Sachbuch "Fake Facts": Verschwörungsglauben ist kein Spaß
Die Autorinnen Katharina Nocun und Pia Lamberty haben Verschwörungstheorien erforscht. Am Donnerstag stellten sie in Potsdam ihr Buch "Fake Facts" vor.
Potsdam - Verschwörungstheorien haben Hochkonjunktur. Die Corona-Pandemie hat ihre Verbreitung noch einmal befeuert. Am Donnerstagabend veranstaltete die Fachstelle Antisemitismus Brandenburg eine Online-Diskussion zum Thema. Die Autorinnen Pia Lamberty und Katharina Nocun stellten ihr Buch “Fake Facts” vor.
Pia Lamberty ist Psychologin und forscht seit vielen Jahren zum Thema Verschwörungstheorien. Ihre Koautorin, die Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin Katharina Nocum, leitet politische Kampagnen für zivilgesellschaftliche Organisationen wie “Campact” oder “Mehr Demokratie”.
Ihr gemeinsames Buch mit dem Untertitel “Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen” ist bereits im Mai im Quadriga-Verlag erschienen. Es kam also genau zu einer Zeit auf den Markt, als die sogenannten “Hygiene-Demos” ihren Höhepunkt erreicht hatten.
“Das Thema war auch schon vor Corona relevant”, betonte Pia Lamberty. Aber während der Pandemie hätten viele Menschen einen Kontrollverlust empfunden, was sie besonders anfällig mache. Studien zeigten, dass 25 bis 30 Prozent der Deutschen an Verschwörungsmythen zum Thema Corona glauben.
Männer anfälliger für düstere Verschwörungen
Lamberty versteht unter einem Verschwörungsmythos den Glauben daran, dass eine kleine Gruppe, die als mächtig wahrgenommen wird, geheime Absprachen trifft, um der Gesellschaft zu schaden. Der Glaube daran ziehe sich durch die gesamte Gesellschaft, einige Gruppen seien jedoch stärker betroffen. Wer sich politisch rechts verorte, neige eher dazu. Männer glaubten zum Beispiel statistisch gesehen etwas häufiger an düstere Verschwörungen als Frauen. Auch seien Menschen ohne Hochschulabschluss tendenziell anfälliger. “Das heißt aber nicht, dass das etwas mit fehlendem Wissen oder mangelnder Intelligenz zu tun hat”, betonte Lamberty. Die Ursache liege eher in dem Gefühl, wenig Kontrolle über die eigenen Lebensumstände zu haben, so die Psychologin.
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Katharina Nocun betonte, dass der Verschwörungsglaube Sündenböcke liefere. Dadurch werde eine abstrakte Angst, etwa vor der Bedrohung durch ein unsichtbares Virus, in eine greifbare verwandelt. Doch genau darin liege auch die Gefahr. Wer an das “absolut Böse” glaube, könne sich sehr schnell radikalisieren. Auch extreme Mittel und Gewalt erschienen dann als Lösung, schließlich gehe es für den Anhänger der Mythen um die nackte Existenz oder sogar die Rettung der Welt. Das zeige sich besonders drastisch im Qanon-Kult, der ursprünglich aus den USA kommt, inzwischen aber laut Verfassungsschutz auch in Deutschland Fuß gefasst hat. Die Anhänger dieser Ideologie glauben, dass satanische Sekten Kinder versklaven würden.
Reichsbürger-Bewegung lange nicht ernst genommen
Das mag abstrus klingen, sagte Nocun. “Aber Verschwörungstheorien sind nicht lustig.” Allzu lange sei das Thema von Medien und Politik verharmlos worden. Die verschwörungsgläubige Bewegung der “Reichsbürger” zum Beispiel sei lange als harmlose Skurrilität angesehen worden, obwohl sich im Milieu gewaltbereite Rechtsextremisten tummelten. Ernst genommen hätten die Sicherheitsbehörden das erst, nachdem 2016 ein Reichsbürger im bayerischen Georgensgmünd einen Polizisten erschoss.
Die Moderatorin Dorina Feldmann von der Fachstelle Antisemitismus wies darauf hin, dass auch in Potsdam Verschwörungsgläubige gegen die Coronabestimmungen demonstriert haben. Die Demonstranten kamen größtenteils aus dem Milieu der Impfgegner und Esoteriker. Später griff auch die Potsdamer AfD das Thema auf. Die nächste öffentliche Aktion von Verschwörungsgläubigen ist in der Landeshauptstadt unterdessen bereits geplant: Am 14. November wollen Reichsbürger am Neuen Palais aufmarschieren, um für das Kaiserreich zu demonstrieren.
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