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Außenplätze von Cafés und Restaurants sind ab Sonntag in Potsdam untersagt.
© Andreas Klaer

Die Lage am Samstag in Potsdam: Stadt schränkt öffentliches Leben weiter ein

Cafés und Restaurants dürfen wegen Coronavirus keine Außensitzplätze mehr haben, für Pflegeheime herrscht Besuchsverbot. Der Oberbürgermeister befürwortet eine Ausgangsbeschränkung - jedoch mit einheitlicher Regelung.

Potsdam - In Potsdam sind 48 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, drei von ihnen werden im Klinikum "Ernst von Bergmann" stationär behandelt (Stand Samstagnachmittag). Das Gesundheitsamt habe mehr als 400 Kontaktpersonen ersten Grades registriert, die sich in angeordneter häuslicher Quarantäne befänden. Bei vielen werde noch auf die Ergebnisse eines Coronatests gewartet. Das sagte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Samstagnachmittag bei einer Pressekonferenz vor Journalisten im Rathaus.

Außenplätze in der Gastronomie untersagt

Schubert kündigte zudem an, die Einschränkungen in Potsdam aus Sicherheitsgründen weiter zu verschärfen. So ist es Gastronomen per Allgemeinverfügung ab Sonntag untersagt, Außensitzplätze anzubieten. In den Restaurants oder Cafés gilt weiterhin, dass es zwischen den Gästen - nicht den Tischen - 1,5 Meter Abstand geben muss. Grund sei, dass die Abstandsregelungen außen vielfach nicht eingehalten würden, so Schubert. Die Verlockung, dort in der Frühlingssonne dicht an dicht zu sitzen, sei zu groß. Die Nähe sorge für ein großes Corona-Übertragungsrisiko.

Ordnungsdezernentin und Krisenstabsleiterin Brigitte Meier (SPD) und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Samstag bei der Pressekonferenz im Rathaus.
Ordnungsdezernentin und Krisenstabsleiterin Brigitte Meier (SPD) und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Samstag bei der Pressekonferenz im Rathaus.
© Sabine Schicketanz

Schubert warb dafür, eine einheitliche Regelung für Restaurants in der Metropolregion Berlin-Brandenburg zu finden. Berlin kündigte am Samstagnachmittag an, ab Sonntag Restaurants zu schließen und lediglich Liefer- und Abholservice zu erlauben. Eine Reaktion aus Brandenburg gab es dazu vorerst nicht. Wenn Brandenburg nicht ebenso vorgehe, werde Potsdam seine Restaurants schließen und nur Lieferung und Abholung von Essen zulassen, sagte Schubert. Wie bei Partys müsse ein Vergnügungstourismus aus Berlin nach Potsdam unterbunden werden. 

OB für Ausgangsbeschränkungen

Schubert sagte, er befürworte auch Ausgangsbeschränkungen. Diese müssten jedoch einheitlich, am besten bundesweit, erlassen werden. Er bitte die Länder Brandenburg und Berlin und ihre Regierungschefs Dietmar Woidke und Michael Müller (beide SPD) um ein abgestimmtes, einheitliches Vorgehen und gehe davon aus, dass es dies nach dem Treffen der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag auch geben werde. In diesem Sinne habe er derzeit davon abgesehen, Ausgangsbeschränkungen in Potsdam zu erlassen, auch wenn Potsdamer Bürger ihn darum gebeten hätten.

Geschlossen bleiben müssen ab Sonntag in Potsdam auch Dienstleister, die im direkten körperlichen Kontakt mit Menschen arbeiten, sagte der Oberbürgermeister. Dazu gehören Frisöre, Kosmetik-, Nagel- und Tattoo-Studios, Massagesalons und Sonnenstudios. Ausnahmen bilden nur Physiotherapeuten und Logopäden, die bei medizinischer Notwendigkeit und entsprechender Verordnung durch Ärzte noch arbeiten dürften.

Spezialitätenläden müssen schließen

Oberbürgermeister Schubert betonte, die neuen Regelungen, die Potsdam jetzt erlasse, sollten Unschärfen und Unklarheiten in der bisherigen Allgemeinverfügung korrigieren. Zudem müsse auf die aktuelle Lage reagiert werden. Bei Kontrollfahrten sei klar geworden, dass in Bau- und Gartenmärkten großer Andrang herrsche. Diesen sei  nun vorgeschrieben, im Kassenbereich dafür zu sorgen, dass die wartenden Menschen mindestens  1,5 Meter Abstand voneinander haben. Die Bau- und Gartenmärkte sollen jedoch weiter geöffnet haben.

Mit Sicherheitsabstand warten Menschen vor dem Supermarkt im Markt-Center in Potsdam auf Einlass.
Mit Sicherheitsabstand warten Menschen vor dem Supermarkt im Markt-Center in Potsdam auf Einlass.
© Andreas Klaer

Für Supermärkte ist die Abstandsregelung bislang nicht vorgeschrieben - viele Märkte praktizierten sie jedoch bereits, einige Discounter aber nach Angaben von Potsdamern nicht. Dies wolle man zunächst auch wegen der begrenzten Größe der Märkte nicht regeln, so Schubert. 

Geschlossen werden müssen nach Aussage des Oberbürgermeisters ab Sonntag auch Lebensmittelgeschäfte, die nicht der täglichen Versorgung dienen, beispielsweise Pralinen- und Süßigkeitenläden oder Spirituosengeschäfte.

