Brandenburger Erklärung der Vielen: Unter goldglitzernder Rettungsdecke
In Cottbus wurde die „Brandenburger Erklärung der Vielen“ verabschiedet, ein Grundsatz-Papier der Kulturschaffenden gegen das Erstarken von Rechts. Mit dabei sind auch viele Potsdamer.
Potsdam - Am Potsdamer Hans Otto Theater (HOT) gab es bislang keine rechtsextremen Zwischenfälle. „Aber es besteht unter den Zuschauern ein großer Bedarf an Gesprächen, um sich über Ängste und die eigene Unruhe auszutauschen“, sagte Intendantin Bettina Jahnke im Anschluss an das gestrige Treffen im Cottbuser Piccolo Theater. Dort wurde die „Brandenburger Erklärung der Vielen“ verabschiedet, die Jahnke im November nach der „Berliner Erklärung“ auf den Weg gebracht hatte: ein Grundsatz-Papier der Kulturschaffenden gegen das Erstarken von Rechts.
Nach den HOT-Vorstellungen von „Occident Express“ oder „Viel gut essen“, in denen es um Flucht und Fremdenfeindlichkeit geht, seien oft bis zu 100 Zuschauer bei den Nachgesprächen dabei. „Das Thema ist virulent“, so Jahnke. Über 100 Menschen aus fast vierzig Kulturinstitutionen in Brandenburg haben sich inzwischen dem Bündnis gegen Rechts angeschlossen. Die Initiatoren stellten in Cottbus ihre „Erklärung der Vielen“ auch mit Blick auf die bevorstehende Landtagswahl vor. Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Marie Luise von Halem, sagte: „Wir brauchen Kultur, in jeder Form, gerade auch Kultur, die sich politisch positioniert.“
Symbol ist eine gold-glitzernde Rettungsdecke
Neben dem Land Brandenburg verkündeten gestern 13 weitere Städte und Regionen die Erklärung, in vier Städten laufen Vorbereitungen. In Berlin schlossen sich bereits am 9. November 2018 mehr als 140 Kulturinstitutionen der Initiative an. Bundesweit gibt es mehr als 2000 Unterzeichner. Gemeinsames Symbol ist eine gold-glitzernde Rettungsdecke. Für den Mai sind bundesweit „Glänzende Demonstrationen“ geplant, die sich gegen Nationalismus und Intoleranz und für die Freiheit der Kunst einsetzen.
Zu den Unterzeichnern in Potsdam gehören auch das Filmmuseum, die Filmuniversität, das T-Werk, das Theaterschiff, das Museum Barberini, der Offene Kunstverein, das Rechenzentrum und viele Einzelpersonen. „Das Engagement ist grenzüberschreitend“, so Jahnke. Ihr sei es in ihrer Rede in Cottbus darum gegangen, nicht nur den Populismus auf der Straße aufzuzeigen, sondern auch anzuprangern, was in politischen Hinterzimmern passiere.
So sprach sie über den AfD-Politiker Marc Jongens, der am 23. Januar 2018 auf seiner Homepage schrieb: „Es wird mir eine Ehre und Freude sein, dieses Amt auszuüben und die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff zu nehmen.“ Mit diesen Worten habe er sich um den Vorsitz im Kulturausschuss des Deutschen Bundestages beworben. Laut Jongens würden viele künstlerische Vorhaben nur „für ihr Bekenntnis zu Diversity oder Multikulturalismus unterstützt“. Seiner Partei gehe es um eine Entideologisierung der Kulturpolitik. Es sei anders gekommen, so Jahnke. Katrin Budde (SPD) ist Vorsitzende im Kulturausschuss geworden. Gerade mit Blick auf die Vorfälle in Cottbus sei es wichtig, auf die Politik zu schauen. Wie berichtet, gab es im Oktober 2018 im Piccolo Theater Probleme mit der AfD. Nach der Jugendclub-Aufführung „KRG. -Eine Heimatbetrachtung“ , in der es um Ängste in Bezug auf Asyl und Migration geht, hinterfragte die AfD die Förderung des Theaters.
Heidi Jäger