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Aufwärts. Das Glockenspiel und der Turm der Garnisonkirche im Hintergrund.
© Ottmar Winter

Streit um Garnisonkirche vor Entscheidung: Stiftung für Wiederaufbau befürwortet Kompromiss

Das Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche äußert sich wohlwollend zum Kompromissvorschlag. Rathauschef Schubert stellt klar: Kein städtisches Geld für Wiederaufbau der Garnisonkirche. Nun muss die Stadtpolitik entscheiden

Potsdam - Die Entscheidung über die Zukunft des Rechenzentrums und das mögliche Aus für den Wiederaufbau des Kirchenschiffes der Garnisonkirche rückt näher. Am Montagabend wurde die Beschlussvorlage aus dem Büro des Oberbürgermeisters Mike Schubert (SPD) veröffentlicht. 

So setzt Schubert bisher auf eine Grundsatzentscheidung noch am 26. Januar – am morgigen Mittwoch soll eine Generaldebatte im Hauptausschuss zeigen, ob sein Vorschlag mehrheitsfähig ist. So hatten auch Stadtverordnete der rot-grün-roten Rathauskooperation durchaus Veränderungsbedarf angemeldet – etwa müsse gewährleistet sein, dass die Stiftung Garnisonkirche gemäß Beschlusslage keine Gelder aus dem städtischen Haushalt erhalten solle.

Kein Geld aus dem Haushalt der Stadt

Dem trägt eine am Montagabend veröffentlichte Beschlussvorlage nun Rechnung. Sie sieht vor, dass die Stiftung ihren Teil des Grundstücks als Erbbaurecht an die Stadt überträgt. „Dabei ist sicherzustellen, dass keine städtischen Mittel und Erlöse der Erbpacht für den Bau des Turms der Garnisonkirche oder die Errichtung des originalgetreuen Kirchenschiffs verwendet werden“, heißt es darin. 

Wie das genau gesichert werden soll, bleibt indes offen. Außerdem soll der Erbpachtvertrag eine möglichst lange Laufzeit, die Möglichkeit auf Vertragsverlängerung und einen Erbbauzins enthalten, der sich an der geplanten gemeinwohlorientierten Nutzung ausrichtet und nicht als Einmalzahlung fällig wird.

500 000 Euro für eine Machbarkeitsstudie?

Sofern die Stadtverordnetenversammlung zustimmt, soll es zunächst eine Machbarkeitsstudie geben. Die geschätzten Kosten dafür in Höhe von 500 000 Euro sollen im Haushalt für dieses Jahr bereitgestellt werden. Zum künftigen „Forum an der Plantage“ sollen neben dem Kirchturm und dem Rechenzentrum ein Haus der Demokratie am Standort des früheren Kirchenschiffs gehören. Das städtebauliche Konzept soll mit den Eigentümern sowie Nutzenden abgestimmt und mit der Stadtgesellschaft diskutiert werden. Anschließend soll in einer breit besetzten Werkstatt ein städtebaulich-architektonischer Realisierungswettbewerb vorbereitet werden.

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Wie berichtet hatten sich Stadt, Garnisonkirchenstiftung und die Nutzer des Rechenzentrums Anfang Dezember auf einen Kompromiss verständigt, der den jahrzehntelangen Streit um das Areal beenden soll. Die Idee sieht unter anderem ein neues „Haus der Demokratie“ mit Plenarsaal für die Stadtverordneten statt eines Kirchenschiffs neben dem Turm und den weitgehenden Erhalt des Kreativhauses Rechenzentrums vor, das bislang abgerissen werden sollte.

Erneute Kritik aus der CDU

Weniger eilig als Schubert hat es die Potsdamer CDU, die ohnehin für einen originalgetreuen Wiederaufbau des Kirchenschiffes und einen Abriss des Rechenzentrums plädiert. Es gehe um eine wesentliche Entscheidung über die Potsdamer Mitte für die nächsten Jahrzehnte, teilte Kreischef Oliver Nill mit. Er erwarte, dass bei einer Entscheidung dieser Tragweite nichts übers Knie gebrochen werde und sich niemand rechtlich angreifbar mache. „Der Antrag des Oberbürgermeisters sollte daher nicht mehr im Januar in der Stadtverordnetenversammlung behandelt werden“, so Nill weiter.

Stiftung Garnisonkirche positioniert sich

Von Bedeutung für die weitere Debatte in der Stadtpolitik ist es auch, wie sich das Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche positioniert. Das Gremium kam am Montagnachmittag zu einer Sitzung zusammen - und gab gegen 21 Uhr eine Erklärung ab. Demnach habe man einen einstimmigen Beschluss gefasst und befürworte den Vorschlag zum Forum an der Plantage. "Aus Sicht des Kuratoriums bietet die inhaltliche Idee des Forums eine Chance für die Nutzung des Ortes und enthält das Potential, zur Lösung von Konflikten in der Stadtgesellschaft beizutragen." 

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Das Kuratorium begrüße auch die besagte Machbarkeitsstudie und den darauf aufbauenden städtebaulich-architektonischen Realisierungswettbewerb. "Die Absicht der Landeshauptstadt, im weiteren Prozess eine breite Einbindung der Stadtgesellschaft sicherzustellen und dadurch auch den Dialog mit den im Kuratorium vertretenen Institutionen und Organisationen und der Stadtgesellschaft zu gewährleisten, findet die ausdrückliche Zustimmung des Kuratoriums. " Man bitte zugleich Unterstützerinnen und Unterstützer von Stiftung, Fördergesellschaft und Gemeinde, "insbesondere die Ehrenamtlichen, herzlich darum, ihre Kräfte auch weiterhin dem Vorhaben zu widmen."

Schauplatz des Streits ist die Breite Straße - mit dem Rechenzentrum und dem Turm der Garnisonkirche.
Schauplatz des Streits ist die Breite Straße - mit dem Rechenzentrum und dem Turm der Garnisonkirche.
© Ottmar Winter

Noch Fragen offen

Zu dem 15-köpfigen Kreis gehören unter anderem Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Brandenburgs amtierender Innenminister Michael Stübgen (CDU) sowie mehrere Funktionäre der Evangelischen Kirche und Schubert selbst. Als Knackpunkt vor der Sitzung galt eine Änderung der Satzung. So hatte ein von Förderern des originalen Wiederaufbaus in Auftrag gegebenes Gutachten der Berliner Anwaltskanzlei Heinichen Laudien gewarnt, dass es den Kuratoriumsmitgliedern auf Basis der jetzigen Satzung der Stiftung nicht erlaubt sei, dem Kompromiss zuzustimmen – schließlich war der Zweck der Stiftung der originalgetreue Wiederaufbau der ganzen Kirche. 

Auch die Landeskirche hatte eine Satzungsänderung zumindest empfohlen – dafür wäre allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Kuratorium nötig. Hierzu teilte die Stiftung wörtlich mit: "Da die Umsetzung dieser Idee für die Stiftung – wie in der Öffentlichkeit bereits aufgezeigt – mit Blick auf die derzeit geltende Satzung die Einbeziehung Dritter und die Klärung einer Reihe von – auch rechtlichen – Fragen erforderlich macht, bittet das Kuratorium den Vorstand, sich dieser Fragen vor allem in Zusammenarbeit mit den Stiftungsaufsichten und im Benehmen mit den Stiftern anzunehmen und ihm zu berichten." Mit anderen Worten: Dieses Thema muss man noch klären.

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