zum Hauptinhalt
TVor der Ladenzeile in der Straße Am Kanal befindet sich derzeit ein Parkplatz – dort wäre Platz für den Stadtkanal.
© Andreas Klaer

Wasserstraße statt Parkplätze: Studierende suchen Ideen für Potsdams Stadtkanal

Der Parkplatz vor der Ladenzeile Am Kanal soll einem Stadtkanal weichen. Wie das historische Vorbild soll er nicht aussehen. Andere Städte dienen als Inspiration für das Projekt.

Potsdam - Für den Parkplatz an der Ladenstraße Am Kanal läuft die Zeit ab – denn dort soll wieder der Stadtkanal fließen. Beim Auftakt einer studentischen Ideenwerkstatt zur Neugestaltung des bisher wenig einladenden Areals zwischen Berliner Tor und Platz der Einheit ging es am Montag vor allem um die Vorteile einer Kanallösung – und um Beispiele dafür, wie andere deutsche Städte schon von solchen Projekten profitiert haben.

Straßenräume anders denken

So sagte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos), eine Fläche nur für Autos sei unproduktiv und versiegele Boden. Nicht nur aus Klimaschutzgründen müssten Straßenräume heute anders als in der Vergangenheit gedacht werden. In Richtung der nun mit dem Thema befassten Studierenden aus dem Fachbereich „Stadt, Bau und Kultur“ der Potsdamer Fachhochschule regte er an, es müsse nicht um einen historisch rekonstruierten Stadtkanal gehen – der alte Wasserlauf war zu DDR-Zeiten zugeschüttet worden. Bis Mitte Juni sollen die Studierenden die Modelle erarbeiten.

Allgemein könnten sich Wasserprojekte als Motoren der Stadtentwicklung erweisen, machte die Stadtsoziologin und wissenschaftliche Referentin Jessica Wilde in einem Vortrag deutlich. So gebe es seit den 1990er Jahren in vielen deutschen Kommunen „eine Renaissance der Wasserlagen“, während vorher die autogerechte Stadt im Vordergrund gestanden habe. Wasserläufe seien zum Beispiel in Siegen, in Kiel oder Leipzig freigelegt worden. Dabei habe sich jeweils gezeigt, dass für solche Vorhaben ein langer Atem nötig sei, um diese auch durchzusetzen, so Wilde - die für die veranstaltende Projektkommunikation Hagenau arbeitet.

Ein "Niemandsland"

Wichtig sei zudem, dass ein Kanalbau immer auch als Antwort auf Probleme vor Ort zu verstehen sei: Im Fall der Straße Am Kanal seien dies die Flächen vor der Ladenzeile samt Parkplatz, die zum Beispiel der Architekt Georg Marfels vor Ort als städtebauliches Niemandsland bezeichnete. Zugleich scheinen Widerstände gegen eine Verbesserung programmiert.

Bei der Auftaktveranstaltung im Potsdam Museum am Alten Markt.
Bei der Auftaktveranstaltung im Potsdam Museum am Alten Markt.
© Andreas Klaer

Einzelhändler müssen überzeugt werden

So müssten vor allem die Einzelhändler vor Ort von Beginn an eingebunden werden, sagte Stadtsoziologin Wilde. Diese seien schließlich potenzielle Profiteure eines Kanals. „Die neuen Wasserlagen sollen Kunden und Touristen anziehen und den Handel beleben.“ Dem Argument, durch die wegfallenden Parkplätze könne es zu einem Geschäftssterben kommen, könne man zum Beispiel mit dem Verweis auf Parkhäuser in der Nähe begegnen, erklärte Wilde.

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Immer wieder seien auch in anderen Städten Befürchtungen geäußert worden, dass die Kanalprojekte zum Beispiel zu Geruchsbelästigungen führen würden. Doch das könne man durch Gutachten entkräften, zeigte sich Wilde überzeugt. Denn der Sorge vor einem Umkippen des Wassers könne man durch den Verweis auf neue technische Möglichkeiten zur Beibehaltung der Wasserqualität begegnen, so die Fachfrau. Wichtig für Projekte in anderen Städten sei auch der Einsatz von Fördermitteln gewesen – und die Gelegenheit, bei ohnehin anstehenden Sanierungen eben noch eine Wasserstraße mitanzulegen. So hatte zum Beispiel der Kleine Kiel-Kanal mit 200 Metern Länge in der Hafenstadt rund 19 Millionen Euro gekostet – wobei die Kommune rund ein Drittel zahlte.

Ein "Generationenprojekt"

Allerdings ist unklar, wie schnell es in Potsdam tatsächlich mit der Wiedergewinnung des Kanals gehen könnte. Von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) übernahm Rubelt am Montag jedenfalls den Begriff des Generationenprojekts – es handelt sich demnach also um ein langfristiges Vorhaben. Kurz nach seinem Amtsantritt hatte Schubert Anfang 2019 vom Stadtkanal als „Sehnsuchtsort“ gesprochen. Die Stadtverordneten hatten im Zuge der Haushaltsdebatte Anfang des Jahres rund 150 000 Euro Planungsmittel für den Abschnitt von der Kellertorbrücke bis zur Berliner Straße beschlossen. Unter anderem soll das Rathaus bis Ende dieses Jahres planungsrechtliche Voraussetzungen schaffen und Finanzierungsoptionen aufzeigen.

Zuvor hatte Landesumweltminister Axel Vogel (Grüne) mögliche Fördermittel für den Wasserlauf in Aussicht gestellt. Der Kanal könne zum Beispiel mehr Wasser bei Starkregenereignissen aufnehmen, so Vogel. Befürworter verweisen außerdem auf die kühlende Wirkung von Wasserstraßen bei Hitzewellen im Sommer, wie sie in den vergangenen Jahren öfter zu erleben waren.

Zur Startseite