbruch die Saisonvorbereitung. Dennoch ist diesmal einiges anders. Und der Trainer mahnt: "Komfort ist der Tod eines jeden Leistungssportlers."
Potsdam - Trotz des freudig munteren Ereignisses hat Daniel Deutsch einen ruhigen Schlaf. Vor wenigen Tagen ist der Trainer des 1. VfL Potsdam zum ersten Mal Vater geworden. Töchterchen Sophia sei „sehr gnädig“ und störe die Nachtruhe nicht allzu sehr. Da dürfte der 37-Jährige das ein oder andere Mal in der vergangenen Saison nach Spielen seiner Mannschaft unruhiger geschlafen haben. „Ja“, bestätigt er nach der Sommerpause, „das musste ich erstmal verdauen.“ Dass die letzten beiden Spiele der Vorsaison verloren gingen und statt des möglichen vierten der sechste Tabellenplatz in der Nordstaffel der 3. Liga als finales Ergebnis stand, hat den ehrgeizigen Coach gewurmt.
Nun geht der Blick nach vorn, wobei Deutsch intensiv analysiert und reflektiert hat, wie er am vergangenen Mittwoch zum offiziellen Trainingsauftakt des Handball-Drittligisten sagte. Drei Wochen habe er sich Zeit genommen, um etwas Abstand zu bekommen, dann habe er sich viele Spiele der vergangenen Saison noch einmal angeschaut, ausgewertet und aufgearbeitet. Mit dem somit gewonnenen Stärke-Schwäche-Profil geht es in die Vorbereitung, ehe am 17. August mit dem DHB-Pokalspiel gegen Zweitligist TUSEM Essen die Saison beginnt.
Vom Aufstieg in die 2. Bundesliga wird nicht gesprochen
Anders als in den vergangenen Jahren war der Trainingsauftakt kein „blind date“, bei dem sich neue und gebliebene Spieler zum ersten Mal sehen. Lediglich Marek Kovacech, Rolando Urios Gonzales und Phil-Lukas Winter haben den VfL verlassen. Kreisläufer Norman Flödl und der Schwede Gabriel Gegerfelt für den rechten Rückraum sind die einzig beiden Neuverpflichtungen. Von beiden Spielern verspricht sich Deutsch spürbare Verstärkung. Der 30-jährige Flödl kommt vom HC Elbflorenz und bringt als Zweitliga-Spieler viel Erfahrung mit, „die uns extrem helfen kann“, hofft Deutsch. Und Gegerfelt, der vom schwedischen Erstliga-Aufsteiger HK Varberg für zwei Jahre an die Havel wechselt und der seine Wurfgewalt als große Stärke nennt, soll sich als effektive Angriffswaffe schnell etablieren. Mit Josip Simic und Torhüter Jan Jochens sind zwei Spieler aus der eigenen A-Jugend in den Kader gerückt, die bereits in der vergangenen Spielzeit mit der ersten Mannschaft trainierten und Drittliga-Einsätze bekamen. „Ich erwarte viel von ihnen, weil sie großen Ehrgeiz und viel Potenzial haben“, so Deutsch.
Mit einer vertrauten Mannschaft zu arbeiten, betrachtet Deutsch als enormen Vorteil, zugleich warnt er aber auch vor einer gewissen „Komfortzone“, wenn Abläufe und Inhalte allzu bekannt sind. „Komfort ist der Tod eines jeden Leistungssportlers“, mahnt er. „Daher müssen wir schauen, wo wir neue Reize und Impulse setzen und wo wir inhaltlich was anders machen“, formuliert er die Aufgabe. Er werde in den kommenden Wochen gemeinsam mit seiner Mannschaft herausarbeiten, „was wir darstellen wollen“, nachdem in den vergangenen zwei Jahren „viel geredet wurde, was möglich ist“. In der Tat: Da wurde wiederholt formuliert, um den Aufstieg in die zweite Liga mitzuspielen. Eine solche Aussage vermeidet Deutsch diesmal, hingegen betont er: „Wir können viel besser werden!“
Selbst ein Aufsteiger meldet Ambitionen für oben an
Anders als in den zurückliegenden zwei Jahren wird Yannik Münchberger die Saisonvorbereitung in vollen Zügen genießen. Erst ein Kreuzband- und dann ein Meniskusriss ließen den VfL-Kapitän in den vergangenen Jahren nur eingeschränkt am Sommertraining teilnehmen. „Das war mental nicht einfach, wenn du dich immer zurückhalten musst“, sagt der Vollgas-Handballer. Zurückhaltung übt er nur beim Formulieren von Zielen. „Ich bin kein Freund von Langzeitzielen, weil sich das so schnell ändern kann“, sagt er und hat noch gut die vorletzte Spielzeit im Blick, in die der VfL mit einer Niederlagenserie gestartet war „und das Ziel plötzlich ein ganz anderes war“.
Unisono verweisen Münchberger und Deutsch auf die nochmals zugenommene Leistungsdichte der 3. Liga. „Wahnsinn ist zwar ein extremes Wort“, so Deutsch, aber in diese Richtung gehe die Entwicklung. Mit Milan Mazic verpflichtete Aufsteiger TuS Vinnhorst den besten Kreisläufer der 3. Liga und unterstreicht damit seine Ambitionen, in der Spielklasse ein Wort mitzureden. Vorjahresmeister Empor Rostock bläst nach der missglückten Aufstiegsrelegation erneut zum Angriff auf Liga zwei – konnte dafür sein Team weitgehend zusammenhalten. Auch die Mecklenburger Stiere Schwerin und Zweitliga-Absteiger Dessau-Roßlau wollen gleichfalls aufsteigen. Der TSV Altenholz gilt seit Jahren zu den starken Kalibern der Nordstaffel. Und nicht zuletzt ist der Oranienburger HC als märkischer Rivale jede Saison eine Herausforderung für den VfL. Nur gegen Oranienburg konnte der VfL vorige Saison gewinnen, ansonsten blieb er gegen die Spitzenteams Punktelieferant. „Diesmal wollen wir gegen die auch Punkte holen“, formuliert Münchberger dann doch als Ziel.
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