Stadtentwicklung Potsdam: Streit um Bauprojekt auf der Insel Neu Fahrland
Ein Investor will auf der Brache an der Bundesstraße 2 ein großes Wohnquartier errichten. Im Ortsteil ist man empört. Nun muss die Politik entscheiden.
Potsdam - Es geht um ein Wohnquartier nahe des Weißen Sees mit mehr als zehn Gebäuden, teils direkt am Wasser gelegen: In der Stadtpolitik beginnt eine Debatte um Pläne eines Investors für die Bebauung einer großen Brache an der Bundesstraße 2 auf der Insel von Neu Fahrland. Anlass ist ein Vorstoß der Bauverwaltung unter Dezernent Bernd Rubelt (parteilos), die eine Leitentscheidung der Politik zu dem Vorhaben verlangt. Doch ob die so wie erwünscht zustande kommt, ist fraglich.
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Die Pläne sehen laut Rathaus eine „kompakte, überwiegend dreigeschossige Bebauung“ an der Bundesstraße vor – Mehrfamilienhäuser mit gewerblichen Nutzungen. Dazu kommt eine weitgehend dreietagige Reihenhausbebauung entlang des Sacrow-Paretzer Kanals – mit einem Fünfgeschosser als „Höhendominante“, wie es in den Plänen heißt. Weitere dreigeschossige Bauten mit Staffelgeschoss sind im Inneren des Quartiers geplant.
In diesen „drei räumlich spannend gestalteten Raumtypen“, so die Verwaltung, sei ein Nutzungsmix aus Wohnen, kleinteiligem Gewerbe („Nahversorgung, Praxen, Dienstleistungen“) und öffentlichen Funktionen vorgesehen. Ermöglicht würden so insgesamt rund 29 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Als Projektentwickler hatte sich bereits im Frühsommer das Leipziger Unternehmen Quarterback vorgestellt und für das Gebiet auch von einer Tiefgarage mit 400 Stellplätzen gesprochen (PNN berichteten). Ziel sei es, einen attraktiven, lebendigen Ort für Neu Fahrland zu schaffen, wirbt die Stadtverwaltung für die Pläne.
Die Bebauung ist zu massiv und zu hoch, kritisiert Ortsvorsteherin Carmen Klockow
Doch das Vorhaben geht der Neu Fahrländer Ortsvorsteherin Carmen Klockow, die auch Stadtverordnete für das Bürgerbündnis ist, viel zu weit. Aus ihrer Sicht fällt die geplante Bebauung viel zu massiv aus, auch bei anderen Anwohnern des Ortsteils sei die Empörung darüber groß. „Obwohl bereits vor der Eingemeindung Neu Fahrlands nach Potsdam dort nur eine lockere Bebauung der Insel geplant war und dies auch in der Stadtverordnetenversammlung in den Jahren 2014 und zuletzt im Mai 2019 durch Beschlusslagen bestätigt wurde, setzt sich der Beigeordnete Rubelt einfach darüber hinweg“, kritisierte sie gegenüber den PNN. So werde vor allem dem Investor ein Maximum an Gewinn ermöglicht. Tatsächlich hatten die Stadtverordneten 2019 beschlossen, dass sich die Dichte der Bebauung auf der Brache nicht an der Dichte der gegenüberliegenden Straßenseite orientieren solle – also niedriger gebaut werden soll.
Die Bauverwaltung verweist hingegen auf ein von April bis Juni durchgeführtes Werkstattverfahren für das Areal, an dem gemeinsam mit Vertretern des Bauausschusses, des Ortsbeirats, des Gestaltungsrats, des Immobilieninvestors und der Bauverwaltung die Planungsziele für das Gebiet erarbeitet worden seien, wie ein Stadtsprecher auf PNN-Anfrage betonte. Die dabei angestrebte bauliche Dichte sei mit der geplanten Leitentscheidung nun abgebildet – die Teilnehmer der Werkstatt hätten die „städtebauliche Qualität des Entwurfs“ in den Fokus der Überlegungen gestellt, so der Sprecher. Eine deutlich niedrigere und lockerere Bebauung sei dagegen nur auf einen geringen Zuspruch gestoßen, so der Sprecher. So habe man die kompakte Bebauung entlang der Bundesstraße schon aus Lärmschutzgründen empfohlen – damit die Straßengeräusche nicht in das Quartier schallen. Gleichwohl liege die Entscheidung über die Pläne nun wieder bei den Stadtverordneten.
In der Stadtpolitik gibt es geteilte Ansichten
Dort gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Der SPD-Stadtverordnete Pete Heuer sagte den PNN, ihm bereite die Bebauungsdichte nach wie vor Bauchschmerzen – wenngleich die Fassadengestaltung nun besser gelöst sei. Die Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke, die auch an der besagten Werkstatt teilgenommen hatte, sprach dagegen durchaus von Vorteilen des Entwurfs. Über Details – gerade zur baulichen Dichte – werde nun aber in den Gremien beraten.
Im Bauausschuss hatte zuletzt wiederum der Linken-Stadtverordnete Ralf Jäkel erklärt, der besagte und mit breiter Mehrheit getragene Beschluss von 2019 für eine lockere Bebauung müsse weiter gelten. Am Donnerstagabend erklärte auch CDU-Fraktionschef Matthias Finken, die Union halte an den 2019 bekräftigten Vorgaben fest: "Was jetzt geplant ist, passt nicht zur Insel." Am Freitag ergänzte er: "Der ländliche Raum muss zwar mit der Stadt zusammenwachsen, soll jedoch seinen eigenen historisch gewachsenen Charakter behalten." Die Bebauung der westlichen Insel Neufahrland müsse deshalb zum Gesamtcharakter der Insel passen.
Schon als die Projektentwickler den Anwohnern im Juni ihre Pläne während einer Videokonferenz vorstellten, reagierten Teilnehmer skeptisch, gab es Befürchtungen, die Neubauten an der Bundesstraße 2 würden höher als von den Stadtverordneten beschlossen.
In den Planungen verweist die Bauverwaltung nun auf weitere angebliche Vorteile. Der Straßenraum der B2 solle an der Stelle verbreitert und „durch zusätzliche Baumpflanzungen und attraktive Geh- und Aufenthaltsbereiche aufgewertet“ werden, heißt es – vor Ort soll bekanntlich auch die umstrittene Tramtrasse in das neue Stadtviertel Krampnitz entstehen. Zum Schutz eines gesetzlich geschützten Uferbiotops würden ferner „punktuelle Zugänge zum Wasser“ ermöglicht, auf einen durchgängigen Uferweg werde aber verzichtet.
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