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Die Baustelle der Blütentherme ruht. Bürgermeisterin Saß geht davon aus, dass nach dem Gerichtstermin "mehrere kurzfristige Entscheidungen" zu treffen sind.
© Lutz Hannemann

Streit um Blütentherme in Werder: Keine Lust auf einen Vergleich

Am Landgericht wird am 22. Juni über die Blütentherme verhandelt. Zur Forderung der Kristall Bäder AG von 415.000 Euro hat die Stadt Widerklage eingereicht – und will 800.000 Euro.

Werder (Havel) - Im Streit um die Finanzierung der Blütentherme ist immer noch kein Fortschritt in Sicht. Erst am 22. Juni werden Vertreter der Stadt Werder und der Kristall Bäder AG wieder aufeinandertreffen – am Potsdamer Landgericht, wo ein Gütetermin anberaumt ist. Gibt es keine gütliche Einigung, soll direkt anschließend in die Gerichtsverhandlung eingetreten werden. Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) hat sich diesbezüglich bereits festgelegt. „Wir werden uns auf keinen Vergleich mit der Kristall Bäder AG einlassen“, sagte sie den PNN.

Nicht eingehaltene Termine und nicht erbrachte Leistungen

Wie berichtet hat Kristall die Stadt Werder auf Zahlung von 415 000 Euro verklagt, weil beim Bau der Therme erbrachte Leistungen nicht gezahlt worden seien. Ein erster Landgerichtstermin war im März anberaumt, wurde aber auf Wunsch des Unternehmens verschoben. Die Stadt Werder hat zwischenzeitlich Widerklage erhoben, sagte Saß, und fordere rund 800 000 Euro von der Kristall Bäder AG. Dabei gehe es um nicht eingehaltene Termine und nicht erbrachte Leistungen, für die die Stadt in Vorkasse gegangen sei. Stadtverordnete im Bad-Ausschuss gehen sogar davon aus, dass über drei Millionen Euro von der Kristall Bäder AG zurückgefordert werden könnten.

Die Blütentherme ist nicht das einzige Thermenprojekt der bayerischen Bädergruppe, bei dem es Ärger gibt. Auch bei der Kristalltherme in Seelze streitet sich das Unternehmen derzeit mit der Kommune ums Geld. Mit besonderem Interesse verfolge man die Entwicklung bei der Trimini-Therme in Kochel (Bayern), sagte Manuela Saß: Der Kocheler Gemeinderat hat Anfang Mai beschlossen, den Vertrag zur Sanierung der Trimini-Therme zu kündigen. Am heutigen Donnerstag läuft ein Ultimatum zur Einigung ab.

Sieben Eröffnungstermine - und die Therme ist immer noch nicht offen

Letzte Chancen bestehen offenbar, weil Bayerns Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) vor Kurzem neues Mitglied des Aufsichtsrates wurde – und, wie es heißt, moderatere Töne als der Aufsichtsratschef Heinz Steinhart anschlägt. Beckstein unterhält eine Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei in Nürnberg, ganz in der Nähe hat auch die Bäder-Gruppe von Heinz Steinhart ihren Sitz.

Steinhart hatte in Werder insgesamt sieben Eröffnungstermine für die Blütentherme angekündigt und keinen gehalten. Zudem hatte er Mehrkosten für die Therme reklamiert, wobei in der Stadt massive Zweifel daran bestehen, dass der Bau, wie Steinhart verspricht, opulenter wird als vertraglich vereinbart. Außerdem gibt es sich deutlich unterscheidende Auffassungen über den Bautenstand des Großprojektes, die Baustelle ist seit Monaten verwaist.

80 Prozent seien schon fertig

Steinhart hat zuletzt erklärt, dass die Therme zu 80 Prozent fertig sei und der Bau in vier bis fünf Monaten fertig werden könnte. Er will das im laufenden Rechtsstreit nach PNN-Informationen durch ein Gutachten untermauern. Auf eine PNN-Anfrage an das Unternehmen vom Montag gab es bis gestern Nachmittag keine Reaktion. Auch die Stadt Werder hat Gutachter über die Baustelle geschickt, deren letzte Expertisen in dieser Woche dem Rathaus vorgelegt wurden. Demnach ist der Bau zu gut 50 Prozent fertig. „Der Leistungsstand entspricht dem eines erweiterten Rohbaus“, sagte Bürgermeisterin Saß. Bis zur Eröffnung müsste demnach mindestens noch zwölf Monate gebaut werden. Vertraglich vereinbart war eine Bauzeit von 19 Monaten, die Hochbauarbeiten hatten im Januar 2012 begonnen. Von den zugesagten 18,9 Millionen Euro hat die Stadt knapp 18 Millionen ausgereicht.

Bürgermeisterin Saß hatte bereits im März erklärt, zu prüfen, ob der Vertrag zum Bau und Betrieb der Therme gekündigt wird. Als positives Beispiel für ein kommunales Bad nannte sie jetzt die Spreewelten-Therme in Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz), eine Tochter des Lübbenauer Wohnungsbauunternehmens. Noch bis 2007 gehörte das Bad zur Kristall Bäder AG, wurde danach besonders für sein Pinguinbecken bekannt.

Realistisch: Öffnung 2017

Saß zufolge sind auch mehrere Anfragen privater Bäderunternehmen im Rathaus eingetroffen, die ihr Interesse an der Blütentherme angemeldet hätten. „Ein halber Ordner ist damit voll“, sagte die Bürgermeisterin. Solange ein Vertragsverhältnis mit der Kristall Bäder AG besteht, werde man allerdings nicht mit anderen Unternehmen verhandeln.

Die Stadtverwaltung geht weiter davon aus, dass eine Eröffnung der Blütentherme im Jahr 2017 zur 700-Jahr-Feier der Stadt realistisch wäre. Trotz aller Schwierigkeiten sei es „eine 100-prozentig richtige Entscheidung gewesen, die Therme zu bauen“, so die Bürgermeisterin. Die Werderaner würden trotz der Probleme im Grundsatz hinter dem Projekt stehen. Sie gehe davon aus, dass das Rathaus nach dem Landgerichtstermin „mehrere kurzfristige Entscheidungen“ zu treffen habe.

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