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Still ruht die Baustelle. Seit Monaten wurde kein Bauarbeiter mehr in der halb fertigen Blütentherme gesichtet. Die beiden Vertragspartner streiten sich inzwischen vor dem Potsdamer Landgericht.
© Lutz Hannemann

Streit um Blütentherme in Werder: "Das wäre Untreue"

Die Stadt Werder habe für die Blütentherme keinen Cent zu viel bezahlt, das betont Kristall-Bäder-Chef Heinz Steinhart. Vielmehr müssten sogar offene Rechnungen bei der Stadt eingeklagt werden

Werder (Havel) - Die Stadt Werder hat für die Blütentherme noch keinen Cent zu viel bezahlt. Das zumindest versicherte Heinz Steinhart, Aufsichtsratsvorsitzender der Kristall Bäder AG, gegenüber den PNN. Wie berichtet denkt die Stadtverwaltung darüber nach, Rückforderungen aus nicht oder nicht vollständig erbrachten Vertragsleistungen geltend zu machen. Zuvor hatte die Kristall Bäder AG die Stadt ihrerseits zur Zahlung von über 400.000 Euro für angeblich unbezahlte Rechnungen verklagt, ein Termin am morgigen Freitag im Landgericht wurde verschoben.

Steinhart hatte die PNN zum Exklusivinterview in die Kristalltherme Ludwigsfelde eingeladen, an dem auch der Vorstandschef der Kristall Bäder AG, Gerd Bittermann, teilnahm. Das Interview wurde am Mittwochabend nicht autorisiert, angeblich weil Interviewfragen auf Betreiben des Rechtsanwaltes der Stadt Werder nachträglich eingefügt und Antworten verdreht worden seien. Beides ist nach Auffassung der PNN-Redaktion nicht der Fall.

17,7 Millionen ausgezahlt, doch die Therme ist noch lange nicht fertig

Die Therme sollte zum Fixpreis von 18 Millionen Euro gebaut werden, später sagte die Stadt weitere 900.000 Euro zu. Der Finanzierungsbetrag der Stadt ist zwar fast komplett ausgezahlt, die Therme aber nach Einschätzung von Fachleuten zu kaum 60 Prozent fertig. Steinhart spricht von 80 Prozent. Er bestätigte, dass die Stadt bislang 17,7 Millionen Euro ausgezahlt habe. „Wir haben Zahlungsziele vereinbart und danach wurde abgerechnet.“

Steinhart verwies in dem Gespräch auf die Controllerin, die die Stadt für das Projekt eingestellt hat. Sie habe jede Rechnung genau geprüft, sogar Anwälte hinzugezogen. „Da gab es immer eine Riesendiskussion und dann wurde bezahlt.“ Da könne die Stadt nicht im Nachhinein kommen und anders argumentieren. „Wenn es so wäre, dann wäre es Untreue. Das sollte sich die Stadt genau überlegen, wie sie da argumentiert“, sagte Steinhart. Er versicherte hingegen: „Alle Zahlungen, die wir bekommen haben, waren so im Vertrag vereinbart.“ Im Gegenteil gebe es offene Rechnungen, etwa für die Fassadendämmung, die eingeklagt werden müssten.

Laut dem vor etwa vier Jahren vereinbarten Vertrag baut die bayerische Bädergruppe das Bad mit der Kommune in öffentlich-privater Partnerschaft, Bauzeit: 19 Monate. Werder bezahlt das Projekt, die AG pachtet das Bad für einige Jahre, anschließend kauft sie es zum Restwert. Steinhart erklärte, die Therme könne in vier bis fünf Monaten fertig werden, wenn die Stadt „ihre Hausaufgaben“ mache. Man warte auf einen Kaufvertragsentwurf und einen Vertragsentwurf zur Besicherung der Energiezentrale. Außerdem habe die Stadt eine Zwischenfinanzierung von 1,8 Millionen Euro zu Fall gebracht, zudem fehlten noch 1,2 Millionen Euro aus der Finanzierungssumme. Mit diesen drei Millionen Euro könne die Therme sofort weitergebaut werden.

Es fehlen noch sechs bis sieben Millionen Euro

Die Zahlung dieses Geldes hat die Stadt wie berichtet an die Bedingung geknüpft, dass die Kristall Bäder AG nach der wiederholten Verschiebung der Eröffnungstermine einen verbindlichen Fertigstellungstermin benennt und mit konkreten Unterlagen und einem logischen Bauablaufplan unterlegt. Laut Steinhart seien die Probleme lösbar, die Stadt weigere sich jedoch, mit ihm zu reden.

Zur Fertigstellung würden noch etwa sechs bis sieben Millionen fehlen, die Differenz würde die Kristall Bäder AG aufbringen. Insgesamt wolle die AG sechs Millionen Euro beisteuern, damit die Therme opulenter wird. Dazu müsse aber der Kaufvertrag vorgezogen werden, so viel Geld könne nicht in ein angepachtetes Objekt investiert werden. Zu Zweifeln an den Mehrinvestitionen und zur Tatsache, dass die Therme zwar höhere Decken, aber nicht mehr Nutzfläche als vereinbart bekommen wird, sagte Steinhart, dass ein hohes Gebäude mehr Großzügigkeit gebe. Er verwies dabei auf den Petersdom in Rom.

Öffentliches Forum soll Streit schlichten

Steinhart regte ein öffentliches Forum zu dem Zerwürfnis zwischen Stadt und Kristall Bäder AG an, durch das die Bauarbeiten seit Monaten zum Erliegen gekommen sind. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht, authentisch zu erfahren, worum es geht.“ Bei der Veranstaltung sollten Stadt und Kristall Bäder AG jeweils ihre Vertreter und Anwälte mitbringen. Dann könnten sich beide Seiten erklären und die Öffentlichkeit sich ein Bild über die Tatsachen machen.

Steinhart geht davon aus, dass es für die Stadt deutlich teurer werden würde, wenn sie die Therme allein weiterbaut. Für diesen Fall würden zehn Millionen zur Fertigstellung nicht reichen. „Und es wird trotzdem nicht so schön, wie wir das vorhaben.“ Die Stadt könne das Bad vor allem nicht so wirtschaftlich betreiben wie die Bäder AG. Er verwies darauf, dass alle kommunalen Bäder in Brandenburg Verlustbetriebe seien, die Kristallbäder in Ludwigsfelde und Bad Wilsnack hingegen wirtschaftlich arbeiteten.

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