Sorge um ukrainische Kunst: Wie schützen sich die Museen?
Stimmen aus der ukrainischen Kunstwelt: Museen fürchten um ihre Sicherheit. Vorbereitungen für den Venedig-Pavillon unterbrochen.
„Ich habe beschlossen, euch zu erzählen, wie das Museum durch diese Krisenzeiten geht“, schreibt Oleksandra Kovalchuk in einem Facebook-Post. Kovalchuk ist Direktorin des Museums für bildende Kunst in Odessa (OFAM). Kunst würde derzeit im Keller versteckt, sagte sie der New York Times am Donnerstag via Whatsapp.
Auf Facebook bedankte sie sich bei den Sicherheitskräften, die geholfen hätten, das Museum abzusichern. Tage vor dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine schrieb sie, die Bedrohung sorge, quasi aus Protest, für eine „Ukrainisierung“ der Belegschaft. Im Museum würden Meetings jetzt überwiegend auf Ukrainisch abgehalten, und das in einer Stadt, in der die überwiegende Mehrheit Russisch als Muttersprache hat. „Wer hätte gedacht dass 150.000 Soldaten an der Grenze wirkungsvoller sind als jedes Sprachgesetz.“
Sicherheit für Kulturgüter?
Einige Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Direktorin die Bevölkerung noch bei freiem Eintritt ins Museum eingeladen. Museumsbesuche könnten Stress abbauen. Ein Foto zeigt eine lange Schlange vor dem Eingang. Vor dem Museum weht die ukrainische Flagge. Kunst und Museen seien im Lauf der Geschichte immer auch politisch und Teil des öffentlichen Lebens, schreibt Kovalchuk. Bis Samstagmorgen gab es von Oleksandra Kovalchuk keine neuen Nachrichten.
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Auch das Team, das den ukrainischen Pavillon für die am 23. April beginnende Venedig Biennale vorbereitet, meldete sich am Donnerstag auf Instagram zu Wort. „Unser Team ist über die ganze Ukraine verteilt: Charkiw, Kiew und Lviv. Wir haben auch Mitglieder außerhalb der Ukraine“, schreiben die Kurator:innen Lizaveta German, Maira Lanko und Borys Filonenko sowie der ukrainische Konzeptkünstler Pavlo Makov, dessen Arbeit im Venedig-Pavillon der Ukraine ausgestellt werden soll.
Venedig Biennale Pavillon muss erstmal pausieren
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seien die Mitglieder des Teams nicht unmittelbar in Gefahr, heißt es in dem Post, aber die Situation ändere sich jede Minute. Derzeit seien sie aufgrund der lebensbedrohlichen Situation nicht in der Lage die Arbeit am Pavillon fortzusetzen.
Makovs Werk „The Fountain of Exhaustion“ (Brunnen der Erschöpfung), ein Remake einer Wandskulptur von 1995, bei der Wasser durch eine Reihe von Bronzetrichtern fließt, sollte in zwei Wochen nach Italien verschickt werden. Die ursprüngliche Version des Brunnens war ein Symbol für die verlorene Vitalität der Gesellschaft nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, die aktuelle Version steht für eine globale Erschöpfung.
Der Flugverkehr sei unterbrochen, Reisen durchs Land riskant, schreiben die Kurator:innen. Sie würden trotzdem versuchen, die Ukraine bei der Biennale in Venedig zu vertreten. Es läge nur nicht mehr allein in ihrer Hand.
Künstler Pavlo Makov zum Krieg
In einem Interview mit dem Online-Magazin „artnet news“ sagte der 63-jährige Künstler Pavlo Makov am Donnerstag er halte sich mit Frau, Kindern und Mutter in seinem Haus in Charkiw auf. Man höre den Lärm von Bomben. Ein paar russische Panzer seien in den Straßen zu sehen, Schlangen vor den Geschäften. „Schon in den vergangenen acht Jahren haben wir 15000 Soldaten verloren“, sagt Makov im Hinblick auf den Krieg im Donbass. Es sei kein Krieg Russland gegen die Ukraine, sondern ein Krieg zwischen zwei Zivilisationen und Mentalitäten. Makov, der in Russland geboren und in der Ukraine aufgewachsen ist, sagte dem Magazin, er könne nicht verstehen, wie Künstler aus dem Westen nach der Annexion der Krim 2014 weiter mit russischen Institutionen haben zusammenarbeiten können.
Brief aus dem Arsenal Kunst- und Kulturkomplex
Olesia Ostrovska-Liuta, Direktorin am Mystetskyi Arsenal, einem großen Kultur- und Museumskomplex, der in Kiew in der Nähe des historischen Höhlenklosters untergebracht ist, veröffentlichte einen Brief an die internationalen Freunde des Museums, unter anderem auf der Webseite des Museums.
„Dies ist ein Krieg im Zentrum Europas, und dieser Krieg ist nicht nur der unsere, er ist ein Krieg gegen alle demokratischen Staaten, gegen die ganze zivilisierte Welt“, schreibt Ostrovska-Liuta. Die internationale Gemeinschaft könne helfen, indem sie kontinuierlich über den Krieg Russlands gegen die Ukraine spreche und berichte, bei kulturellen Veranstaltungen, Buchmessen, Ausstellungen.
Am Freitag sagte sie, sie und ihr Mann hätten sich in einen Luftschutzbunker begeben. Auch das Arsenal verfüge über einen Bunker. Museumsmitarbeiter seien damit beschäftigt, die Sammlung, Gemälde, Grafiken und bildende Kunst, darunter Werke von Kasimir Malewitsch und dem Kiewer Maler Alexander Bogomazow in Sicherheit zu bringen. Auch das historische Gebäude des Alten Arsenals müsse gesichert werden.
Die Unesco erklärte am Donnerstag, man sei „tief besorgt über die anhaltenden Militäroperationen und die Eskalation der Gewalt in der Ukraine“ und forderte die Einhaltung der „Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954“ sowie der Protokolle (von 1954 und 1999).
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