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Kunst statt Abriss. Das Rechenzentrum an der Breiten Straße soll Künstlern ein Quartier bieten, so die Ansage von Oberbürgermeister Jann Jakobs. Zu welchen Konditionen ist noch offen.
© Manfred Thomas

Raum für Kreative in Potsdam: Rechenzentrum wird neues Künstlerhaus

Jubel in der Kulturszene: Die Stadt stellt einen Teil des Rechenzentrums für eine Zwischennutzung zur Verfügung. Der Bau soll irgendwann verschwinden.

Innenstadt - Die Nachricht ist ein Paukenschlag für händeringend nach Räumen suchende Potsdamer Künstler: Ein Teil des eigentlich für den Abriss vorgesehenen Rechenzentrums soll zum Kunst- und Kulturhaus werden – zumindest übergangsweise. Diesen überraschenden Vorstoß hat am Mittwoch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gemacht. Zu der Initiative habe er sich angesichts der Dauerdebatte über fehlende Räume für Künstler und Kreativwirtschaft entschlossen. „Ich nehme diese Sorgen sehr ernst“, erklärte Jakobs in einer Mitteilung.

Konkret geht es um das Verwaltungsgebäude des Rechenzentrums an der Breiten Straße, Ecke Dortustraße. Dort ist derzeit die Internet-Infrastruktur der Landesverwaltung untergebracht, die umziehen soll. Schon Mitte dieses Jahres sollen die Verwaltungsbereiche des Rechenzentrums auf den Landesbehördencampus in der Steinstraße ziehen – die leer stehenden Räume sollen die Künstler beziehen.

Büros für Freiberufler oder Kreative

Er beabsichtige, die Initiativen einzuladen, um die genauen Eckpunkte für die Zwischennutzung zu vereinbaren, so Jakobs. Ergebnis dieser Runde solle ein Gesamtkonzept sein, um das Bürogebäude temporär für die Kunst- und Kulturszene bereitzustellen, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz – unter anderem könnten gemeinsam genutzte Büros und Flächen für Freiberufler, Kreative oder kleinere Startup-Firmen geschaffen werden.

In der Kulturszene sorgt die Nachricht für Jubel. „Das ist nach all unseren Bemühungen ein großer Erfolg“, sagte André Tomczak von der im vergangenen Jahr gegründeten „Kulturlobby“ – damals hatten Dutzende Künstler und Bands ihre Räume in der Brauerei am Leipziger Dreieck verloren, weil diese jetzt zu einer Wohnanlage umgebaut wird. Aus diesem Anlass entstand die „Kulturlobby“ – ein Künstlernetzwerk, das die städtische Kulturpolitik gestalten will. Tomczak sagte, die Nachfrage nach Räumlichkeiten sei weiterhin groß. Daher sei das Rechenzentrum eine gute Lösung, die viel Platz bieten könne. Zudem sei der Zustand des Gebäudes in Ordnung, die Lage im Zentrum der Stadt optimal. Mit dem Projekt zeige sich, wie wichtig es gewesen sei, das Problem fehlender Räume für Potsdams Künstler über Monate hinweg öffentlich zu thematisieren.

Abriss steht weiter auf der Agenda

Wegen des Rechenzentrums hatte es Ende vergangenen Jahres heftigen Streit zwischen Stadt und Land gegeben. Denn eigentlich hätte das Land längst mit der Räumung des Hauses beginnen soll. Das Anfang der 1970er errichtete Gebäude gehört dem städtischen Sanierungsträger, der es abreißen lassen will. Jakobs betonte, es müsse klar sein, dass das Gebäude wieder freigeräumt wird, wenn der Abriss „tatsächlich erforderlich werden sollte“. Denn das nun für die Künstler vorgesehene Verwaltungsgebäude des Zentrums steht dem geplanten originalgetreuen Wiederaufbau der Garnisonkirche im Wege – allerdings nur dem Kirchenschiff, nicht aber dem zunächst geplanten Turm der Kirche, wie Stadtsprecher Schulz auf Nachfrage bestätigte. Der Turm, für den es zumindest eine Baugenehmigung gibt und der möglichst 2017 gebaut werden soll, ist laut der Stiftung Garnisonkirche derzeit etwa erst zur Hälfte finanziert. Wann das Kirchenschiff errichtet wird, ist noch völlig unklar.

Insofern begrüßte auch Barbara Kuster von der für eine historische Innenstadt kämpfenden Initiative „Mitteschön“ die Planungen für das Rechenzentrum: „Ehe es leer steht, sollte dort Kultur gemacht werden.“ Sogar gemeinsame Projekte der Künstler mit dem benachbarten Garnisonkirchen-Projekt seien möglich. Es müsse aber auch klar sein, dass es bei einem Abriss des Rechenzentrums dann keine erneute Debatte geben dürfe, so Kuster – wie in anderen Städten müssten sich die Künstler dann wieder neue Räume suchen.

Zudem erinnerte Jakobs das Land daran, so schnell wie möglich den rückwärtigen Flachbau des Rechenzentrums freizuziehen, in dem die IT-Technik des Landes untergebracht ist. Das soll bis Ende 2017 passieren. Das sei nötig, um die ehemalige Plantage an der Dortustraße – ein früherer Exerzierplatz – und das Wohnprojekt Langer Stall entwickeln zu können, so Jakobs.

Die Entscheidung wurde insgesamt positiv aufgenommen.

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