Filmdreh in Babelsberg: Die Legende von Emil und Emilia
Im Studio Babelsberg haben die Dreharbeiten für „Traumfabrik“ begonnen: Ein Liebesfilm in den Defa-Studios 1961. Für Babelsberg ist es ein wichtiges Projekt – in doppelter Hinsicht.
Potsdam - Sommer 1961. Emil ist Komparse im Defa-Studio in Babelsberg und verliebt sich Hals über Kopf in die hinreißende französische Tänzerin Milou. Die beiden sind wie füreinander bestimmt. Doch dann kommt der 13. August, die deutsch-deutsche Grenze wird geschlossen, die Berliner Mauer gebaut, das Liebespaar wieder getrennt. Ein Wiedersehen scheint unmöglich. Bis Emil einen größenwahnsinnigen Plan fasst... So umreißt Studio Babelsberg die Geschichte, die im Film „Traumfabrik“ erzählt werden soll. Am gestrigen Donnerstag haben die Dreharbeiten begonnen, wie das Traditionsfilmstudio mitteilte. Produzenten sind Studio-Babelsberg-Vorstand Christoph Fisser und Erfolgsproduzent Tom Zickler („Keinohrhasen“, „Honig im Kopf“) mit ihrer im vergangenen Jahr gemeinsam gegründeten Firma Traumfabrik Babelsberg.
Vor der Kamera stehen Nachwuchsstar Emilia Schüle, bekannt unter anderem aus den TV-Mehrteilern „Ku’damm 56“ und „Ku’damm 59“, als Tänzerin Milou, und Dennis Mojen („Nirgendwo“) als ihr Partner Emil. In weiteren Rollen werden unter anderem Heiner Lauterbach, Ken Duken, Wilfried Hochholdinger und Ellenie Salvo González sowie das Deutsche Fernsehballett zu sehen sein, teilte das Studio mit. Regie führt Martin Schreier („Unsere Zeit ist jetzt“), Kameramann ist Martin Schlecht („Honig im Kopf“), das Drehbuch schrieb Arend Remmers („Dogs of Berlin“). Gedreht wird bis Ende Juli im Studio sowie in Berlin und Umgebung.
Ein wichtiges Projekt für Filmstudio Babelsberg
Für die Babelsberger Studios ist es in doppelter Hinsicht ein wichtiges Projekt: Da ist zunächst der wirtschaftliche Aspekt. Es handelt sich um die erste Eigenproduktion nach mehr als 20 Jahren, wie das Unternehmen am Donnerstag betonte. Das Studio hat sich seit der Jahrtausendwende zwar erfolgreich als zuverlässiger Partner und Top-Dienstleister für große internationale Produktionen mit Hollywood-Glanz etabliert – erinnert sei an Oscar-gekrönte Werke wie „Der Pianist“, „Inglourious Basterds“ oder „Grand Budapest Hotel“. In diesem Segment aber, das hat sich in den letzten Jahren für das Studio mitunter schmerzlich gezeigt, reichen Erfahrung, handwerkliches Können und Professionalität allein nicht mehr aus. Entscheidend bei der Wahl eines Produktionsstandortes ist für Hollywood immer auch eine attraktive Filmförderung – und hier kann Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht mehr mithalten, wie die Studiochefs wieder und wieder anmahnen. 2017 hatte das Studio mit einem Minus von 600 000 Euro abgeschlossen (PNN berichteten). Als Grund hatte das Unternehmen das Ausbleiben von internationalen Produktionen angegeben.
Mit der neuen eigenen Produktionsfirma will Babelsberg verstärkt deutsche Produktionen an den Standort holen. Das hatte das Studio zuvor bereits mit dem hochgelobten TV-Mehrteiler „Babylon Berlin“ getan – eine Koproduktion der Berliner Firma X Filme mit deren Chef Stefan Arndt. Mit der Traumfabrik Babelsberg wird das Studio nun auch wieder selbst Produzent, „Traumfabrik“ könnte der Auftakt einer neuen Ära werden. Finanzielle Unterstützung dafür kommt auch vom Medienboard, das 750 000 Euro Förderung zahlt.
Eine Hommage an die Defa-Zeit
Andererseits kehrt das Studio mit dem Film inhaltlich zurück zu seinen Wurzeln, seiner Geschichte. Die Idee für das Projekt hatte Produzent Tom Zickler, der seine Karriere 1986 als Aufnahmeleiter bei der Defa begann, schon lange, wie er den PNN auf der Berlinale gesagt hat. Der Film soll auch eine Würdigung an die 40 Jahre währende Defa-Zeit in Babelsberg sein, sagt er: „Das ist für mich eine wichtige Sache.“ Für die Arbeit am Drehbuch holte sich Zickler auch Hilfe von ehemaligen Defa-Mitarbeitern.
Solche Gesten des Zugehens auf die Ehemaligen sind selten, aber wichtig. Die Umstände der Privatisierung der Defa nach dem Mauerfall, die für die meisten der rund 2400 Angestellten im Jahr 1990 die Kündigung bedeutete, sorgte und sorgt für Verbitterung. Für viele Angestellte war die Defa – die Abkürzung steht für Deutsche Film AG – mehr als nur Arbeitgeber, oft ist von der „Defa-Familie“ die Rede. Damit war es abrupt vorbei, über Generationen weitergetragene Filmhandwerkstradition scheinbar entwertet. Für Rückblicke und Besinnung auf das, was vorher gewesen ist, war in den Jahren nach der Wende nicht viel Raum. Das Studio musste nach vorne sehen und sich am neuen Markt behaupten. Mittlerweile sind fast 30 Jahre vergangen. Vielleicht gelingt mit „Traumfabrik“, dem Liebesfilm, der auch eine Hommage an die Defa-Zeit in Babelsberg werden soll, ein Stück Versöhnung.
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