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Karstadt in der Brandenburger Straße.
© Ottmar Winter PNN

Folgen der Corona-Krise: Potsdams Handel bangt um Karstadt-Filiale

Mindestens ein Drittel der Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof sollen schließen - ob auch Potsdam dabei ist, ist noch unklar. Für den momentan ohnehin angeschlagenen Innenstadt-Handel wäre das fatal.

Potsdam - Es sind vor allem die Touristen, die noch fehlen. Normalerweise wäre die Brandenburger Straße jetzt rund um die Pfingsttage voll, Menschen aus aller Welt würden die Potsdamer Einkaufsstraße entlangschlendern. Doch auch wenn die Geschäfte nun alle wieder offen haben – wie vor der Coronakrise ist es noch lange nicht. Es fehlen die Touristen, es fehlen auch noch viele Potsdamer Kunden. Und dann ist da noch die Gefahr, dass einer der größten Magnete in naher Zukunft verschwinden könnte: das Karstadt-Warenhaus. 

Mindestens ein Drittel der 172 Filialen der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, wie sie seit der Fusion 2018 heißt, sollen bundesweit schließen, Sachwalter Frank Kebekus hatte in einem Interview sogar die Zahl 80 genannt. Eine Liste, welche Häuser betroffen sind, war diese Woche erwartet worden – doch sie kam nicht. Nun soll Ende Juni Klarheit herrschen – auch über die Zukunft der Potsdamer Filiale. 

Der Konzern kämpft spätestens seit der Coronakrise ums Überleben. Anfang April hatte der Warenhaus-Riese, der zur österreichischen Signa-Holding gehört, ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Dieses gilt als Vorstufe der Insolvenz, folgt den gleichen Regeln und mündet oft in ein reguläres Insolvenzverfahren. 

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"Die Brandenburger Straße wäre tot ohne Karstadt"

Für Potsdam wäre das Ende der Karstadtfiliale ein großer Verlust – nicht nur wegen der schätzungsweise rund 100 Mitarbeiter, die dann arbeitslos wären. Auch dem Innenstadt-Handel, der ohnehin unter der Nähe Berlins, unter Konkurrenz durch Einkaufscenter und dem Online-Handel leidet, würde das schwer zu schaffen machen, da sind sich alle Experten einig. „Karstadt ist für die Brandenburger Straße unverzichtbar“, so etwa der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, auf PNN-Anfrage. 

Die Vorsitzende der AG Innenstadt, Bärbel Schälicke, findet noch drastischere Worte: „Die Brandenburger Straße wäre tot ohne Karstadt“, sagt sie. Das Warenhaus sei ein großer Magnet, auf den die kleineren Händler in der Nachbarschaft genauso angewiesen seien wie andersherum. Sie hofft, dass dem Potsdamer Standort zugutekommt, dass es nicht in der gleichen Stadt noch eine Kaufhof-Filiale gibt, also quasi Konkurrenz aus dem eigenen Haus. 

Die Geschäfte und Restaurants in der Brandenburger Straße haben wieder geöffnet. 
Die Geschäfte und Restaurants in der Brandenburger Straße haben wieder geöffnet. 
© Ottmar Winter PNN

Verdi hofft auf einen Erhalt der Potsdamer Filiale

Darauf setzt auch Andreas Splanemann, Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für Berlin und Brandenburg. Zwar sei noch nicht klar, nach welchen Kriterien die „Streichliste“ genau erstellt werde – also Umsatz, Lage oder eben Konkurrenz zu anderen Kaufhäusern. Er sehe aber vor allem in der prominenten Lage einen Pluspunkt für die Potsdamer Filiale. 

Man dürfe sich gleichzeitig keine Illusionen machen – dem Konzern gehe es finanziell nicht gut, nicht erst seit Corona. „Die Krise hat das alles noch verstärkt“, so Splanemann.“ Dennoch hoffe er, dass möglichst viele Standorte und Arbeitsplätze erhalten bleiben. „Dafür kämpfen wir als Gewerkschaft.“ Vom Unternehmen selbst kam bis Redaktionsschluss keine Antwort auf die Frage zur Zukunft der Potsdamer Filiale. 

Schon jetzt leiden die Händler in Potsdam

Sollte sie wirklich schließen, wäre das ein „fatales Signal“ für die gesamte Brandenburger Straße und den Handel in Potsdam, meint Splanemann. Ausgerechnet jetzt wäre dies schwer zu verkraften. Denn wegen der Coronakrise fielen nicht nur viele Touristen als potenzielle Einkäufer weg, auch viele Potsdamer seien sparsamer. „Wer in Kurzarbeit ist oder nicht weiß, wie es mit dem Job weitergeht, hält das Geld zusammen“, so Splanemann. Experten rechneten damit, dass es Jahre dauern werde, bis sich das Konsumklima wieder erhole. 

Schon jetzt sind einige Geschäfte geschlossen oder leergezogen, wie etwa die Kaffeehauskette Starbucks an der Ecke Jägerstraße oder die Räume des Restaurants „Pfeffer und Salz“ gegenüber von Edeka. Immerhin: Für den geschlossenen C&A wurde wie berichtet ein prominenter Nachfolger gefunden: Hier zieht Ikea mit einem der beiden ersten deutschen Planungsstudios ein, also eine Mini-Filiale ohne angeschlossenes Warenlager. 

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Den kleinen Geschäften fehlen die Touristen als Laufkundschaft.
Den kleinen Geschäften fehlen die Touristen als Laufkundschaft.
© Ottmar Winter PNN

Nur die Hälfte der Kunden kommen derzeit

Bei einem Besuch der Straße am Mittwoch teilten auch die befragten Händler auf Nachfrage den Eindruck, dass die Potsdamer zurzeit etwas sparsamer sind. „Glücklicherweise haben wir viele Stammkunden, die auch jetzt kommen“, sagte etwa die Verkäuferin in der Calida-Filiale gegenüber von Karstadt, einem Schweizer Wäschegeschäft. Aber die Einnahmen seien dennoch deutlich gesunken. „Ich schätze, wir haben zurzeit etwa halb so viele Kunden täglich wie vor der Krise“, sagt sie. 

Eine ähnliche Schätzung gab auch eine Verkäuferin bei Schuh Baar drei Häuser weiter ab. „Am Wochenende waren es vielleicht so viele Kunden wie früher an einem Wochentag“, sagte sie. Als Laufkundschaft fehlten natürlich die Potsdam-Gäste aus aller Welt, aber wenigstens die Menschen aus dem Umland kämen jetzt immer häufiger. 

Von der Gefahr, dass Karstadt schließen könnte, haben die Verkäuferinnen noch nichts gehört. Aber klar, gut für die Brandenburger Straße wäre das nicht, da sind sich alle einig. Und eine von ihnen bringt auch auf den Punkt, warum: „Karstadt ist ein guter Nachbar.“

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