Diskussion um Bahnstrecke Berlin-Potsdam: Bausenator Geisel zur Stammbahn: "In zehn bis zwanzig Jahren nötig"
Die Unterstützung für die Stammbahn wächst: Nicht nur die Bahn, auch Berlins Verkehrs- und Bausenator Andreas Geisel hält es für eine gute Idee, die alte Trasse nach Potsdam wieder zur Bahnstrecke zu machen.
Kleinmachnow - Nach der Deutschen Bahn hat sich nun auch Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) gegenüber den PNN für den Wiederaufbau der Stammbahn von Potsdam über Kleinmachnow nach Berlin ausgesprochen. „Es ist klar, dass in zehn bis 20 Jahren eine zusätzliche Verbindung nach Potsdam nötig wird“, sagte Geisel am gestrigen Donnerstag am Rande des Berlin-Brandenburger Straßenbautages im Teltower Rathaus.
Die Stadt Berlin werde bis 2030 voraussichtlich um 400 000 Einwohner wachsen. „Dieses Wachstum ist nicht über zusätzlichen Autoverkehr zu erreichen“, so der Senator. Zwar gebe es derzeit keine konkreten Überlegungen im Senat zum Wiederaufbau der Stammbahn, die die kürzeste Verbindung zwischen Berlin und Potsdam ist. Es sei aber klar, dass nur ein Plus an öffentlichem Nahverkehr das Wachstum aufnehmen kann.
Geisel dankbar für die Worte von Berlins Bahnschef
Zudem zeigte sich Geisel dankbar für die „deutlichen Worte“ des Berliner Bahnchefs Alexander Kaczmarek, der die Stammbahn gegenüber den PNN als „Nabelschnur zwischen Potsdam und Berlin“ und als „schönste Lösung der Verkehrsprobleme“ der Region bezeichnet hat. Laut Kaczmarek könnte die Stammbahn helfen, die überlastete Ost-West-Achse der Bahn durch die Berliner Innenstadt zu entlasten und zusätzliche Zugfahrten zu ermöglichen. Dem Bahnchef zufolge könnte die Strecke nach einer entsprechenden politischen Entscheidung aus Berlin und Brandenburg innerhalb von zwölf bis dreizehn Jahren errichtet sein. Die Stammbahn wurde 1838 als erste preußische Bahnstrecke eingeweiht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde nur noch der Streckenabschnitt im Westteil Berlins befahren. Der größte Teil der Gleise wurde abgebaut.
Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (parteilos), die gestern ebenfalls in Teltow anwesend war, sagte, dass das Land beim Verkehrsverbund Berlin Brandenburg die Untersuchung mehrerer Verkehrskorridore beauftragt habe. Die Untersuchung laufe das ganze Jahr. „In 2016 werden wir den Nahverkehrsplan des Landes dann auf Basis der Verkehrsprognosen der kommenden 20 Jahre überarbeiten“, so Schneider. Untersucht wird dabei auch die Auswirkung einer möglichen Stammbahnreaktivierung.
Pläne für einen Radschnellweg geprüft
Wie berichtet erstellt der Senat derzeit eine Machbarkeitsstudie zu einem Fahrradschnellweg auf der früheren Bahntrasse. Die Initiative dazu kam vom CDU-Bezirksvorsitzenden Steglitz-Zehlendorf, dem Justizsenator Thomas Heilmann. Er verspricht sich davon eine Stärkung des Radverkehrs. „Wir werden aber höchstens eine kurzfristige Lösung zum Radweg unterstützen, die ohne große Investitionen auskommt“, kommentiert Geisel die Pläne. Für weitere Details müsse man die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie abwarten.
Man könne nicht für viel Geld einen Radweg bauen, um ihn wenige Jahre später durch eine Bahnstrecke zu ersetzen, so Geisel. Das würden die Radfahrer nicht verstehen. „Notfalls muss man aushalten, dass die Trasse noch zehn bis zwanzig Jahre frei bleibt“, so Geisel.
Protest: Fahrradschnellweg keine Alternative zur Bahnanbindung
Heilmann sowie die Mehrheit der Bezirksverordneten in Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg wollen den Radschnellweg auf der Stammbahntrasse zumindest als Zwischenlösung, bis sich Pläne für eine Reaktivierung der Bahn konkretisieren. Aus der Region kam dazu unter anderem von der Bürgerinitiative Stammbahn und von Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) Protest. Grubert zufolge sei ein Fahrradweg keine Alternative zu einer Bahnanbindung. Nur die Kombination aus Bahn und Radverkehr könne seiner Gemeinde – der größten in Brandenburg ohne Bahnanschluss – eine Verkehrsentlastung bringen. Auch Jens Klocksin, Sprecher der Bürgerinitiative Stammbahn und früher verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Brandenburger Landtag, glaubt nicht daran, dass ein Radweg eine Zwischenlösung bis zur Reaktivierung der Stammbahn für Regionalzüge sein kann. Schließlich wären Verbindungen an bestehende Wege zu bauen, die recht aufwendig wären. Allerdings hört man Klocksin zufolge von Brandenburger Seite derzeit sehr wenig zur möglichen Reaktivierung. „Während sich der Berliner Bahnbevollmächtigte klar positioniert hat, ist vom Brandenburger Bahnchef nichts zu hören“, so Klocksin.
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