Die Zukunft der ehemaligen Friedhofsbahn-Trasse: Brückenkauf nicht ausgeschlossen
Eigentlich wollte die Deutsche Bahn die Eisenbahnbrücke über den Teltowkanal, die seit 50 Jahren vor sich hinrostet, schon längst abreißen. Nun verhandeln Stahnsdorf und Kleinmachnow mit der Bahn über die Trasse, mit Blick auf den möglich scheinenden S-Bahnringschluss.
Stahnsdorf / Kleinmachnow - Vögel zwitschern schüchtern, die Sonne schiebt zaghafte Strahlen durch ein Gerüst aus Stahl und Holz. Die alte Eisenbahnbrücke über den Teltowkanal wirkt wie aus einer anderen Zeit. Während in der Ferne Autos über die vielbefahrene Autobahn von Potsdam nach Berlin rollen, gibt der Nebel unterhalb des Kanals die Umrisse des Fachwerkbaus frei.
Wo einst Züge vom Stahnsdorfer Südwestkirchhof bis nach Berlin rollten, schleppt sich an diesem kühlen Herbstmorgen ein Frachter hindurch. Das im Vorfeld der 1913 eröffneten Friedhofsbahn errichtete Bauwerk ist einsturzgefährdet, musste gesichert werden, als herabfallende Holzteile den Schiffsverkehr gefährdeten. Der Zugang unweit des Stahnsdorfer Campingplatzes am Bäkehang ist gesperrt, das lichte Bauwerk wird nur noch von Rudimenten getragen.
Symbolkraft für Stahnsdorf und Kleinmachnow
Vor zwei Jahren hatte die Deutsche Bahn den Abriss angekündigt, setzte die Pläne bislang aber nicht um. Für Stahnsdorf und Kleinmachnow besitzt das Bauwerk eine gewisse Symbolkraft. Nicht zuletzt verbindet sich mit ihr die Hoffnung auf eine Neubelebung des S-Bahn-Ringschlusses. Und nur deshalb steht sie wohl noch.
Jetzt allerdings könnte die alte Brücke im Spiel um die zugehörigen Trassengrundstücke der ehemaligen Friedhofsbahn zum Trumpf werden. Statt sie abzureißen, will die Bahn die Brücke nun gemeinsam mit den Grundstücken ober- und unterhalb des Kanals veräußern, erklärte eine Bahnsprecherin. Stahnsdorf und Kleinmachnow wollen sich die Trassengrundstücke sichern – und damit die Option auf den in ferner Zukunft möglich scheinenden S-Bahnringschluss. Ein Brückenneubau erscheint unumgänglich, doch mit einem Kauf müssten die Kommunen wohl auch die alte Brücke vor ihrem Schicksal bewahren und sie – wie zuletzt von Interessensgruppen gefordert – als technisches Kulturerbe erhalten.
Seit 50 Jahren ist die Friedhofsbahn außer Betrieb
Ein teurer Spaß, eine solche Option hatten die Gemeinden denn auch bislang aus Kostengründen abgelehnt. Kleinmachnow und Stahnsdorf wollen jetzt über ein gemeinsames Vorgehen zum Trassenankauf beraten, erklärte der Pressesprecher der Gemeinde Stahnsdorf, Stephan Reitzig, den PNN, auch zur Brücke. Die Gespräche würden aber „ergebnisoffen“ geführt, wie die Kleinmachnower Gemeindesprecherin Martina Bellack betont.
Eigentlich sollten die Trassengrundstücke der vor über 50 Jahren stillgelegten Friedhofsbahn längst verkauft sein. Nach einem Bieterverfahren war zunächst von der Bahn avisiert worden, noch vor der Sommerpause eine Entscheidung zu treffen. Noch steht sie aus. Sowohl Kleinmachnow als auch Stahnsdorf hatten Gebote abgegeben, um sich die Grundstücke entlang der ehemaligen S-Bahn-Trasse zwischen Südwestkirchhof und dem Europarc zu sichern.
Mögliche Reaktivierung der S-Bahn von Teltow nach Stahnsdorf
Hintergrund ist die mögliche Reaktivierung der alten Strecke, die Teltow über Stahnsdorf mit Kleinmachnow verbinden und – sofern es zu einer Verlängerung der S25 von Teltow-Stadt zum Gewerbegebiet Stahnsdorf kommt – den S-Bahn-Ring bis zum Wannsee schließen soll. Die Landesregierung geht solche Planspiele derzeit für den neuen Landesnahverkehrsplan durch, auch für andere Kommunen im Berliner Speckgürtel.
Das Interesse der Teltower Region am sogenannten Ringschluss ist ungebrochen, die Bahn lehnte bis zuletzt eine Wiederinbetriebnahme der Strecke strikt ab. „Die Trasse der Friedhofsbahn bleibt – unabhängig von der priorisierten Verlängerung der S25 aus Teltow ins Stahnsdorfer Gewerbegebiet – natürlich eine wichtige Option, die wir uns durch den Ankauf offenhalten möchten“, so Stahnsdorfs Rathaussprecher Reitzig gegenüber den PNN. Darüber hinaus lassen die Beteiligten nur wenig über die Verhandlungen durchsickern.
Mehrere Kaufinteressenten
Der Stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Kleinmachnow, Hartmut Piecha, bestätigte die Beteiligung Kleinmachnows am Bieterverfahren zwar, konnte sich die Verzögerungen im Verfahren aber auch nicht erklären. Nach Auskunft der Bahn gebe es „mehrere Kaufinteressenten“. Wer zu diesem Kreis zählt, ließ sie offen.
Die im Juni 1913 eröffnete Friedhofsbahn führte über ein vier Kilometer langes Teilstück von Stahnsdorf über Dreilinden durch die Parforceheide zum Bahnhof Wannsee. Gebaut wurde sie im Auftrag der Evangelischen Kirche mit Errichtung des Südwestkirchhofs und diente zunächst vor allem dem Transport der Toten und Hinterbliebenen von und nach Berlin. Schon damals war geplant, die Bahnlinie zu erweitern.
Die Sprengung der Brücke 1945 begrub zunächst alle Ambitionen für die Bahnverkehrsachse. Drei Jahre später wurde sie wieder aufgebaut, der Verkehr kam jedoch mit dem Bau der Mauer 1961 gänzlich zum Erliegen. Seitdem rostet und modert die Brücke vor sich hin, hat sich die Natur zurückerobert, was ihr einst genommen wurde.
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