Dreh im Studio Babelsberg: Von Gänsen und Elefanten
Im Studio Babelsberg laufen die Dreharbeiten für den Film „Traumfabrik“- eine Hommage an die Defa und das Studiogelände. Ein Besuch am Set.
Dutzende Gänse watscheln in Reih und Glied auf das Set im Babelsberger Studiogelände. Sie stellen sich zunächst brav in eine Ecke und schnattern vor sich hin. Es sind ein paar Nebendarsteller, die die Hauptrolle für sich beanspruchen wollen. In wenigen Minuten startet der Dreh für die nächste Szene. Es ist die zweite Begegnung zwischen der Tänzerin Milou (Emilia Schüle) und Emil (Dennis Mojen) – und der Moment, in dem sie sich ineinander verlieben. Aber immer wieder unterbricht das Filmteam den Dreh. Die Gänse können ihren Auftritt nicht erwarten und preschen zu schnell vor, müssen immer wieder zurückgedrängt werden. „Einfach weitermachen“, ruft der Kameramann irgendwann.
Seit Ende Mai laufen in Babelsberg die Dreharbeiten für den Film „Traumfabrik“ – eine Liebesgeschichte, die zu Beginn der 60-er Jahre in den Babelsberger Defa-Filmstudios spielt. Es ist nicht nur die erste Eigenproduktion des Studios Babelsberg seit 20 Jahren. Sondern auch ein Film im Film: Während Emilia Schüle und Dennis Mojen in Wirklichkeit die Hauptdarsteller sind, nehmen sie in der Filmgeschichte die Rollen von Nebendarstellern ein.
Ein Film mit biografischen Elementen
Als Komparse im Defa-Studio verliebt sich Emil in die französische Tänzerin Milou. Nach der ersten Annäherung verabreden sie ein Treffen. Doch der Mauerbau im Sommer 1961 ändert alles. Wie viele andere Defa-Mitarbeiter aus West-Berlin kommt auch Milou nicht mehr nach Babelsberg. Durch das Durcheinander auf dem Filmgelände ergreift Emil die Gelegenheit und gibt sich unerkannt als Regisseur aus. Er fasst einen kühnen Plan: Mit einem großen Filmprojekt möchte er Milou zurückholen.
Produzent Tom Zickler hat eine ähnliche Situation auch in Wirklichkeit erlebt. Seine erste große Liebe habe damals innerhalb von 48 Stunden die DDR verlassen müssen, erzählt er den PNN. „Das Grundgefühl ist ins Drehbuch miteingeflossen.“ Der Film ist vor allem aber auch eine Hommage an die 40-jährige Defa-Zeit – die Abkürzung steht für Deutsche Film AG – in Babelsberg. Die Privatisierung nach der Wende bedeutete damals für viele die Kündigung. Für den Film hat Zickler sich auch von ehemaligen Defa-Mitarbeitern beraten lassen – sowie von seinem damaligen Chef.
„Ich habe das Filmemachen hier in Babelsberg gelernt“
Denn der Produzent verbindet mit den Defa-Studios in Babelsberg seine eigenen Anfänge als Filmemacher. Ursprünglich wollte er Kameramann werden, erzählt er. Die Babelsberger Filmhochschule „Konrad Wolf“ habe ihn aber abgelehnt, da er farbenblind sei. So fing er 1986 als Aufnahmeleiter in den Defa-Studios an. „Ich habe das Filmemachen hier in Babelsberg gelernt“, sagt er. Immer, wenn er durch das große Eingangstor zum Filmgelände fuhr, sei es etwas Besonderes gewesen, so Zickler. Schließlich handele es sich um das älteste Filmstudio der Welt.
Mit der „Traumfabrik“ möchte Zickler wieder zu seinen Wurzeln zurückkehren. Zusammen mit dem Studio Babelsberg gründete er im vergangenen Jahr die Firma „Traumfabrik Babelsberg“, der aktuelle Film ist die erste Produktion – und dazu mit dem Film im Film eine besonders anspruchsvolle.
Studio Babelsberg als Teil der Filmkulisse
Die Ausstattung und Sets sind opulent: So wurde in einem Piratendorf gedreht, Panzer fuhren durch das Filmset und es gab Szenen im alten Ägypten mit hunderten Komparsen. Sogar ein Dromedar und zwei Elefanten waren im Einsatz. Denn der Fokus auf die Historie des Films und die damaligen Defa-Studios verlangte verschiedene Filmsets. Während draußen 35 Grad Celsius waren, spielten die Schauspieler in der Marlene-Dietrich-Halle in der Kulisse des alten Ägypten. Ohne Klimaanlage und mit zusätzlichen Feuerschalen sei die Hitze unerträglich gewesen. „Ich hatte Angst, dass die uns reihenweise umkippen“, sagt Zickler. Genauso anspruchsvoll seien die Szenen in der Nacht und bei Regen gewesen, als Panzer durch die Straßen fuhren, erzählt Regisseur Martin Schreier. Schwierige Szenen, die in den zurzeit kurzen Nächten gedreht wurden. „Da muss man extrem schnell arbeiten“, sagt Schreier.
Die Ursprungsidee sei es gewesen, in die „romantische goldene Zeit des Films“ zurückzukehren, indem man die Geschichte in den 60-er Jahren ansiedelt, erzählt der Regisseur. Damals seien viele Märchenfilme gedreht worden, es sei mit aufwendigen Kostümen gearbeitet worden. „Es ist schön, diese Dynamik zu haben“, sagt er über die unterschiedlichen Szenen und Sets in der „Traumfabrik“. Aber die Hommage an die Defa-Studios zu Zeiten des Mauerbaus verlangt nicht nur nach aufwendigen Sets. Das Studio Babelsberg als solches sei auch Teil der Filmkulisse, sagt Schreier. „Das ist schon ein eigener Charakter.“
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