Stammbahntrasse für Radfahrer?: Radschnellweg ist keine Alternative
Die stillgelegte Stammbahntrasse soll zum Radschnellweg ausgebaut werden, das ist zumindest der Plan der CDU Steglitz-Zehlendorf. Gegen diese Pläne wehrt sich nun Kleimachnows Bürgermeister Michael Grubert.
Kleinmachnow - Fahrradfahrer sollen mehr Platz auf normalen Straßen erhalten, statt auf einem eigenen Radschnellweg von Kleinmachnow nach Berlin auf einer stillgelegten Bahntrasse zu fahren. Das fordert Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) in einem offenen Brief, adressiert an Thomas Heilmann, Berlins Justizsenator und CDU-Kreisverbandsvorsitzender in Steglitz-Zehlendorf. Heilmann hatte wie berichtet im September Pläne vorgestellt, auf der Trasse der früheren Stammbahn zwischen dem S-Bahnhof Lichterfelde- West und dem Potsdamer Platz einen breiten Schnellweg für Radfahrer anzulegen.
Mehr Raum für Radfahrer auf öffentlichen Straßenflächen
Im den PNN vorliegenden Brief begrüßt Grubert zwar, dass Heilmann die unbefriedigende Anbindung des Berliner Südwestens an umliegende Kommunen bemängelt. Er ziehe aber die falschen Schlussfolgerungen. Ein Fahrradschnellweg dürfe dem Bürgermeister zufolge keine hinreichende Alternative sein. Schließlich werde die intensive Radnutzung auch weiterhin auf die Sommermonate beschränkt sein. „Im Winter und über größere Strecken hinweg, wie Kleinmachnow-Berlin Potsdamer Platz, dürfte dagegen nur eine Kombination aus Bahnverkehr und Fahrrad tatsächlich konkurrenzfähig gegenüber dem Auto sein und eine praktikable Alternative darstellen“, so Grubert im Brief. Wenn der Radweg auf der Bahntrasse gebaut wird, dürfte eine Wiederinbetriebnahme der Stammbahn als Bahnstrecke „vollkommen unrealistisch“ werden. Radfahrer sollten stattdessen vor allem innerhalb öffentlicher Straßenflächen ausreichend Raum erhalten.
Für den Bau des Schnellradweges auf der Stammbahntrasse wird sich wohl aber die Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf am kommenden Mittwoch aussprechen. Ein Antrag der Fraktionen von Grünen und CDU soll das Bezirksamt beauftragen, sich sogar für einen Radwegbau über Berlin hinaus bis nach Potsdam auf der Stammbahntrasse einzusetzen. Beide Fraktionen zusammen stellen 37 von 55 Abgeordneten.
Radschnellweg würde späteren Bahnbau unmöglich machen
Zwar heißt es im Antrag, dass die für den Bau nötige Bahntrasse auf keinen Fall entwidmet werden soll. In Kleinmachnow zweifelt jedoch nicht nur der Bürgermeister daran, dass der Radweg nur als Zwischenlösung bis zu einer Reaktivierung der 1838 als erste preußische Bahnstrecke errichteten Stammbahn – die die kürzeste Schienenverbindung zwischen Potsdam und Berlin wäre – dienen könne.
So hat die Bürgerinitiative (BI) Stammbahn am Donnerstagabend zu einer Diskussionsveranstaltung ins Kleinmachnower Eiscafé eingeladen, zu der 15 Teilnehmer aus Kleinmachnow und Steglitz-Zehlendorf kamen. Auch wenn der Radwegbau rechtlich nicht dem späteren Bau einer Bahn entgegensteht, würde er ihn faktisch unmöglich machen, ist sich BI-Mitglied Udo Dittfurth sicher. Schließlich bedeute der Schnellweg erhebliche Baumaßnahmen, die man nicht nach zehn Jahren wieder zurückbauen werde. „Es müssten Brücken mit Geländern versehen und zum Teil vielleicht komplett erneuert werden. Dazu braucht der Radschnellweg Rampen, die ihn mit dem normalen Straßennetz verbinden“, so der Stadtplaner, der auch Mitglied im Berliner Fahrgastverband IGEB ist.
Berliner würden auf Barrikaden gehen, wenn der Radweg wieder abgebaut wird
Der Radweg, der eine zweistellige Millionensumme kosten würde, würde sicher mit Fördermitteln finanziert, die oft eine Nutzung über viele Jahre vorschreiben. „Außerdem würden die Berliner sicher auf die Barrikaden gehen, wenn sie sich an den Radweg gewöhnt haben und er wieder abgebaut wird“, so Dittfurth.
Seit 16 Jahren setzt sich die BI Stammbahn für den Wiederaufbau der Bahnstrecke ein, wie Mitglied Jens Klocksin betonte. Durch die Radwegpläne würde die Politik aufgeschreckt, Klocksin hofft, dass das den Bestrebungen für einen Wiederaufbau der Gleise helfen könnte. Schließlich seien dafür schon Vorarbeiten geleistet worden: Für 25 Millionen Euro wurden Klocksin zufolge beim Neubau des Berliner Nord-Süd-Tunnels zwischen Potsdamer Platz und Gesundbrunnen Vorarbeiten getätigt, damit einmal Züge von der Stammbahn in den Tunnel einfahren können.
Neue S-Bahn-Linien nach Teltow oder Stahnsdorf geprüft
Wie berichtet prüft derzeit auch das Brandenburger Infrastrukturministerium den Bau neuer Bahnverbindungen nach Berlin, neben der Stammbahn unter anderem die S-Bahn-Verlängerung von Teltow nach Stahnsdorf oder auch eine S-Bahn-Verbindung nach Falkensee (Havelland). Im kommenden Jahr soll ein neuer Entwurf des Landesnahverkehrsplans vorliegen, in dem zu den Projekten Stellung bezogen wird. Nach PNN-Informationen wird inzwischen auch in Berliner Ministerien wieder über den Bau der Stammbahn beraten, da sie Verkehr von der überlasteten Berliner Stadtbahn zwischen Charlottenburg und Ostbahnhof abziehen würde und bei Havarien als Ausweichstrecke nach Potsdam genutzt werden könnte.
Auch wenn die Steglitz-Zehlendorfer am Mittwoch für den Radwegbau votieren, glaubt Jens Klocksin nicht an konkrete Planungen in nächster Zeit. Es werde sicher eine Auszeit bis zur Wahl des Abgeordnetenhauses im September 2016 geben.
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