Fontaneweg: Wandern mit Hindernissen
Sperrungen und fehlende Hinweise behindern den Potsdamer Teil des Fontanewanderweges 4. Die Stadt kann wenig helfen. Beim Wanderbund ist man enttäuscht. Eine Erkundung.
Potsdam - Die Probleme fangen schon mit dem Anfang an. Wo beginnt er eigentlich, der Potsdamer Teil des Fontanewanderweges Nummer 4? In der Friedhofsgasse, wie es eine Wanderkarte verzeichnet, ist das Symbol mit rotem Querstrich auf weißem Grund nicht zu finden. Auch am Hauptbahnhof, wie auf einer anderen Wanderkarte vermerkt – Fehlanzeige. Den Weg von dort zur Nuthe schafft der einigermaßen informierte Potsdamer zwar auch ohne Markierung. Wanderlustige Touristen dürften es schon schwerer haben. Aber es wird noch viel komplizierter. Und endet schließlich irgendwo zwischen Schlaatz und Drewitz an einem doppelten Zaun: „Betriebsgelände“, verkündet ein Schild: „Unbefugten ist das Betreten verboten.“ Dabei ist die Markierung ausgerechnet hier gut auszumachen – am Baum hinter dem Zaun.
Angelegt worden sein soll der Weg als einer von sechs Fontanewegen anlässlich des 90. Todestages des Dichters 1988. Markiert ist die Strecke an der Nuthe entlang in Richtung Süden und Saarmund auf Potsdamer Gebiet allerdings fast gar nicht. Die fehlende Beschilderung wird insbesondere am Schlaatz, wo der Weg vom westlichen ans östliche Nutheufer wechseln soll, zur Herausforderung. Trotz intensiven Kartenstudiums dauerte es im Selbstversuch eine knappe Stunde, bis die richtige Route ausfindig gemacht werden konnte. Dort beschleicht einen zwischendurch das Gefühl, man habe sich auf ein verlassenes Industriegelände verlaufen, überwachsene Bahnschienen inklusive. Irgendwann taucht dann doch wieder die Nuthe auf. Hinter der Querung der Straße Nuthedamm kommt das nächste Hindernis: Zäune mit einem Hinweisschild: „Achtung Astbruchgefahr. Betreten der Flächen auf eigene Gefahr!“ Wer sich darum nicht schert, was hiermit nicht empfohlen sei, für den ist spätestens hinter der Querung der nächsten Straße, der Ortsumgehung L 79, Schluss. Dann kommt besagter Zaun zu einem privaten Betriebsgelände.
In der Potsdamer Stadtverwaltung will man von Problemen mit einer Sperrung durch einen privaten Anlieger auf dem Fontanewanderweg nichts wissen. Auf Nachfrage über den Kurznachrichtendienst Twitter noch von vor Ort antwortet der städtische Tourismus-Account „Potsdam Tourismus“ nonchalant: „Oha! Aber zum Glück gibt es ja noch viele andere Radwege.“ – gefolgt von einem Tränen lachenden Smiley-Symbol. Auf Anfrage an die Pressestelle der Stadtverwaltung erklärt diese später, zu einer Sperrung durch einen Anlieger „liegen uns aktuell keine Beschwerden vor“. Bei einem erneuten PNN-Besuch stand der Betriebsgelände-Zaun unverändert dort.
Und das ist bereits seit einigen Jahren der Fall, erfährt man bei einem Anruf bei Rudi Hommel, der im benachbarten Nuthethal ehrenamtlicher Wanderwegewart ist und zuständig für den Fontanewanderweg Nummer 4 – auf Nuthetaler Gemarkung. Erst dank seiner Hilfe findet man die zwischenzeitlich etablierte Ausweichstrecke hinüber in die Nachbargemeinde am anderen Nutheufer, wo der Wanderweg nun weiterverläuft: Eine Leitungsbrücke mit mehreren dicken Rohren über die Nuthe ist vor einiger Zeit entsprechend umgebaut worden, so dass sie von Fußgängern genutzt werden kann. Das sei damals gemeinsam mit dem Potsdamer Rathaus passiert, sagt die Nuthetaler Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke).
In Bergholz-Rehbrücke wird es spürbar leichter für Fontane-Wanderer: Keine 100 Meter hinter der Gemeindegrenze steht der erste Wegweiser. Der Fontaneweg und weitere Wanderrouten sind von da an vorbildlich markiert. Das finanziere der Kreis, möglich sei es aber nur durch die Hilfe des Wanderwegewartes, sagt Bürgermeisterin Hustig.
In Potsdam fehlen solche klaren Verantwortlichkeiten. Wer für die Beschilderung von Wanderwegen zuständig ist, kann Stadtsprecherin Christine Homann auch auf Nachfrage nicht sagen. Bei Problemen mit Ästen auf den Wegen sei das Grünflächenamt Ansprechpartner. Alle öffentlichen Grünflächen, auch an Wegen, sollten im Vierteljahresturnus kontrolliert werden. Man sei aber immer dankbar für Bürgerhinweise, die auch über das Internetportal Maerker gegeben werden könnten.
Das Grünflächenamt habe den Wanderwege-Abschnitt an der Nuthe Ende Mai auch sperren müssen, erklärt die Stadtsprecherin – aus Sicherheitsgründen. Denn die Pappeln am Ufer seien marode, hätten durch starken Pilzbefall enorm gelitten, große Teile befänden sich in der Zersetzung: „Mitunter sind an einigen Bäumen Kronenteile zum Weg in sich zusammengefallen, so dass hier keine Bruchsicherheit mehr gegeben ist.“ Entfernt werden könnten die Pappeln aber auch nicht, weil die in den Bäumen entstandenen Höhlungen von Vögeln als Nistplatz genutzt werden. Daher die Sperrung, die bis zum Ende der Grünsaison bleiben wird. „Für Rad- und Fußgänger ist das Durchqueren des Uferstreifens und des ausgewiesenen Wanderwegs derzeit nicht mehr möglich.“
Zum Ärger der Wanderer ist die Sperrung aber – außer am Weg selbst – nirgends kommuniziert worden. „Das ist verwunderlich und nicht in Ordnung“, sagt Rudi Hommel. Durch die Sperrung bis Jahresende werden Wege zuwachsen – „und dann müssen sie mit großem Aufwand wieder freischnitten werden“, befürchtet er. Besonders ärgerlich aus seiner Sicht: Betroffen ist der Abschnitt, auf dem sich auch der Anschluss zum Wanderweg nach Alt-Drewitz befindet.
All das wundert Karl-Heinz Schmiedeke, den Vorsitzenden des Potsdamer Wanderbundes und Abteilungsleiter Wandern beim Eisenbahnersportverein Lokomotive Potsdam, nicht mehr. Am Telefon ist er spürbar ungehalten, wenn es um den Umgang des Potsdamer Rathauses mit Potsdams Wanderwegen geht. „Die Stadt kümmert sich da überhaupt nicht drum“, schimpft der 72-Jährige: „Es ist ein Chaos!“ Teilweise seien Wanderwege privat nachmarkiert worden, mit Büschen zugewachsene Wege würden nicht freigeschnitten. „Es gibt bei der Stadt einen Fahrradverantwortlichen, aber keinen, der fürs Wandern zuständig ist“, sagt Schmiedeke.
Was Fontane wohl zu alledem zu sagen hätte? Wer jedenfalls den nach ihm benannten Wanderweg begehen will, startet lieber erst in Bergholz-Rehbrücke.