Absage des Baumblütenfestes: Schlagabtausch zur Schuldfrage
Die Stadt Werder lässt Aussagen des Unternehmens Wohlthat Entertainment zur gescheiterten Vergabe des Blütenfestes dementieren - per Anwaltsschreiben.
Werder (Havel) - Die Stadtpolitik hat die wichtigsten Beschlüsse für die Zukunft des Baumblütenfestes getroffen – doch die Absage für das Jahr 2020 ist noch nicht ausgestanden. Es liefern sich, teils hinter den Kulissen, die Stadtspitze und der bisherige Betreiber des Festes, die Wohlthat Entertainment GmbH, einen Schlagabtausch über die Schuldfrage. Ein interner Vergabevermerk, der den PNN vorliegt, hatte deutlich gemacht, welche zahlreichen Vergabeauflagen der Stadt das Unternehmen nicht erfüllen wollte.
Werder setzte darauf, einen Veranstalter für das Fest zu finden, der auch die Risiken trägt und die Organisation inklusive Sicherheitsmaßnahmen verantwortet. Das lehnte Wohlthat ab, wie aus dem Vermerk hervorgeht. Das Unternehmen wollte, dass die Stadt Veranstalter bleibt und damit auch die Kosten unter anderem für die Sicherheit trägt.
Die Einnahmen sollten laut Vermerk an Wohlthat gehen
Wohlthat wollte jedoch gleichzeitig festgeschrieben wissen, dass ausschließlich ihm alle Einnahmen des Blütenfestes zu stünden. Transparenz über Ausgaben und Einnahmen lehnte das Unternehmen laut Vergabevermerk ab. Ebenso die Konzessionsabgabe in ungenannter Höhe, die Werder forderte. Stattdessen wollte Wohlthat eine Zahlung von 250 000 Euro von der Stadt als Zuschuss zum Fest. Und das Unternehmen reichte zwar eine Haftpflichtversicherung mit den abgeforderten Deckungssummen ein, führte jedoch eine Haftungsbegrenzung für sich von 250 000 Euro an – von der geforderten Deckungssumme von fünf Millionen Euro.
In dem 20-seitigen Vermerk hielt die Stadtverwaltung den Ablauf des Verfahrens fest. Weil es zwar drei Interessenten, aber nur einen Bieter gab, nämlich Wohlthat, und dieser besagte Anforderungen nicht erfüllte, hatte die Stadt Werder das Vergabeverfahren am 9. September aufgehoben – und als Konsequenz das Baumblütenfest 2020 abgesagt.
Wohlthat: "Teils realitätsfernes Bild der Umstände"
Die Berichterstattung über den Vergabevermerk hatte die Wohlthat Entertainment GmbH in der vergangenen Woche mit einer Pressemitteilung gekontert. Darin betont das Unternehmen, dass die Berichterstattung ein „teils realitätsfernes Bild der Umstände“ gezeichnet habe, die „zum Abbruch der Verhandlungen“ mit der Stadt geführt hätten. Es seien „weder inhaltliche oder konzeptionelle Sachverhalte, noch Versicherungssummen, die selbstverständlich vollumfänglich ausschreibungsgemäß bedient wurden“ Grund für „das Scheitern der Verhandlungen“, so die Mitteilung.
Aus Sicht des Unternehmens handelte es sich bei den Vorstellungen der Stadt um „eine Umkehr“ der Rollen. So habe die Stadt das wirtschaftliche Risiko und sogar „hoheitliche Aufgaben“ abgeben wollen. Dies habe Wohlthat in der ersten Verhandlungsrunde „offen und ehrlich zur Debatte“ gestellt.
Unternehmen zeigte sich "menschlich enttäuscht"
Es sei zunächst eine Diskussionsbereitschaft seitens der Stadt signalisiert und die erste Verhandlungsrunde unter der Prämisse vertagt worden, „sich in der zweiten Runde hierzu weiter auseinanderzusetzen“. Diese zweite Runde habe es dann aber nicht gegeben – und man habe zuvor auch nicht, wie im Vergabevermerk festgehalten, über „finanzielle Detailfragen oder Fragen zur inhaltlichen Umsetzung“ verhandelt. Diese Vorkommnisse hätten „nicht nur professionell verwundert, sondern auch menschlich enttäuscht“, so Wohlthat in der Erklärung.
Für die Stadt Werder hat nun die Potsdamer Kanzlei Dombert Rechtsanwälte eine Stellungnahme zur Wohlthat-Mitteilung verfasst, die den PNN vorliegt. Darin heißt es erneut, dass das Vergabeverfahren aufgehoben werden musste, weil das Wohlthat-Angebot „von den ausgeschriebenen Anforderungen“ abwich. „Der Bieter bot offenbar bewusst etwas anderes an (…)“, so die Dombert-Anwälte. Die Stadt hätte jedoch nicht von den ursprünglichen Anforderungen abrücken können, ohne damit gegen das Vergaberecht zu verstoßen. Keineswegs gehe es der Stadt zudem darum, dass Rollen „umgedreht“ würden: Die Stadt wolle schlicht „die organisatorische und wirtschaftliche Verantwortung dort verankern, wo die wirtschaftlichen Vorteile abgeschöpft“ würden. Daneben sollte die Stadt jedoch unterstützen, auch hoheitliche Aufgaben wollte sie nicht abgeben.
Anwälte: Wohlthat vereinnahmte Einkünfte ohne transparenten Bericht
Die „organisatorische und finanzielle Verantwortung des Veranstalters“ sollte „vertraglich eindeutig und transparent“ abgebildet werden. Denn, so schreiben die Anwälte, „tatsächlich vereinnahmte der Bieter bereits in den vergangenen Jahren die (…) mit dem Baumblütenfest erzielten Einkünfte, und zwar ohne der Stadt Werder (Havel) hierüber im Detail und in transparenter Weise Bericht zu erstatten“. Mit dem Vergabeverfahren habe die Stadt „das in der Vergangenheit gelebte Modell vertraglich abbilden“ wollen. Wenn Werder eine „ausführende Agentur“ suchen würde, dann müsste diese ihre Einkünfte voll an die Stadt weiterreichen und würde für ihre Dienstleistungen eine Vergütung erhalten.
Dass Wohlthat nun überrascht sei von der Aufhebung des Vergabeverfahrens dementieren die Dombert-Anwälte. Die Stadt habe deutlich gesagt, dass das Angebot des Unternehmens „nicht zuschlagfähig“ sei und sie klären müsse, ob das Vergabeverfahren überhaupt fortgesetzt werden könne. Das Protokoll dieser Verhandlung habe Wohlthat unterzeichnet.
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