Quarterback-Projekt an der B2: Neu Fahrländer misstrauen der Stadt
Nach einer digitalen Bürgerkonferenz sind noch viele Frage ungeklärt. Einige Bürger argwöhnen, dass es Geheimabsprachen zwischen der Stadt und den Projektentwicklern gab.
Potsdam - Es sieht aus wie eine richtige Idylle, fast wie ein kleines Paradies: Spaziergänger flanieren auf der südwestlichen Spitze der Insel entlang der neuen Promenade, ein Vater und sein Kind sind mit Rädern unterwegs und passieren ein Eckcafé mit großen Glasscheiben. Ein paar Meter weiter hat ein Boot im Sacrow-Paretzer-Kanal festgemacht, und nicht weit davon entfernt lädt eine kleine Badestelle in der Robinson-Bucht zum Schwimmen ein: So wie auf einer Visualisierung des Leipziger Projektentwicklers Quarterback könnte künftig die Ortsmitte von Neu Fahrland aussehen, wenn das Unternehmen auf dem drei Hektar großen Areal an der Bundesstraße 2 einen Komplex aus Mietwohnungen und kleineren Geschäften errichten darf.
Stadtteil wäre beinahe Kurort geworden
Eine der hässlichsten Brachen der Stadt im westlichen Teil der Insel könnte verschwinden, endlich. Denn schon seit 1994, lange, bevor der von Havelseen umgebene Ort 2003 von Potsdam eingemeindet wurde, hatten Kommunalpolitiker darüber nachgedacht, die Überbleibsel von Bausünden der DDR-Zeit zu beseitigen. Beinahe, um 2014, wäre der heute rund 1600 Einwohner zählende Stadtteil ein Kurort geworden, weil bei Probebohrungen Thermalwasser gefunden worden war. Und dann wäre wohl auch die fürchterliche Schneise, die stark belastete Bundesstraße 2, die den Ort teilt, durch eine Umgehungsstraße ersetzt worden. Dann, seit bald zehn Jahren, gab es Stillstand.
Eigentlich könnten die Neu Fahrländer glücklich sein über das, was für sie geplant wird. Auf einem virtuellen Teams-Meeting, an dem am Donnerstagabend 27 Bürger zugeschaltet waren, unter ihnen einer aus Wolgograd, aber überwog bei weitem das Misstrauen gegenüber Quarterback und der Bauverwaltung der Stadt. Ihre Befürchtungen: Was der Projektentwickler vorhabe, werde erheblich höher und größer als die Stadtverordnetenversammlung 2014 und 2019 beschlossen hatte, die Bebauung werde weitaus dichter als bisher bekannt. Ihre Befürchtung: Beiderseits der B2 werden fünfstöckige Häuser in den Himmel wachsen. „Ein Häuserriegel entlang der B2, der als Lärmschutz dienen soll? Klingt menschenfeindlich. Wer soll denn da wohnen?“, fragte etwa Sabine Sütterlin, die für das Bürgerbündnis dem Ortsbeirat angehört.
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Knud Börner aus der Quarterback-Geschäftsführung und Matthias Piper, der Potsdamer Niederlassungsleiter des Entwicklers, schalteten sich zu, und kaum überraschend war, dass sie sich erst einmal dafür rechtfertigen mussten, dass ihr Unternehmen zur nicht überall gut beleumundeten Deutsche Wohnen gehört. Börner stellte klar: „Wir sind kein Teil der Deutsche Wohnen.“ Es gebe nur eine Minderheitsbeteiligung: „Wir können frei agieren.“
Anwohner in Sorge
Misstrauen herrschte vor, wenn die Sprache auf die sogenannte Bauvoranfrage kam, die die Projektentwickler bei der Bauverwaltung eingereicht hatten. Als sie im Rathaus Einblick in die Voranfrage genommen habe, sei sie „schockiert“ gewesen, sagte Ortsvorsteherin Carmen Klockow (Bürgerbündnis) den PNN. Über das, was sie gesehen habe, müsse sie Stillschweigen bewahren.
Während der Teams-Konferenz hakten die Neu Fahrländer nach. Eine mehr als dreigeschossige Bebauung sei „nicht durchsetzbar“, sagte der Bürger W. Er wollte wissen, was Quarterback von der Stadt „in Aussicht gestellt worden“ sei, „dafür, dass Sie damit hier in die Bütt gehen“. Knud Börner berief sich auf die mit der Stadt auch wegen des sogenannten Werkstattverfahrens vereinbarte Schweigepflicht. „Wie viele Stockwerke wollen Sie bauen?“, fragte der Bürger A. Es sei „noch keine Architektur festgelegt“, sagte Börner. Aber am Straßenrand plane man dreigeschossig und dazu jeweils ein vier – und ein zweigeschossiges Gebäude sowie ein fünfgeschossiges am östlichsten Punkt.
Gab es Geheimabsprachen?
Immer wieder argwöhnten die Neu Fahrländer, es könne „eine verbindliche baurechtliche Beurteilung geben, die der Öffentlichkeit nicht bekannt ist“ – Geheimabsprachen zwischen der Stadt und Quarterback also. Andere hielten den Entwicklern vor, dass sie eine Tiefgarage mit 400 Stellplätzen planten, obwohl das Gelände Trinkwasserschutzgebiet sei. Börner entgegnete: Nach neuesten Planungen liege sie „oberhalb der Wasserebene“.
Die Bürger diskutierten kontrovers, aber unaufgeregt mit den Planern. Das könne „anders werden“, sagte Ortsvorsteherin Klockow den PNN, „wenn allen bekannt wird, was Quarterback im Detail beantragt hat“.