Coronavirus in Potsdam: Warten auf die Luca-App
Das Land hat die digitale Corona-Hilfe für Potsdam angekündigt – doch wann es wirklich losgeht, ist offen. Händler reagieren abwartend, Datenschützer haben Fragen.
Potsdam - Die Landeshauptstadt Potsdam gehört seit der vergangenen Woche zu sechs Städten und Landkreisen in Brandenburg, in denen die Luca-App zur Corona-Kontaktverfolgung genutzt werden kann (PNN berichteten). Wann das in der Praxis umgesetzt wird, ist aber noch unklar. Aus dem Rathaus hieß es dazu am Dienstag auf Anfrage: „Es wurde daran gearbeitet, die technischen Voraussetzungen zur Nutzung der Luca-App zu schaffen. Wichtig wird es, wenn die infektiologische Lage Öffnungen beispielsweise im Einzelhandel oder der Außengastronomie wieder zulässt.“
Unklar, was mit dem Potsdamer Modellprojekt passiert
Ebenfalls offen ist derzeit, was mit dem bereits Mitte März auf Initiative der Stadt gestarteten Modellprojekt mit den App-Betreibern wird: „Ob das Modellprojekt aufgrund der landesweiten Einführung der Luca-App fortgesetzt wird, wird derzeit geprüft“, sagte Stadtsprecherin Juliane Güldner den PNN. Im Rahmen des Modellprojektes sollte eine „All-in-One“-Lösung vom Test über Kontaktnachverfolgung bis zur Ticketbuchung entwickelt werden.
Dazu hatte die Stadt einen Kooperationsvertrag „zur kostenfreien Nutzung“ geschlossen – bevor es entsprechende Ankündigungen vom Land gab, wie das Rathaus betont. Dass unterdessen auch die Corona-Warn-App im April um eine Registrierungsfunktion etwa für Geschäfte oder Veranstaltungen erweitert werden soll, wie das Bundesgesundheitsministerium in der vergangenen Woche gegenüber der ARD angekündigt hat, halte man „für absolut richtig“.
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Händler sind resigniert - und warten ab
Bei Potsdams Händlern steht man der Luca-App ohnehin noch abwartend gegenüber. Sowohl Eike Neubarth, Vorsitzender des Innenstadt-Bündnisses Ici Potsdam, als auch Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender des Händlerbündnisses Aktionsgemeinschaft Babelsberg, sehen mit Resignation auf den Kurs der Politik. „Das ist ein sprunghaftes Hin und Her, man kann auf nichts mehr vertrauen“, sagt Neubarth.
„Kein Kunde weiß, was er darf oder nicht darf und ob wir überhaupt offenhaben“, sagt Müller. Konkrete Vorbereitungen für die Einführung der Luca-App ergreife man noch nicht, heißt es von beiden. Es habe zwar Gespräche mit Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gegeben, „aber man wartet erstmal ab, was passiert, bevor man sich reinstürzt in die nächste Investition“, fasst es Neubarth zusammen. Derzeit dürfen die meisten Läden wegen der Notbremse ohnehin nicht öffnen.
Für Gastronomen und Hoteliers könnte die App nach dem – bislang allerdings nicht in Aussicht stehenden – Ende des Lockdowns eine Unterstützung sein. Olaf Schöpe, Präsident des Dehoga-Landesverbandes, sagte den PNN: „Wir befürworten grundsätzlich alles, was dazu führt, dass wir die Betriebe wieder an den Start kriegen.“ Neben den Hygienekonzepten helfe die App, „von der Zettelwirtschaft wegzukommen“, so seine Einschätzung. Mit den verschiedenen Werkzeugen – darunter auch Testkonzepten – könne man den Betrieben „Zukunftsperspektive vermitteln“. Schöpe macht sich um die Akzeptanz bei den Kunden keine Sorgen. Bei der Frage nach der Datensicherheit wolle man aber noch abwarten.
Datenschützer dringen auf dezentrale Speicherung der Daten
In der Tat haben Datenschützer zu der Luca-App offene Fragen. Deswegen gebe man derzeit weder eine Empfehlung, noch rate man ab, sagte Sven Müller, der Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten Dagmar Hartge, den PNN am Dienstag. Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) sieht unter anderem die zentrale Speicherung der Daten als Risiko, wie es in einer Stellungnahme heißt.
Zwar würden die Daten verschlüsselt. „Allerdings haben alle Gesundheitsämter die gleichen Schlüssel für die Entschlüsselung der Kontaktdaten.“ Die Datenschützer sprechen sich für eine dezentralisierte Datenspeicherung aus. Die DSK fordert zudem „bundeseinheitliche gesetzliche Regelungen zur digitalen Kontaktnachverfolgung“. Die zuständige Berliner Datenschutzaufsichtsbehörde sei mit dem App-Betreiber im Gespräch, „um eine datenschutzkonforme Konzeption der Anwendung sicherzustellen“, heißt es von Brandenburgs Datenschützern.
In Mecklenburg-Vorpommern ist die App bereits im März eingeführt worden. In der Modeboutique Compromis Label & Lounge in Schwerin ist man nach den ersten vier Wochen sehr zufrieden mit dem System. Die vorgeschriebene Kontakterfassung sei nun wesentlich einfacher für Kunden und Händler, sagte Inhaber Tom Pantil, der neben zwei Geschäften in Schwerin auch eines in Rostock betreibt, den PNN. „Die meisten Kunden zücken ihr Handy, wenn sie reinkommen.“
In Rostock, wo die App wegen der zwischenzeitlich niedrigeren Inzidenzen nicht nötig war, seien dennoch rund 95 Prozent der Kunden damit ausgestattet. In Schwerin waren es zum Start etwa 60 Prozent, seitdem seien es nach und nach mehr geworden. Die Teilnahme sei auch für Gewerbetreibende einfach, betont Pantil. Man lade die App herunter, erstelle einen QR-Code und stelle den im Geschäft in einem Bilderrahmen auf. Man habe in den vergangenen Wochen gute Umsätze und zufriedene Kunden gehabt, bilanziert der Modehändler.
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