Streit zwischen Kristall Bäder AG und Werder: Blütentherme in Werder wird doch nicht größer
Die Stadt Werder und die Kristall Bäder AG sind inzwischen hoffnungslos zerstritten. Die Blütentherme wird teurer, der Eröffnungstermin verschiebt sich offenbar weiter. Und der Stillstand kostet.
Werder (Havel) - Sie sollte opulenter werden, so hat es die Kristall Bäder AG versprochen. Mit mehr Freizeitelementen wollte man der Potsdamer Konkurrenz entgegentreten. Stattdessen gibt es ein bisschen mehr Glamour, die Therme wird aber nicht größer als vereinbart. Das geht aus Nachweisen hervor, mit denen die Kristall Bäder AG dem Rathaus vor einem Jahr millionenschwere Mehrinvestitionen begründen sollte.
Demnach wird Werders neues Bad – wenn es irgendwann einmal fertig wird – zwar mehr Raumvolumen haben. Von den hohen Decken haben die Badegäste allerdings wenig: Die wesentliche Kennzahl, die Nutzfläche, wird nach PNN-Informationen gerade mal die vertraglich vereinbarte Mindestgröße erreichen. Die Mindestwasserfläche wird demnach sogar um zehn Prozent unterschritten.
Mehrkosten von sechs Millionen Euro
Aus Unterlagen, die vor knapp einem Jahr der Bauaufsicht nachgereicht werden mussten, geht nach Informationen dieser Zeitung hervor, dass das vertraglich fixierte Kinderbecken ebenso gestrichen wurde wie das Zwölf-Prozent-Solebecken, die Whirlliegen und eine der fünf Außensaunen. Dafür gibt es demnach kaum Ausgleich. Wie berichtet spricht die Kristall Bäder AG von Mehrkosten für das Bad von sechs Millionen Euro, unter anderem wegen der opulenteren Ausstattung. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei eher um Details wie hochwertigere Fliesen und dekorative Bergkristalle der Deutschen Edelsteingesellschaft, die zur Kristall-Bäder-Gruppe gehört.
An sich sollte die Blütentherme zum Fixpreis von 18 Millionen errichtet werden. Alle Mehrkosten würden durch die Kristall Bäder AG geschultert, hatte Kristall-Aufsichtsratschef Heinz Steinhart zuletzt beim Richtfest versprochen. Seitdem knirscht es gewaltig im Getriebe. Das Geld der Stadt ist fast komplett ausgezahlt, während es auf der Baustelle nach Einschätzung von Fachleuten noch sehr viel zu tun gibt. Demnach sind noch nicht einmal 60 Prozent der Bauleistungen erbracht, die Kristall Bäder AG redet derweil von 80 Prozent. Und braucht Geld.
Spaziergänger sprechen von einer "Investruine"
Laut dem vier Jahre alten Projektvertrag baut die bayerische Kristall-Bädergruppe die Therme mit der Kommune in öffentlich-privater Partnerschaft: Werder bezahlt das Projekt, die AG pachtet das Bad für einige Jahre, anschließend kauft sie es zum Restwert. Werders neue Therme, so sah es der Vertrag weiter vor, sollte in einer branchenüblichen Bauzeit von 19 Monaten ab der Baugenehmigung errichtet werden, Eröffnungstermin wäre der Dezember 2012 gewesen. Stattdessen sind die Bauarbeiten in den vergangenen Monaten völlig zum Erliegen gekommen, Spaziergänger an der Hafenpromenade sprechen schon von einer „Investruine“.
Dass Werders Bad vor dem neuen Freizeitbad in Potsdam, das Ende 2016 eröffnet werden soll, in Betrieb geht, glauben selbst Optimisten nicht mehr. Stadt und Kristall Bäder AG sind hoffnungslos in Streitigkeiten verkeilt. Und der Verzug ist offenbar nicht billig: Nach Angaben der Kristall Bäder AG kostet jeder Monat dem Unternehmen 90.000 Euro. Der Stadt entgehen Pachtzahlungen von monatlich 21.000 Euro – und die erhofften belebenden Effekte aus der Therme für den staatlich anerkannten Erholungsort.