Pflegeheim-Besuch nur noch bei Sterbenden

Angesichts der Ereignisse in Würzburg, wo in einem Pflegeheim neun Menschen an Covid-19 gestorben sind, erlässt Potsdam ab Sonntag ein generelles Besuchsverbot für Pflegeheime. Das sagte Gesundheitsbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) am Samstag bei der Pressekonferenz. Der Schutz der hochbetagten, pflegebedürftigen oder auch dementen Bewohner sei das Gebot der Stunde. Es gehe darum, eine dramatische Situation wie in Würzburg zu verhindern. Dort waren in dem Heim mit 160 Plätzen auch mehr als 20 Pflegekräfte sowie weitere Bewohner mit dem Coronavirus infiziert worden. In Potsdam gibt es bereits eine Coronavirus-Infektion in einer Seniorenresidenz.

Pflegeheime in Potsdam dürfen nicht mehr besucht werden.
Pflegeheime in Potsdam dürfen nicht mehr besucht werden.
© Christoph Schmidt/dpa

In Potsdam betrifft das Besuchsverbot knapp 1500 Seniorinnen und Senioren. In der Stadt gebe es 19 stationäre Heime, die zu 90 Prozent ausgelastet seien, so die Beigeordnete Meier. Zudem betroffen seien sieben Tagespflegestellen mit insgesamt 120 teilstationären Plätzen. Die Stadt wisse, dass das Besuchsverbot ein schmerzlicher Einschnitt sei, sagte Meier. Die Verabschiedung sterbender Bewohner von Pflegeheimen werde weiterhin möglich sein, dafür solle es spezielle Verabschiedungsräume geben; teilweise müssten diese neu eingerichtet werden.

Meier kündigte an, dass die Stadt jetzt die Betreiber der Pflegeheime überprüfen werde. Dabei gehe es vor allem darum, dass Pandemiepläne und Schutzausrüstungen vorhanden seien. Sie wisse, dass beispielsweise die Heime des Deutschen Roten Kreuz (DRK), der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und des Klinikums "Ernst von Bergmann" (EvB) gut vorbereitet seien. Die Angehörigen von Pflegeheimbewohnern rief sie auf, kreativ zu sein und andere Formen des Kontakts zu suchen - Telefonate, Briefe oder auch, wie sie im TV gesehen habe, auf der Straße vor einem Heim zu musizieren, während die Bewohner in Rollstühle auf den Balkonen zusehen und zuhören könnten.

Kliniken haben Covid-19-Stationen am Start

Ab Montag wird das Klinikum "Ernst von Bergmann" selbst Coronatests auswerten können. Das sagte Amtsärztin Kristina Böhm am Samstag bei der Pressekonferenz. Diese Laborkapazitäten stünden jedoch nicht für die Auswertung von Tests aus den Screening-Centern am St. Josefs-Krankenhaus und in der Pietschkerstraße Am Stern zur Verfügung, sondern nur für die Patienten im Klinikum. Derzeit würden dort drei Menschen mit Covid-19 stationär behandelt, ihnen gehe es den Umständen entsprechend gut. Am St. Josefs werden laut Böhm täglich rund 100 bis 150 Tests durchgeführt, im Zentrum Am Stern waren es am ersten Tag 60. Böhm appellierte, dass nur Menschen zu den Centern kommen sollten, die Symptome zeigen und von ihrem Arzt geschickt werden.

Das Klinikum "Ernst von Bergmann" in Potsdam.
Das Klinikum "Ernst von Bergmann" in Potsdam.
© Andreas Klaer

Böhm sagte, die Covid-19-Stationen an beiden Potsdamer Krankenhäusern seien weitgehend startbereit. Das St. Josefs warte noch auf weitere Beatmungsgeräte und werde dann 28 Plätze haben, das Bergmann-Klinikum halte 52 Intensivbetten vor, 48 würden umgerüstet, dies sei bei 24 schon geschehen. Insgesamt verfüge Potsdam dann im besten Fall über 120 Intensivmedizin-Plätze mit Beatmungseinheiten. 

Sie betonte, das Bergmann-Klinikum als sogenannter Maximalversorger müsse derzeit auch weiterhin andere Operationen vorhalten, die normale Versorgungstätigkeit werde jedoch bereits zurückgefahren. Das St. Josefs-Krankenhaus habe seine weitere medizinische Versorgung auf die Standorte Oberlinklinik und Evangelisches Zentrum für Altersmedizin verlagert.

Väter dürfen bei Geburten nicht mehr dabei sein

Oberbürgermeister Schubert bedankte sich bei den Potsdamern, die am Freitagabend bei einer Flashmob-Aktion mit Applaus aus den offenen Fenstern dem Ärzte- und Pflegepersonal in den Kliniken gedankt hatten. Das sei ein wichtiges und willkommenes Signal. 

Schubert bat zudem darum, das Betretungsverbot in den Geburtsstationen der Potsdamer Krankenhäuser zu respektieren. Dieses war am Freitag von den Kliniken erlassen worden. Damit können Väter nicht mehr bei der Geburt ihrer Kinder dabei sein. Das Risiko, dass Hebammen und medizinisches Personal sich mit dem Coronavirus infizieren könnten, sei zu groß. Schubert sagte, er wisse als Vater zweier Kinder, deren Geburt er erleben durfte, was mit diesem Verbot den Müttern und Vätern abverlangt werde. Doch es gehe nicht anders, die Sicherheit gehe vor. "Lassen Sie bitte die Hebammen ihre Arbeit allein machen - es hilft niemandem, wenn diese Arbeit noch behindert wird durch Konfliktsituationen an den Kreißsälen", sagte Schubert.

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