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Nach dem Fall der Mauer war der frühere Postenweg der DDR-Grenzer zugänglich, ab 2011 verwehrten eine Reihe von Anrainern den Zutritt. 
© Andreas Klaer

Im Prozess um den Uferweg am Griebnitzsee: Richterin zweifelt an Erfassungsmethoden der Stadt

Zweiter Verhandlungstag: Vor allem die Grundstückseigentümer kamen zu Wort und die Richterin äußerte ihre Bedenken hinsichtlich der Erfassungstechnik von Arten.

Der zweite Prozesstag im Streit um den Uferweg am Griebnitzsee sollte eigentlich ganz im Zeichen des Artenschutzes stehen. Doch zur Verhandlung über einzelne Arten wie etwa die Zauneidechse, bestimmte Käfer oder Vögel kam es am Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) nicht. Zunächst hatte Richterin Dagmar Merz noch betont, sie sehe keine Fehler in der Methodik zur Bestandserfassung der Tiere und Pflanzen am See, die in den Bebauungsplan der Stadt einflossen.

Doch nach zahlreichen Nachfragen der Anwälte, die die Interessen der Grundstückseigentümer am See vertreten, verkündete die Richterin, doch erneut über die Grundfrage der Methode mit dem Senat beraten zu müssen. „Wir werden uns noch einmal anschauen, ob die Kartierung und Erfassung als ausreichend anzusehen ist“, so Merz. Die einzelnen Arten werden dann am dritten Prozesstag beraten – diesen hat die Richterin für den 11. Dezember angesetzt.

Erfassung vom Boot aus

Grund sind Zweifel daran, ob die Methode, mit der die Firma Natur+Text, die im Auftrag der Stadt die Arten erfasste, ausreichten. Nach Angaben von Kristian Tost von dem Unternehmen wurden zwei Bestandsaufnahmen gemacht, 2009 und 2015, vor den beiden Fassungen des B-Plans.

Wie berichtet hatte das OVG einen ersten Bebauungsplan zur Errichtung eines Uferwegs im Jahr 2011 gekippt, nun läuft der zweite Anlauf. 20 Anrainer haben gegen den neuen B-Plan Normenkontrollklagen eingereicht.

Bei den Bestandsaufnahmen der Arten hat es mehrere Begehungen gegeben – bei der zweiten allerdings nur von einigen Grundstücken. Denn die anderen hatten mittlerweile den Zugang zum Weg verwehrt. Dort erfassten Tost und seine Kollegen die Vögel vom Boot aus, vor allem anhand ihres Gesangs. „Im Frühjahr beziehen die meisten Vögel ihre Reviere“, erklärte Tost. Wie jedoch Anwalt Gernot Schiller anmerkte, wurde bei den Begehungen weder Uhrzeit noch Witterung erfasst, auch hätten Begehungen bis in den Herbst stattfinden müssen.

Zudem, so betonte Christoph Partsch, der 14 Eigentümer vertritt, seien unter anderem Holzstapel als Habitate nicht erfasst worden. Anwohner betonten, durch die Sperrung des Weges seien bestimmte Tierarten erst zurückgekehrt. So erklärte der Potsdamer Immobilienunternehmer und Stadtverordnete für das Bürgerbündnis Wolfhard Kirsch, „seit dort Ruhe eingekehrt ist, leben hier Gänse, Fledermäuse, auch ein Biber“. 

Rollrasen mit Mährobotern

Ein Argument, das die Vertreter der Bürgerinitiative „Griebnitzsee für alle“, nicht gelten lassen wollten. „Die Verlogenheit ist bodenlos“, sagte Christiane Raffauf. In vielen Gärten sei von Mährobotern gekürzter Rasen bis zum Ufer. „Rollrasen ist nicht bekannt für Artenvielfalt“, so Raffauf. Zudem würden Gärten und Villen nächtlich beleuchtet, das schade den Insekten. „Dass die sich jetzt als Artenschützer aufspielen, ist ein Witz“, so Karin Hansen von der Initiative. 

Im Prozess um den Uferweg erläuterten am Donnerstag auch ausführlich die Villeneigentümer, wie ein Weg ihnen aus ihrer Sicht den Alltag erschweren würde. „Wir sitzen hier dann wie auf dem Präsentierteller, wir dürfen ja nicht einmal blickdichte Zäune aufstellen“, kritisierte Boris Schucht, Chef einer Firma für Urananreicherung. Julia Beier, die nach eigenen Angaben in einer Wohnanlage mit 23 Parteien lebt und deren Schlafzimmer zum See zeigt, bezeichnete die Pläne als unzumutbar. „Einen Uferpark vor so ein ruhiges Wohngebiet zu setzen, wo dann abends die jungen Leute Fete machen, ist nicht tragbar“, betonte die ältere Dame. 

Steigt das Einbruchsrisiko?

Bedenken äußerten die Anwohner auch zur Sicherheit. In der Begründung für den B-Plan hatte die Stadt ausgeführt, man gehe bei einem geöffneten Weg nicht von einem erhöhten Einbruchsrisiko aus. „Wir haben hier Grundstücke, die auch eine gewisse Anlockwirkung haben“, sagte Anwalt Partsch. Durch die Einsehbarkeit und Begehbarkeit steige das Risiko.

Rut Herten-Koch, die die Stadt Potsdam bei dem Verfahren vertritt, sah diesen Zusammenhang so nicht. „Es könnte auch sein, dass durch die bessere Einsehbarkeit weniger Einbrüche vorkommen, weil diese eher beobachtet werden können“, gab sie zu bedenken. John Flüh, Anwalt seiner Frau, die Verlegerin und Schriftstellerin Caroline Flüh, zeigte sein Unverständnis dafür, dass die Stadt bisher keine Offenheit dafür signalisiere, den Weg nachts zu schließen. „Die Stadt hat kein Argument dafür“, so Flüh. 

Über das Urteil wollte an diesem Tag kaum einer spekulieren, die Richterin hielt sich weiterhin bedeckt. Wie Friedrich-Carl Wachs, früherer Chef der Studios Babelsberg und ebenfalls Eigentümer eines Grundstücks sagte, sei der Ausgang völlig offen. Er sei allerdings frustriert darüber, dass Versuche, eine einvernehmliche Lösung zu finden, gescheitert seien. „Der Weg wird nur frei, wenn es gelingt, irgendeinen Kompromiss mit den Eigentümern zu finden“, glaubt er. 

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