Kristall Bäder AG verklagt Werder
Spannend ist, dass die Kristall Bäder AG unter diesen Vorzeichen die Stadt zur Zahlung von 416.000 Euro verklagt hat – und dafür offenbar einen weiteren mehrmonatigen Bauverzug in Kauf nimmt. Sie erhebt in ihrer über 60-seitigen, den PNN vorliegenden Klageschrift Ansprüche auf deutlich mehr Geld, reklamiert noch eine Zwischenfinanzierung von 1,8 Millionen Euro, ohne sie gerichtlich einzufordern.
Die Stadt hat den Geldhahn derweil vor zehn Monaten zugedreht: Ohne Nachweise über den Bautenstand und den weiteren Bauablauf, ohne eine gesicherte Energieversorgung und ohne einen sanktionsbewehrten Eröffnungstermin fließt kein Euro mehr, hatte Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) zuletzt erklärt.
Bei den 416.000 Euro handelt es sich um Ansprüche der Bäder AG für Fassadendämmung und Heizung, die die Stadt nicht gedeckt habe. Offenbar aus gutem Grund: Der Werksvertrag sieht eine Ratenzahlung nach Baufortschritt vor, doch selbst wer sich die Therme oberflächlich von außen anschaut, sieht, dass der Nordgiebel des Gebäudes noch nicht gedämmt ist. Durch einen Schlitz an der Seite kann man durch eine Holz-Folien-Konstruktion sogar ins Innere schauen. Was die Heizung angeht, fordert die Stadt eine dingliche Absicherung der Energieversorgung. Entgegen dem Werksvertrag hat die Bäder AG das Bad nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen, sondern ein Blockheizkraftwerk auf eigenem Grund bauen lassen. Die Stadt wartet auf Sicherheiten, dass die Therme stets daraus versorgt wird – bekommt sie aber nicht.
Bürgermeisterin zeigt sich kämpferisch
Dass der seit anderthalb Jahren eskalierende Streit schnell zu beenden ist, glaubt niemand mehr. Die Stadtverwaltung denkt dem Vernehmen nach sogar darüber nach, selbst Rückforderungen aus nicht oder nicht vollständig erbrachten Vertragsleistungen geltend zu machen. Bürgermeisterin Saß wollte das am Mittwoch nicht bestätigen. Aus dem Ernst der Lage macht sie derweil keinen Hehl – und zeigt sich kämpferisch. „Wir sitzen nicht wie die Kaninchen vor der Schlange.“
Sie bestätigte, dass die Stadt am vergangenen Freitag die Klageschrift der Kristall Bäder AG erhalten habe. „Die Forderungen halten wir nicht für berechtigt.“ Der Rechtsstreit werde aber keine Auswirkungen auf die Fertigstellung der Therme haben, versicherte sie. „Wir sind uns da unserer Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler bewusst.“ Was das bedeutet, wollte sie nicht erläutern. Saß bestätigte auch, dass das Bad trotz aller Mehrkosten nicht opulenter wird, durch die angeblichen Zusatzleistungen gerade mal das vertraglich vereinbarte Maß erreicht wird. Beim Kinderbecken, versicherte sie, werde man nicht mit sich handeln lassen.
Weil die Kristall Bäder AG geforderte Nachweise nicht selbst erbracht habe, arbeite das Rathaus gemeinsam mit Gutachtern, Badexperten und Bausachverständigen seit Monaten selbst an einer Bestandsaufnahme über die bislang erbrachten Bauleistungen. „Werder ist eine finanzstarke und schlagkräftige Kommune“, sagte die Bürgermeisterin. „Herr Steinhart spielt nicht mit der Stadtwache.“ Das alles klingt kaum noch nach einer schnellen gütlichen Einigung.
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