Konflikt um Veranstaltung im Potsdamer Humboldt-Gymnasium: Schubert stoppt AfD-Wahlkampfveranstaltung
Eigentlich wollte die AfD am Dienstag im Potsdamer Humboldt-Gymnasium für ihre Landtagskandidaten werben. Nach dem Willen von Rathauschef Mike Schubert darf sie aber nicht.
Potsdam - Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zeigt weiterhin klare Kante gegen Rechtspopulisten. Am Montagabend kündigte die Stadtverwaltung einen Nutzungsvertrag für einen „Bürgerdialog“, den die Potsdamer AfD am Dienstagabend ab 19 Uhr im Humboldt-Gymnasium veranstalten wollte. Das bestätigte ein Stadtsprecher den PNN. Der AfD habe man die Absage am Abend mitgeteilt.
Die Begründung war scharf formuliert. „Wir müssen von einer bewussten Täuschung des Antragstellers ausgehen und haben daher den Vertrag gekündigt“, so Schubert in Richtung der AfD. Der Antrag für die Nutzung der Aula sei im Juni von Rene Springer, Mitglied der AfD im Bundestag, für einen „Bürgerdialog“ gestellt worden. „Ich begründe die Kündigung damit, dass sie einen falschen Nutzungszweck angegeben haben. Wie mir jetzt bekannt geworden ist, findet entgegen der Angaben kein Bürgerdialog, sondern ganz offenkundig eine Wahlveranstaltung zur Landtagswahl statt. Eine Förderung solcher Wahlveranstaltungen ist der Landeshauptstadt Potsdam nicht erlaubt“, sagte Rathauschef Schubert.
Seit Tagen hatte die AfD auch in den sozialen Netzwerken für den „Dialog zur Landtagswahl“ geworben, es sollten neben Springer auch Stadtfraktionschef Dennis Hohloch und die AfD-Direktkandidaten Chaled-Uwe Said und Helmar Wobeto auftreten. Kandidat Said erklärte etwa in einer Mitteilung der Partei: „Wie freuen uns, in Potsdam endlich nach langer Mühe öffentliche Räumlichkeiten gefunden zu haben und bedanken uns bei der Schulleitung des Humboldt-Gymnasiums.“
Doch nun die Absage. Das dürfte auch im Humboldt-Gymnasium für Genugtuung sorgen. Die Schule hatte schon seit Tagen versucht das Treffen zu verhindern. „Die Schulleitung hat die Stadt gebeten, den Vertrag mit der AfD zu kündigen, aber die Stadt hat abgelehnt“, teilte etwa der Potsdamer Linke-Kreisvize Christian Wienert noch am Sonntag via Facebook mit, der auch als Geschichtslehrer an der Schule unterrichtet. Nun würden Schüler einen „stillen Protest“ planen.
In einem am Montag versendeten Brief des kommissarischen Schulleiters Lutz Blum an alle Eltern heißt es weiter, erst vergangenen Donnerstag habe man erfahren, dass es um eine Wahlveranstaltung der AfD gehe. Danach habe man die Stadt gebeten, den Vertrag mit dem Veranstalter zu kündigen – zunächst erfolglos, allerdings drang diese erste Entscheidung nach PNN-Informationen auch nicht bis zur Stadtspitze durch. Die Situation sei wegen der parallel stattfindenden Elternversammlungen der Klassen 5 bis 8 umso misslicher, ärgerte sich Blum in dem Schreiben. Und er ging noch weiter – denn die Schule war schon regelmäßig Veranstaltungsort für Parteitage der Linken, am Wochenende hatten auch die Grünen vor Ort einen Parteitag. Dazu werde man mit der Stadt das Gespräch suchen. Ziel muss es sein, „dass zukünftig keine Räume unserer Schule für öffentliche Parteiveranstaltungen angemietet werden können“, so Schulleiter Blum.
Doch jetzt ist die Veranstaltung ohnehin erst einmal abgesagt. AfD-Mann Springer sagte den PNN am Abend, bisher habe man noch nichts schriftlich. Die Veranstaltung sei aber schon lange angemeldet gewesen. Verträge seien einzuhalten und man habe bereits Miete gezahlt, führte er an. Man werde auch Schadensersatzforderungen prüfen, machte Springer deutlich.
Bei der Veranstaltung wollte auch der Potsdamer Stadtfraktionschef Dennis Hohloch auftreten, der auch Landesvorsitzender der Jungen Alternative (JA) ist – deren Auftreten noch radikaler als das der Hauptpartei gilt. Zuletzt stellte die JA auch einen Wahlkampfauftritt von Hohloch in Cottbus ins Internet. Dort behauptete der Grundschullehrer unter anderem, dass man 30 Jahre nach dem Mauerfall Angst um Job, Familie und Existenz haben müsste, „wenn man eine politische Veranstaltung besucht oder seine Meinung äußert“. Auch von einem „kranken System“ sprach er – und von Medien („Lückenpresse“), die nicht berichten, sondern Meinung machen würden, gerade gegen die AfD. Zudem sagte Hohloch, die Polizei benötige zu lang für Einsätze. In Potsdam seien nur drei Polizeistreifen im Einsatz, „wenn denn alle besetzt sind oder der Krankenstand nicht zu hoch ist.“ Allerdings hatte das Landesinnenministerium für die Polizeiinspektion Potsdam Ende 2017 insgesamt knapp 30 Funkstreifenwagen angegeben – auf AfD-Anfrage. Davon würden täglich im Schnitt acht Wagen eingesetzt, hieß es vom Ministerium im Mai 2018 auf CDU-Anfrage.