Bebauung in Potsdam: Streit um Baustart am RAW
Das geplante Innovations- und Digitalzentrum in Potsdam bleibt ein Zankapfel. Jetzt schalten sich die Grünen ein und wollen das Projekt bremsen.
Potsdam - Der Neubau des geplanten Innovations- und Digitalzentrums im ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) sorgt einmal mehr für Ärger. Angesichts der bereits gestarteten Sanierung der denkmalgeschützten Halle am Hauptbahnhof kritisieren unter anderem Anwohner, dass nun Tatsachen geschaffen würden, ohne die Stadtpolitik ausreichend einzubeziehen. Die Grünen wollen daher nun mit einem Dringlichkeitsantrag im Stadtparlament das weitere Verfahren ausbremsen – ob das gelingt, wird sich am Mittwoch im Laufe der Sitzung zeigen. Von der RAW-Investorenseite werden die Vorwürfe jedenfalls zurückgewiesen.
In dem Antrag der Grünen, die zweitstärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, wird das bisher beschleunigte Verwaltungsverfahren für das Großprojekt infrage gestellt. So soll die Baugenehmigungen für das Neubauvorhaben erst nach einem „regulären B-Plan-Verfahren“ durchgeführt werden – also erst, „wenn die Stadtverordnetenversammlung die Abwägung gebilligt sowie Satzung und Durchführungsvertrag beschlossen hat“. Begründet wird dies unter anderem mit der „lebhaften, kritischen Beteiligung aus der Bürgerschaft“ an dem Projekt, sei es wegen der Baumassen oder der sozialen Auswirkungen. Aus Gründen der Beteiligungskultur sei daher die reguläre Verfahrensreihenfolge einzuhalten. Unklar blieb bis Montagabend, ob die Partner in der rot-grün-roten Rathauskooperation – also SPD und Linke – den Antrag mittragen werden.
Baugenehmigung war laut Stadtverwaltung bestätigt
Wie berichtet hatte die Stadtverwaltung zuletzt bestätigt, dass bereits die Baugenehmigung für die Sanierung der denkmalgeschützten Halle erteilt worden ist. Dort haben auch schon Arbeiten begonnen, unter anderem wurden beschädigte Dachfenster entfernt. „Das ist dringend notwendig, um den Verfall aufzuhalten und das Denkmal zu schützen“, sagte Investorenvertreter Mirco Nauheimer am Montag den PNN. Genehmigt worden seien auch bauvorbereitende Maßnahmen, wie eine Dekontaminierung, eine Kampfmittelberäumung sowie geforderte archäologische Untersuchungen.
Mit seiner Erklärung reagierte Nauheimer auch auf einen am Montag veröffentlichten Brief der Anwohnerinitiative Teltower Vorstadt, die steigende Mieten im Umfeld des Digitalzentrums fürchtet. In dem Schreiben war angesichts der begonnenen Arbeiten von einem „Baustart durch die Hintertür“ die Rede. Angesichts des „positiv beschiedenen Bauantrags“ hege man auch erhebliche Zweifel daran, dass „eine ernsthafte Bürgerbeteiligung verfolgt wird“.
Bauverwaltung verteidigt vorgehen
Die Bauverwaltung von Dezernent Bernd Rubelt (parteilos) verteidigt das Vorgehen. Zum Start der Bauarbeiten erklärte eine Stadtsprecherin auf Anfrage, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens seien die „sanierungs- und die neubaubezogenen Aspekte voneinander getrennt und in jeweils eigenständige Bauanträge gegossen“ worden. Das entspreche dem „dringenden Erhaltungs- und Sanierungsbedürfnis“ der früheren Wagenhalle“. Mit dem Investor – dahinter steht der lettische Ölhändler Michael Zeligman – sei man „im laufenden Austausch“.
Die Sprecherin sagte ferner zu, bevor der Antrag für den Umbau des Hallenbaus sowie für die Errichtung der ergänzenden Neubauten abschließend beurteilt würde, werde der Stadtverordnetenversammlung noch der Durchführungsvertrag mit dem Investor und auch der Bebauungsplan zur Beratung und Entscheidung vorgelegt – möglichst noch in der ersten Jahreshälfte. „In die so modifizierten Unterlagen sind auch die gewonnenen Erkenntnisse aus den Öffentlichkeitsbeteiligungen sowie aus den vorgebrachten Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange eingeflossen“, sagte die Sprecherin.
Erste Zeitpuffer seien schon ausgereizt
Investorensprecher Nauheimer wiederum sagte, seit vergangenem September sei bekannt, dass er zwei Bauanträge stellen werde: „Es wurde nichts nachträglich geändert.“ Das Vorgehen sei damals auch bei der Einwohnerversammlung zum RAW „erwähnt“ worden und im Nachgang auch einem Vertreter der Bürgerinitiative erläutert worden. „Hintergrund ist unser bekanntlich ambitionierter Zeitplan“ , so Nauheimer unter Verweis auf die öffentlich noch nicht bekannten künftigen Ankermieter des Hauses. Mit den Arbeiten gehe man in Vorleistung, sagte er: „Selbstverständlich kann aber eine finale Baugenehmigung erst nach einem positiven Votum der Stadtverordneten erteilt werden.“ Wie berichtet könnte der Baustart im Herbst erfolgen.
Zu dem Grünen-Antrag äußerte sich Nauheimer zunächst nicht weiter: „Bisher hat darüber auch noch niemand mit mir gesprochen.“ Allerdings warnte er vor weiteren zeitlichen Verzögerungen für das Projekt, erste Zeitpuffer seien schon ausgereizt. In der Vergangenheit hatte Nauheimer mehrfach ein Scheitern in den Raum gestellt, sollte es zu lange Verzögerungen geben. Generell sei man aber positiv gestimmt, „da wir gerade mit der Schaffung von kleinteiligen Flächen in der Halle ein dringend benötigtes Angebot für Potsdamer Unternehmen im Zentrum schaffen.“ Gerade zur Förderung von kleinem Unternehmen stehe er im Austausch mit diversen Vertreten aus der Medienstadt und dem Wissenschaftspark Golm. Ferner wolle man das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen zertifizieren lassen.
In dem Innovations- und Digitalzentrum mit Büro- und Gewerbeflächen für rund 1000 Arbeitsplätze auch Einzelhandel und Cafés angesiedelt werden, ferner ein Fitnesscenter und ein Club für Konzerte und Partys. Das Zentrum wird von dem Stararchitekten Jürgen Mayer H. geplant, der seinen ersten Entwurf, der ursprünglich noch eine Überbauung der RAW-Halle vorsah, inzwischen nach Kritik sichtbar verändert hat. Ferner waren aber auch die grundsätzlichen Ausmaße des Neubaus als überdimensioniert kritisiert worden.
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